Katzenjammer
großen Baum liegen. Da turne ich lieber noch ein bisschen durch die Werkstatt, als mich hier weiter belehren zu lassen.
»He, nun sei doch nicht gleich beleidigt! Bleib hier!«
Ich schüttle den Kopf und trotte weiter.
»Mensch, Carl-Leopold, ich habe mich total gefreut, dich wiederzusehen. Lass mich bitte nicht allein hier sitzen!«
Alle Achtung – wenn sich Herr Beck dazu aufrafft, mich mit meinem ursprünglichen Namen anzureden, ist es ihm wirklich ernst. Dann will ich mal nicht so sein. Und eigentlich geht es mir ja genauso wie Beck: Ich habe mich auf das Wiedersehen sehr gefreut. Ich drehe mich um und lege mich genau vor Becks Nase.
»Dann gilt in Zukunft aber Folgendes: Du begründest deine Einsichten über Menschen im Allgemeinen und meine Familie im Besonderen mal näher, oder aber: Klappe halten. Verstanden? Dein Rumgestänker nervt mich nämlich gewaltig. «
Herr Beck seufzt und nickt. »Na gut. Vielleicht bin ich in letzter Zeit wirklich etwas griesgrämig. Ich werde zukünftig darauf achten, nicht zu verschroben zu werden.«
»Eine gute Idee. Ich werde dich beizeiten daran erinnern.«
»Mach das. Aber wenn du unbedingt Klartext willst, dann muss ich dir schon sagen, dass Nina mit ihrem Buch über gebrauchte Männer bestimmt nicht sagen wollte, dass Carolin Marc braucht. Vielmehr wollte sie darauf hinweisen, dass Männer, die schon mal eine Familie hatten, nicht der beste Griff für die eigene Familiengründung sind. Und der gute Marc ist eben so ein gebrauchter Mann. Schließlich war er schon mal verheiratet und hat bereits ein Kind. Frauen wollen aber meist lieber einen Mann ohne Anhang und Vergangenheit. «
Tja, und da sieht man wieder deutlich, wie verrückt die Menschen sind. Kein Züchter käme doch auf die Idee, dass der ideale Kandidat für den Aufbau einer neuen Zucht ein Dackel sein könnte, der noch keinen Nachwuchs hat. Da kann man doch gar nicht beurteilen, ob der das überhaupt hinkriegt mit ansehnlichen Kindern. Marc hingegen hat mit Luisa bewiesen, dass er Vater kann .
Ich schüttele den Kopf und schnaufe in meinen nicht vorhandenen Bart.
»Gut, wenn du es so sagst, wird es Nina schon so gemeint haben. Aber Unsinn ist es allemal.«
»Weiß nicht. Ich …«
Bevor Herr Beck noch näher ausführen kann, wie er denn zu der ganzen Geschichte steht, kommt Carolin die beiden Stufen von der Werkstatt zum Garten hoch.
»So, mein Lieber, jetzt mal nicht faul in der Sonne rumliegen. Action ist angesagt! Wir sind mit Marc und Luisa an der Alster verabredet, also auf, auf!«
Lachhaft! Als müsste man mich besonders motivieren, um mich zum Laufen zu kriegen.
An der Alster sind wir an einem schönen Sommertag natürlich nicht allein. Wahre Menschenmassen schieben sich über die Sandwege beim See: Männer, Frauen und Kinder, Babys in Kinderwagen, ältere Herrschaften sind mit Gehstock unterwegs, kurz: Jeder Mensch, der sich halbwegs fortbewegen kann, hat offensichtlich beschlossen, dies auch zu tun. Das wiederum ist ungewöhnlich, denn eigentlich laufen die Zweibeiner nur ungern. Jedenfalls mit ihren eigenen Füßen. Mit Auto oder Fahrrad sieht die Sache schon wieder anders aus. Woran das wohl liegt? Zu weiteren philosophischen Gedanken bleibt mir allerdings keine Zeit, denn ich bin angeleint und muss daher sehen, dass ich im passenden Tempo hinter Carolin herkomme, die gerade recht schnell ist.
»Komm, Herkules, gib mal ein bisschen Gas! Wir sind schon spät dran und wollen doch nicht, dass die anderen auf uns warten müssen.«
Das ist ja mal wieder typisch! Was kann ich denn dafür, wenn wir nicht rechtzeitig aufbrechen? Bin ich hier etwa für die Verabredungen zuständig? Nervig, so was. Die menschliche Zeitrechnung ist sowieso ziemlich undurchsichtig, wenn man dann noch von ihr abhängt und deswegen total hetzen muss, wird es richtig unangenehm. Überhaupt finde ich, dass es in letzter Zeit ziemlich viel Zeitplan und ziemlich wenig Streicheleinheiten von Carolin gab. Ich setze mich auf meinen Po.
»Was wird das? Ein Sitzstreik?«
Carolin klingt vorwurfsvoll. Ich lasse meine Öhrchen hängen und fiepe ein wenig. Sie kniet sich neben mich.
»Herkules, Süßer, was ist denn los mit dir?«
Ich lege meinen Kopf auf ihre Knie und drehe ihn leicht. Ohne ein bisschen Zärtlichkeit werde ich mich nicht von der Stelle rühren. Basta. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass mich Carolin mustert. Offensichtlich denkt sie nach, jedenfalls kneift sie ihre Augen leicht zusammen – ihr
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