Katzenjammer
zwar flott!«
Ich kann nicht sehen, wem Alexander das zugerufen hat, aber das Kommando funktioniert. Zwei Sekunden später drückt Alexander Nina ein Glas in die Hand.
»Auf gute Nachbarschaft. Schön, dass du da bist.«
Ogottogott! So behandelt niemand unsere Nina ungestraft. Der soll sich mal besser warm anziehen. In Erwartung des sicheren Donnerwetters drücke ich mich an die Wand des Flurs und mache mich ganz klein.
Doch es geschieht das Unglaubliche: Kratzbürste Nina kippt diesem Alexander das Glas nicht etwa über den Kopf, sondern leert es in einem Zug. Dann macht sie einen Schritt nach vorne – und küsst ihn!
Ich bin fassungslos. Wir sind noch keine zwei Minuten auf der Party, und schon küsst Nina einen Mann, den sie kaum kennt. Mittlerweile küsst der auch Nina. Also, will sagen, sie küssen sich. Und zwar sehr innig. Meine Güte, die Menschenkenntnis von Herrn Beck ist einfach vollkommen. Teufelskerl!
Jetzt lässt Nina Alexander wieder los und mustert ihn gründlich. »Ich heiße übrigens Nina.«
Der Typ grinst. Nein, diesmal lächelt er. »Ich weiß.«
SIEBZEHN
D u hast was? Du hast deinen Nachbarn aufgerissen? Den Lauten von neulich? Auf seiner Einweihungsparty?« Carolin guckt genau so, wie ich gestern auf der Party geguckt hätte, wenn ich ein Mensch wäre. Nina kichert. »Warst du betrunken, oder was?«
»Nein, sogar ziemlich nüchtern. Apropos – wollen wir nicht von Kaffee auf Prosecco umsteigen? Mir ist gerade so danach.«
Caro nickt ergeben, und Nina winkt der Kellnerin. Die beiden sitzen wieder an ihrem Lieblingstisch im Violetta. Eigentlich wollte Caro mich nur ganz schnell einsammeln, aber nachdem Nina sie mit einem verschwörerischen ich muss dir unbedingt noch etwas erzählen geködert hatte, war ihr Widerstand sofort gebrochen.
»Also, du bist hoch, um dich zu beschweren, und dann?«
»Dann fiel mir auf, dass der Bursche ziemlich gut aussieht und ungefähr fünftausend Jahre vergangen sind, seit ich das letzte Mal Sex hatte.«
Fünftausend Jahre? Ist das lang? Klingt irgendwie so und wäre ja auch kein Wunder. Denn wie ich schon feststellte, hat das normale Paarungsverhalten von Menschen für meinen Geschmack einen geradezu unglaublich langen Vorlauf, siehe Marc und Carolin. Da kann man wahrscheinlich schon mal fünftausend Jahre warten, bis sich was tut. Insofern hat sich Nina hier eindeutig als Frau der Tat gezeigt und sich offenbar das nächste verfügbare Männchen geschnappt. Gefällt mir! Carolin dagegen scheint weniger angetan.
»Und dann bist du gleich mit ihm in die Kiste?«
»Na, was heißt hier gleich ? Wir haben uns auf der Party natürlich erst miteinander unterhalten.«
Das allerdings ist die etwas geschönte Variante. Tatsächlich haben Nina und Alexander nach meiner Wahrnehmung die restliche Party knutschend verbracht – und zwar von dem Augenblick, in dem Nina in die Wohnung kam, bis zu dem Moment, in dem die letzten Gäste die Party verließen.
»Ach?«
»Na ja, und als die Party vorbei war, haben wir eben noch ein bisschen weitergefeiert. Im ganz kleinen Kreis.« Sie kichert wieder.
»Also wirklich, Nina!«
»Sag mal, seit wann bist du denn so prüde?«
»Bin ich gar nicht. Aber das ist immerhin dein Nachbar, dem wirst du doch jetzt ständig begegnen.«
»Na und?«
»Ja, ist es was Ernstes?«
»Quatsch. Der Typ ist mindestens sechs, sieben Jahre jünger als ich.«
»Und das ist ein Ausschlusskriterium?«
»Genau. Ich steh nicht auf jüngere Männer. Die sind mir zu unreif.«
»Aber für Sex geht es gerade noch, oder wie?«
»Da muss Jugend ja kein Nachteil sein.«
Nina grinst, Caro starrt sie an.
»Nina, du bist unmöglich. Was ist denn, wenn er sich jetzt in dich verliebt hat?«
»Mann, Caro, komm mal wieder zu dir. Dein Familienidyll hat dir ja schon komplett das Hirn vernebelt. Hallo! Erde an Neumann! Im wirklichen Leben verlieben sich Männer nicht gleich, weil Frau einmal mit ihnen im Bett war.«
»Weißt du was, Nina? Du wirst langsam zynisch.«
Zynisch ! Da ist das Wort wieder. Jetzt habe ich’s kapiert. Nina macht etwas lächerlich, was sie sich in Wahrheit wünscht, weil sie Angst hat, dass es das nicht gibt. Also ist die Sache klar: Nina wünscht sich Liebe. Das muss ich unbedingt Herrn Beck erzählen – falls er es nicht schon weiß.
»Sag mal, Mutter, kannst du hier eine Stunde ohne mich die Stellung halten?«
Marc lehnt am Tresen, während Oma Wagner dahinter am Computer sitzt und sehr geschäftig auf der Tastatur
Weitere Kostenlose Bücher