Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen
Tisch auf. Am besten, er würde erst einmal einen starken Kaffee kochen. Als er die Kaffeemaschine einschaltete, fiel es ihm wieder ein. Er hatte die Nachricht gelöscht. Nachdem er sie fassungslos wieder und wieder gelesen hatte, hatte er sie gelöscht, und das Handy wutentbrannt ins Gemüsefach verfrachtet.
Mit der dampfenden Tasse in der Hand setzte er sich wieder an den Tisch. Probleme waren dazu da, dass man sie löste, und genau das würde er jetzt tun. Er wählte Katrins Nummer. Sollte sie doch sauer sein, weil er sie anrief, obwohl sie ihn gebeten hatte es nicht zu tun. Er musste wissen, was das alles sollte. Außerdem konnte er immer noch den Ahnungslosen spielen. Er hatte diese blöde SMS nie gekriegt. Punkt.
»Der gewünschte Teilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar.«
Manfred wählte Katrins Festnetznummer. Zuerst dachte er, sie sei doch zu Hause, als er ihre Stimme hörte. Aber es war nur der Anrufbeantworter. Sie hatte ihn erst vor ein paar Wochen gekauft. Manfred war dabei gewesen, als sie die Worte auf das Band gesprochen hatte: »Hier ist der Anschluss von Katrin Sandmann. Leider bin ich im Augenblick nicht zu Hause. Aber ich würde mich freuen, wenn Sie mir eine Nachricht hinterlassen.« Es war ein verregneter Nachmittag im November gewesen. Stundenlang hatte Katrin hin und her überlegt, was sie sagen sollte. Sie hatten gemeinsam jede Menge Quatsch ausprobiert und Tränen gelacht. Katrin hatte sich aber dann doch für diese schlichte, konventionelle Ansage entschieden. Schließlich nutzte sie diesen Anschluss auch geschäftlich.
Manfred überlegte kurz, dann rief er Roberta an. Katrins Freundin war direkt am Apparat. Sie schien etwas atemlos.
»Manfred hier. Darf ich kurz stören?«
»Klar. Hallo Manfred. Was ist denn los? Du klingst irgendwie grauenvoll.«
»Ich habe höllische Kopfschmerzen. Das letzte Bier gestern Abend muss ein Kölsch gewesen sein.«
»Ha ha. Ich vermute, das letzte war einfach eins zuviel.« Roberta schrie plötzlich auf: »Autsch! Tommy, Mensch lass das! Siehst du nicht, dass Mami telefoniert?«Manfred hörte ein Rascheln und ein Knacken. Danach gedämpfte Stimmen. Dann wieder Roberta: »Sorry, Manfred. Tommy hat die ganze Zeit an mir rumgezerrt. Wir waren gerade mitten in einer Kissenschlacht, als du angerufen hast. Ich habe ihn auf gleich vertröstet. Also, was ist los?«
Manfred kam direkt zur Sache. »Weißt du, wo Katrin ist? War sie gestern in der Stadt vielleicht irgendwie komisch? Anders? Hat sie dir was erzählt? Von irgendwelchen Plänen fürs Wochenende?«
»Komisch? Nein. Warum sollte sie komisch gewesen sein?«, fragte Roberta. »Und was für Pläne? Ich verstehe nicht. Sie kommt heute Nachmittag zu mir. Meinst du das?«
»Sie kommt nachher zu dir? Bist du sicher?«
»Das haben wir gestern so ausgemacht. Was ist denn los? Was soll das Ganze?«
Roberta klang ein wenig ungeduldig. Also erzählte Manfred ihr von der merkwürdigen Nachricht. Jetzt war auch sie verwirrt.
»Verreist? Wohin denn? Bist du dir sicher?«
»Ja, ich bin mir sicher.«
»Lies mir das Ganze noch mal vor«, verlangte Roberta.
»Kann ich nicht«, gab Manfred kleinlaut zu. »Ich hab’s gestern Nacht gelöscht. Ich war stinksauer. Auf jeden Fall erreiche ich sie nicht. Sie geht zu Hause nicht ans Telefon, und ans Handy geht sie auch nicht.«
Roberta schwieg. Dann sagte sie: »Warten wir noch ein bisschen ab. Sie müsste sich ja eigentlich nachher bei mir melden. Wir sind zu Glühwein und Plätzchen verabredet. Sollte ich bis drei nichts von ihr hören, dann fahren wir zu ihr rüber. Schließlich muss sich ja einer um Rupert kümmern, wenn sie wirklich verreist ist. Du hast doch den Schlüssel, oder?«
Rupert! Daran hatte er gar nicht gedacht. Katrin würde ihren Kater nicht zwei Tage lang sich selbst überlassen. Irgendjemandem musste sie Bescheid gesagt haben. Und er würde herausfinden, wem.
***
Dagmar starrte aus dem Fenster. Im Radio plapperte der Sprecher vom Wintereinbruch und von den Aussichten auf weiße Weihnachten, und sie hasste ihn dafür. Seit sechs Uhr, als sie aus einem unruhigen Schlaf erwacht war, lauschte sie dem Programm, aber die Nachricht, auf die sie wartete, kam nicht. Wahrscheinlich war es dafür noch viel zu früh. Wenn sie Pech hatte, würde die Sache auch erst mal gar nicht in den Nachrichten gebracht werden. Sie musste geduldig bleiben.
Eigentlich sollte sie arbeiten. In ihrem PC warteten ein paar angefangene Storys. Der Schreibtisch war ein
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