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Katzenjammer

Katzenjammer

Titel: Katzenjammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frauke Scheunemann
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nichts dazu.
    »So. Du wolltest dich mit mir treffen. Also, was gibt’s?« Marc klingt nicht besonders freundlich, das beruhigt mich enorm. Die Wahrscheinlichkeit, dass er seine alte Frau irgendwie wieder zu seiner neuen machen will, kommt mir sehr gering vor.
    »Na ja, unsere letzte Begegnung in deiner Praxis verlief doch ein bisschen unglücklich. Da dachte ich, ich nutze meinen nächsten Hamburg-Aufenthalt mal für ein Gespräch mit dir. Es ist mir nämlich durchaus an einem guten Verhältnis zu dir gelegen. Auch, wenn du mir das immer nicht glaubst.«
    »Die Begegnung verlief deswegen unglücklich, weil du meine Freundin beleidigt hast – passenderweise, als sie direkt daneben stand.«
    »Dafür konnte ich nun wirklich nichts. Ich dachte doch, dass diese andere Frau, die abends bei euch auf dem Sofa saß, Caroline sei.«
    »Carolin. Meine Freundin heißt Carolin.«
    »Ja. Wie auch immer. Jedenfalls war das keine böse Absicht von mir. Und umgekehrt hast du mittlerweile vielleicht auch ein bisschen mehr Verständnis dafür, dass ich gerne vorher gewusst hätte, wenn deine neue Flamme bei dir einzieht.«
    Marc schiebt das Kinn nach vorne. »Carolin ist nicht meine neue Flamme . Wir sind seit über einem Jahr zusammen, sie war schon mit Luisa und mir im Urlaub, und das weißt du ganz genau. Es ist nun wirklich nicht so, als hätte ich dem Kind in einer Nacht-und-Nebel-Aktion meine neue Lebensgefährtin aufgedrängt.«
    »Mein Gott, das habe ich doch gar nicht gesagt. Trotzdem: Es ist unser gemeinsames Kind. Da möchte ich über so einschneidende Dinge vorher informiert werden.«
    Dazu sagt Marc erst einmal nichts, dann nickt er langsam. »Ja, du hast Recht. Das war ein Fehler von mir, und es tut mir leid.«
    Sabine greift über den Tisch und nimmt seine Hand. »Danke. Es tut gut, dass du das sagst. Weißt du, ich möchte mich nicht die nächsten zehn Jahre mit dir streiten. Und ich weiß auch, dass ich dich damals tief verletzt habe. Ich wünschte, ich könnte es ungeschehen machen.«
    Ihre Stimme bekommt einen ganz warmen, samtigen Klang – und bei mir gehen sämtliche Alarmglocken an. Das ist definitiv nicht der Ton, den ich von der alten Frau im normalen Gespräch mit ihrem gebrauchten Mann erwarten würde. Marc geht es anscheinend ähnlich. Jedenfalls will er seine Hand zurückziehen, aber Sabine hält sie fest.
    »Marc, auch ich möchte mich entschuldigen. Es tut mir leid. Es war ein großer Fehler von mir. Weißt du, ich habe neulich ein Buch gelesen. Die zweite Chance oder so ähnlich hieß das. Handelte davon, wie man als getrenntes Paar wieder aufeinander zugeht. Da musste ich die ganze Zeit an uns denken. Die ganze Zeit.«
    Marc mustert sie eindringlich.
    »Sag mal, Sabine, ist alles in Ordnung bei dir?«
    Er hat die letzten Worte gerade ausgesprochen, da bricht Sabine in Tränen aus. Und ausbrechen ist hier definitiv das richtige Wort, denn es rollt nicht ein vereinzeltes Tränchen über ihre Wange, sondern ein regelrechter Sturzbach. Es schüttelt Sabine geradezu, und zwar so stark, als würde ein unsichtbarer Mensch hinter ihr stehen und sie hin und her werfen. Marc springt von seinem Stuhl auf, stellt sich neben Sabine und legt seinen Arm um ihre Schulter.
    »Mensch, Sabine, was ist denn los mit dir?«
    Anstatt zu antworten, steht Sabine auf, schlingt ihre Arme um Marc und legt ihren Kopf auf seine Brust. Unter Tränen stammelt sie etwas, was sehr schwer zu verstehen ist, aber einzelne Wortfetzen klingen wie Jesko … schon lange nicht mehr glücklich … großer Fehler . Sie weint immer weiter, bis sich auf Marcs Hemd schon ein nasser Fleck bildet. Er streicht ihr über den Kopf und murmelt na, na .
    Auweia – sollte ich hier eingreifen? Immerhin hält Marc eine fremde Frau im Arm. Also, nicht richtig fremd, aber eben nicht Carolin. Und die ganze Szenerie sieht sehr vertraut aus. Ich bin unschlüssig. Was mache ich bloß? Andererseits will Marc Sabine wohl nur trösten. Eigentlich sehr nett von ihm und entspricht bestimmt auch seiner Veranlagung. Schließlich ist er Arzt, und Ärzte sollen sich kümmern. Das ist wahrscheinlich bei Menschen wie bei Hunden, so jedenfalls hat es mir Opili mal erklärt. Hütehunde zum Beispiel haben die Veranlagung zu hüten, und wenn keine Schafe zu sehen sind, kümmern sie sich stattdessen um ihre Menschen und passen auf, dass da keiner unerlaubt das Rudel verlässt. Opili erzählte, dass der Border Collie unseres alten Nachbarn beim Spazierengehen immer die Kinder

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