Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen
»also beschwer dich nicht. Die Freizeitbeschäftigungen, in die du mich gelegentlich mit reinziehst, bergen definitiv ein größeres Risiko für Leib und Leben.«
Katrin Sandmann war Fotografin und schlug sich mit verschiedenen Aufträgen freiberuflich durch. Allerdings hatte sie in letzter Zeit ihre Leidenschaft fürs Detektivspielen entdeckt und bereits zwei Kriminalfälle auf eigene Faust gelöst, auch wenn ihr dabei weniger ihr kriminalistischer Spürsinn als vielmehr eine eigenwillige Kombination aus Intuition, sträflicher Waghalsigkeit und Anfängerglück bei der Aufklärung geholfen hatte. Die letzte Mordserie, in die sie verwickelt gewesen war, lag erst wenige Wochen zurück. Auch Roberta und ihr Mann Peter waren darin verstrickt gewesen.
Katrin war gerade im Begriff, mit der mit Tüten behängten rechten Hand die Glastür des Cafés aufzuziehen, als ihr jemand auf die Schulter klopfte.
Überrascht wandte sie sich um. Ein Mann stand vor ihr und lächelte. Er sah unverschämt gut aus, schlank, dunkelhaarig und mit leuchtenden, wasserblauen Augen. Er lächelte sie mit einer Mischung aus Charme und Frechheit an, der anzumerken war, dass er sich seiner Wirkung auf Frauen sehr wohl bewusst war.
Katrin runzelte verwirrt die Stirn, dann lächelte sie. »Kennen wir uns?«, fragte sie unsicher.
Das charmant-freche Grinsen wurde eine Spur breiter. »Bedauerlicherweise nicht.« Die Andeutung eines Zwinkerns. »Ich glaube, das hier gehört Ihnen.« Er schwenkte einen gestreiften Handschuh vor Katrins Gesicht.
»Oh.« Katrin setzte die Tüten auf dem Boden ab und griff mit unsicheren Fingern nach dem Handschuh. »Danke.«
»Keine Ursache.« Diesmal zwinkerte er ganz deutlich. »Und passen Sie demnächst besser auf. Sonst frieren Ihnen die zarten Finger ab.« Er nickte zum Abschied, warf einen kurzen, abschätzenden Blick auf Roberta, die die Begegnung sprachlos verfolgt hatte, wandte sich ab und verschwand in der Menge.
Zwei ältere Damen drängten sich in diesem Augenblick aus dem Café. Katrin und Roberta nutzten die Gelegenheit und schlüpften hinein. Sie fanden einen freien Tisch in der hintersten Ecke, drapierten ihre Tüten um sich herum und ließen sich nieder. Ein Kellner kam, und Roberta bestellte zweimal heiße Schokolade mit Sahne. Katrin starrte auf den Handschuh, den sie vor sich auf den Tisch gelegt hatte.
»Was war denn das?!«, wollte Roberta schließlich wissen. »Du hast geglotzt wie eine Vierzehnjährige, der irgend so ein Pseudo-Superstar begegnet. Es hätte nur noch gefehlt, dass du auf die Knie sinkst. Geht es dir gut?«
Katrin blickte sie verärgert an. »Quatsch. Ich war nur verwirrt. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass mir der Handschuh aus der Tasche gefallen war.«
»Offensichtlich nicht.«
»Du spinnst wohl.«
»Du hättest dich mal sehen sollen. Die unheimliche Begegnung der dritten Art. Aschenputtel begegnet dem Märchenprinzen.«
»Hör auf jetzt!«, Katrin warf den Handschuh nach Roberta, aber er flog zu hoch und traf den Kellner, der gerade die Schokolade brachte.
»Nicht so stürmisch, junge Frau«, scherzte er, »oder soll das ein Fehdehandschuh sein?« Er schwenkte das Objekt der Auseinandersetzung grinsend hin und her.
Katrin murmelte eine Entschuldigung und starrte Roberta wütend an. »Daran bist du schuld. Warum musstest du mich auch so provozieren«, zischte sie empört. Allerdings konnte sie sich ein schwaches Grinsen nicht verkneifen.
»Sind wir etwas dünnhäutig heute?« Roberta zog die Augenbrauen hoch. Katrins ungewöhnliche Empfindlichkeit irritierte sie ein wenig. Normalerweise war ihre Freundin selbstbewusster und ließ sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Aber Roberta ahnte auch, was dahintersteckte. »Hat das etwa was mit dem Schmalspur-Casanova von eben zu tun oder vielleicht doch eher mit dieser Studienfreundin, die da jetzt seit zwei Wochen bei Manfred haust?«
Katrin zuckte die Schultern. »Die ist eigentlich ganz nett«, antwortete sie bedächtig. »Aber es geht mir auf die Nerven, wenn sie ständig auf ihrer gemeinsamen Vergangenheit mit Manfred rumreitet. Sie scheint sich einen Sport daraus zu machen, immer wieder neue Gesprächsthemen zu finden, bei denen ich nicht mitreden kann.
Erinnerst du dich noch an Professor Sowieso, der immer sein Kännchen Kamillentee mit in die Vorlesung brachte?«
, Katrin sprach näselnd und schwenkte affektiert die Hände. »
Und weißt du noch, die Fete bei Rudi, Mann, haben wir’s da wild getrieben, sind
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