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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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früher bei seiner Vernehmung bedacht! Dr. Wolff würde, wenn er den hätte benachrichtigen lassen, sofort hergekommen sein. Er hätte ihn warnen können. Jetzt war es zu spät. Außer sich schlug er sich vor die Stirn und starrte immer wieder zu dem Fenster empor.
    »Nun mal keenen Schmonzes mehr – nu wollen wir Tachles reden, Kollex! Also: daß du das ehrliche Bestreben hast, hier rauszukommen, sehe ich. Nu laß dir mal was sagen! Wenn du mit willst, ist’s gut. Wenn du mich aber verpfeifst, kannst du später was erleben! – Also, nu komme mal schon her! Hier hab ich ‘ne prima Säge. Die eisernen Traljen schaffen wir damit in null Komma nix. Ich hätte das auch schon längst gemacht, aber ich bin von Natur mal zu kurz geraten. Ich kann mich auf den Schemel stellen und mir die Arme ausrenken und komme doch nicht an die Traljen ran. Nu denke ich mir det so: Du nimmst mich auf die Schultern und kletterst auf den Schemel. Dann säge ich die Eisen durch, und die Sache ist erledigt.«
    »Wieso? Wir sind hier im zweiten Stock. Wie wollen Sie da runter auf die Erde kommen?«
    Holl deutete auf die Betten. »Daraus mach’ ich uns ‘nen Strick, an dem die ganze Kollegschaft runterrutschen kann; ‘nen Hof und ‘ne Mauer gibt’s hier, Gott sei Dank, nich. Draußen, da is gleich die Straße. Na, sag! Hast du Murr? Ich übernehme jede Garantie.«
    Wittebold befand sich in argem Konflikt. Flucht hätte nach Geständnis ausgesehen. Aber schließlich –: er konnte sich ja am nächsten Tage wieder selbst stellen ... wenn ihn die Polizei inzwischen nicht sowieso wieder ergriffen hatte. Jetzt nur raus hier! Wenn möglich denen noch das Spiel verderben!
    Entschlossen streckte er Holl die Hand hin: »Ich bin bereit. Sie können auf mich zählen!«
    Holl nickte befriedigt. Holte aus dem Futter seiner Jacke eine feine Stahlsäge hervor. »So! Nu ran ans Geschäft!« Er ließ sich von Wittebold auf die Schultern nehmen. Dann stieg er mit ihm auf den Schemel.

Das Durchsägen ging nun keineswegs so in null Komma nix, wie Holl behauptet hatte. Es dauerte geraume Zeit, bevor er die vier Stäbe durchgesägt hatte; und es währte noch eine ganze Weile, ehe er das Gitter so weit beiseitegedrückt hatte, daß ein Mensch durchkriechen konnte. Danach ließ sich Holl wieder zu Boden gleiten und machte sich daran, aus dem zerschnittenen Bettzeug einen Strick zu verfertigen.
    Wittebold verging fast vor Ungeduld. Das nahm alles viel mehr Zeit in Anspruch, als er gedacht hatte. Inzwischen konnte schon wer weiß was passiert sein. Unruhig lief er in der Zelle auf und ab ...
    Ja, was war es denn, was passieren konnte? Was hatten denn seine Gegner vor, wenn sie ihn jetzt unschädlich machten? Was sollte er tun, wenn er wirklich mit Holl aus dem Gefängnis entwichen war?
    Zum Werk laufen? Wohin denn da? Das Werk war groß ... Zu Fortuyns Laboratorium mußte er! Kein anderes Ziel! Das Material dort – die fortwährenden Diebstähle bewiesen es ja – das mußte die begehrte Beute der Gegner sein. Aber dies Material war ja nachts im Sicherheitsraum. Es blieb nichts Wichtiges draußen ...
    Was sollte aus ihm werden, wenn alles umsonst war? Wenn er in das Werk kam und nichts sich ereignete? Würde ihm dann noch ein Mensch glauben, er sei ausgebrochen, um Schaden für das Werk zu verhüten? Keiner Weder Fortuyn noch Fräulein Gerland noch Schappmann würden ihm glauben ...
    Aus seinen Zweifeln riß ihn die Stimme Holls. »So – det war’ gemacht! Jetzt los! Ich werde natürlich der erste sein, denn die jute Idee stammt von mir. Also du nimmst mir’s nicht übel, wenn ick jetzt den Strick da oben anbinde und verdufte. Du bist lang genug, alleene da raufzukommen. Helfen kann ich dir weiter nich. Mach’s man so wie ich – denn wird’s schon klappen!«
    Er ließ sich von Wittebold hochheben, zwängte sich durch die verbogenen Traljen und verschwand ... Ein leiser Pfiff von der Straße her: es war gelungen!
    Jetzt war die Reihe an Wittebold. Er schwang sich zum Fenster empor und sah eben noch, wie Holl um die Ecke verschwand. Da ergriff er entschlossen den Strick, ließ sich an dem in die Tiefe gleiten.
    In wilder Hast raste er die Straße entlang zum Werk. Der Ausweis Fortuyns war ihm natürlich mit seinen anderen Sachen von der Polizei abgenommen worden. Aber das mußte eben so gehen. Irgendwie würde er schon reinkommen.
    Glücklicherweise war es ein bekannter Portier, der gerade Dienst hatte. Wittebold eilte an ihm vorüber. Der machte zwar eine

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