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Katzensprung

Katzensprung

Titel: Katzensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Gibiec
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ließ
ihre grüne Strähne fliegen, schlug mit den Armen über dem Kopf die Trommel und
drehte sich dabei; die Bänder flatterten, bis ihr schwindelig war.
    Das Spanferkel wurde vom Spieß geschnitten und auf Platten
herumgereicht. Olga ließ sich neben Julka fallen und nahm sich eine Portion, am
anderen Ende des Tisches saß Lenka ohne Schuhe und Kostümjacke auf Ivkos Schoß
und fütterte ihn mit kleinen Häppchen Ferkelfilet und Krautsalat, die er ihr
von den Fingern pflückte. Daneben saß Liliana und suchte die Fleischplatte nach
den besten Stücken ab, die sie Lenka zuschob. Julka zeigte auf die drei und
lachte kreischend, durch Olgas Kopf flogen zwei blonde Strubbelköpfe, die ihr
aber nicht die Laune verdarben und die sie mit der nächsten einsetzenden Musik
verscheuchte. Gitano winkte sie auf die Tanzfläche, und sie stürzte sich wieder
in das Gewühl.
    ***
    Rechtsanwalt Schwalbe hatte es eilig, als er aus der
Vollzugsanstalt kam. Er wollte abends mit seinem Lebensgefährten ins Theater
und vorher mit ihm in der Stadt noch etwas essen.
    Mittags hatte Luna Sassi in der Kanzlei ein Päckchen vorbeigebracht
und ihn gebeten, es Igor mitzunehmen. Der Anwalt wunderte sich, dass sie selbst
keinen Besuchsantrag stellen wollte. Überhaupt war das Mädchen ihm eigenartig
vorgekommen, es hatte gelächelt, mit dem gleichen betont sanften und
meditativen Gebaren wie der Junge, nur ihre Augen waren seltsam aufgerissen
gewesen. Sie war ihm etwas abgedreht vorgekommen, und er überlegte, ob es
ratsam war, mit der Mutter zu sprechen.
    Bei seinem Besuch im Gefängnis hatte Schwalbe dem Jungen seine
Strategie erklärt. Ein Antrag auf Haftverschonung würde nichts bringen, die
Fluchtgefahr war zu eindeutig. Er wollte jedoch für das psychiatrische Gutachten
zum Prozess einen renommierten Gutachter durchsetzen, bei dem Igor in guten
Händen war.
    Wenn sie den Tötungsvorsatz vom Tisch bekamen und das Gericht das
Jugendstrafrecht anwendete, was sehr wahrscheinlich war, bestand die Chance,
dass er mit einem halben Jahr davonkam und bei Anrechnung der Untersuchungshaft
direkt nach der Verhandlung frei sein würde.
    Schwalbe hatte das Gefühl gehabt, dass den Jungen diese Aussicht gar
nicht interessierte. Er hatte liebevoll und langsam das Päckchen ausgewickelt,
in dem sich mehrere dicke Briefe von Luna und eine Tüte mit Nougattrüffeln
befanden.
    Der Anwalt saß schon im Auto, als sein Handy klingelte. Mit
schneidigem Hallöchen meldete sich der Mitarbeiter einer großen deutschen
Boulevardzeitung.
    Was denn dran sei an der Verhaftung dieses jungen Russen im Mordfall
Wenkler?
    Schwalbe erstarrte. Woher wussten die Aasgeier schon wieder davon,
die Witwenschüttler, die Leichenfledderer?
    »Dreißigtausend für Sie«, schnarrte die flotte Stimme, »damit Sie
Ihren Mandanten so gut wie möglich verteidigen können. Soll außergewöhnlich
sein, hübscher Junge, hört man, schöne Fotostrecke. Wie war noch mal der Name?«
    Dem Anwalt schwollen die Stirnadern.
    »Das geht Sie nicht das Geringste an«, blaffte er, »und ich weise
Sie darauf hin, dass für meinen Mandanten uneingeschränkt der Schutz der
Persönlichkeitsrechte gilt, und zwar ohne Wenn und Aber. Und wenn Sie glauben,
Ihre Latrinengeschichten bringen zu müssen, werden wir mit aller Härte dagegen
vorgehen. Ich hoffe, wir haben uns verstanden.«
    »Mord oder Totschlag, worauf plädieren Sie?«
    »Belästigen Sie mich nicht.«
    »Öffentliches Interesse guter Mann, schon mal gehört?«
    »Wenden Sie sich an die Pressestelle der Justiz.«
    Der Anwalt drückte weg, er schäumte. Guter Mann! Fotostrecke!
Verantwortungslose Drecksäcke. Dreißigtausend plus die Publicity, das konnte
einen schon in Versuchung führen. Eine gewisse Sorte Kollegen lebte gut von
solchen Deals und fuhr im Porsche bei Gericht vor.
    Und wenn sie dem Jungen eine vergleichbare Summe boten? Oder ein
anderer Anwalt machte das Geschäft? Igor, der Mörder mit dem Engelsgesicht, der
neue David Bowie, der russische Tänzer. Zugkräftige Schlagzeilen, allein die
Schwulencommunity würde Auflage garantieren. Sollte er nicht lieber selbst das
Geschäft machen und dabei den Jungen so gut wie möglich schützen, das Ganze
strategisch steuern?
    Schwalbe sann eine Weile, dann verwarf er diese Gedanken und
schüttelte sich angeekelt. Man musste sich ja schließlich selbst noch in die
Augen gucken können. Er gab Gas – sein Freund konnte es nicht leiden, wenn er
zu spät zu einer Verabredung kam.
    Er dachte an das

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