Kayankaya 4 - Kismet
erst zwei- oder dreimal im Pub, und nur weil ich mußte. Das Bier ist wie verdünnte Schuhe, und um die Musik zu ertragen, säuft man’s trotzdem.«
»Ach, du…!« Er lachte und warf mir eine Reihe Fingerspitzen gegen die Schulter.
».. .Und durch meine Einbürgerung hatte ich überhaupt keine Probleme mit Lizenzen und Mietverträgen. Wirklich, Kemal, du glaubst nicht, wie dankbar ich dir bin. Mit Höttges lief übrigens alles wunderbar: schnell und freundlich, und ohne jede Schikane. Wir sind danach sogar noch ein paarmal zusammen einen trinken gegangen, und er wäre auch zur Einweihung gekommen, aber nun hat er sich ja nach Braunschweig versetzen lassen.«
»Ach…«
Romario winkte ab. »Irgendwas Familiäres. Schade, oder? Hättet ihr euch auch mal wiedertreffen können. Ich hab ja immer noch nicht genau kapiert, wie ihr zueinander steht, aber wenn du willst, kann ich ihm was ausrichten. Wir telefonieren manchmal miteinander.«
»Ihr telefoniert miteinander?«
»Nur so…«, er zwinkerte mir zu, »…unter Frankfurtern - jetzt bin ich’s sogar schwarz auf weiß. Na ja, jedenfalls fehlt ihm die Stadt sehr.«
»Sag mal, Romario, war ich so lange weg, oder is irgendwas anders mit dir?«
»Bitte…? Oh, ich muß raus. Also: Ich rechne mit dir und Slibulsky. Schriftliche Einladungen bekommt ihr zugeschickt. Bis dann.« Er sprang aus der U-Bahn und machte sich winkend davon.
Die Party war dann eine typische Romario-Veranstaltung. Auf der mit einem Kleeblatt verzierten Einladungskarte - das Kleeblatt hatte Augen und einen lächelnden Mund und sagte: Rommys Irish Pub, die Garantie für nette Leute und gute Laune - stand mit Ausrufezeichen, man müsse die Karte bei Eintritt vorzeigen. Entweder er hatte sich tatsächlich in die Vorstellung von Türstehern, massenhaft Leuten, die draußen bleiben mußten, und einem mit Schönen, Reichen und Berühmten zum Platzen gefüllten Saal deliriert, oder mit dem Besitz des deutschen Passes war er auf den Geschmack von Grenzkontrollen jeder Art gekommen. Tatsächlich mußte er dann froh sein, als im Laufe des Nachmittags noch ein paar Neugierige von der Straße zu unserer kleinen Runde stießen und sich vom Ambiente nicht weiter stören ließen. Keine Ahnung, ob der Laden einem irischen Pub entsprach. Dafür entsprach er der Sorte Kneipe, an die man sich am nächsten Morgen selten erinnert, weil sie immer erst gegen Ende einer Sauftour, wenn alles andere schon geschlossen hatte, in Frage kam. Halbwegs nüchtern setzte sich wohl kaum jemand in einen mit hellbrauner Rauhfaser tapezierten und dunkelbraunem, drahtigem Teppichboden ausgelegten zwanzig Meter langen Schlauch, der nur ein Fenster besaß. Für nicht viel mehr als Notbeleuchtung sorgten kleine blaue nachttischlampenähnliche Kugeln mit gelben Schirmen auf den Tischen und verbreiteten eine Stimmung, als residiere hier normalerweise das örtliche Freitodkomitee. Dazu lief, wenigstens am Anfang, dieses typisch irische Hoppladihop-Gefiedel und -Gejodel, bei dem ich mich immer frage, ob die Iren das auch selber hören oder nur exportorientiert als Teil ihrer erfolgreichen Nix-zu-fressen-aber-heiter-Folklore produzieren.
Slibulsky und ich hockten in einer der mit grünem Cordimitat bezogenen Polsterbankecken, tranken Whiskey, und Slibulsky rechnete mir vor, wieviel wir unter Berücksichtigung der zertretenen Musikanlage für den bmw, der immer noch in Slibulskys Garage stand, etwa bekommen würden. Nächste Woche erschien die Anzeige mit Verhandlungsbasis achtzigtausend.
In einer anderen Polsterbankecke saßen Zvonko und Leila, die Köpfe dicht aneinander, und schienen das Drumherum aus schnatternden brasilianischen Transvestiten, guinnesswettsaufender Ex->Saudade<-Kundschaft und einer Handvoll Leute, die den Eindruck machten, als wären sie gerne woanders eingeladen, völlig vergessen zu haben. Leila arbeitete jetzt dreimal die Woche als Eisverkäuferin, dabei hatte sie Zvonko kennengelernt. Vormittags besuchte sie einen Sprachkurs, und nach den Sommerferien fing sie mit der Schule an. Slibulsky und Gina hatten Anmeldung und Aufenthalt geregelt, ihr in der Wohnung ein eigenes Zimmer gegeben und sie quasi adoptiert. Wir sahen uns nur noch selten, und wenn, dann in Gesellschaft. Einmal noch waren wir alleine spazierengegangen, hatten dabei fast nichts geredet und waren wohl beide beim Abschied erleichtert gewesen. Die paar Tage miteinander, das Hoffen, der Spaß manchmal - das gehörte in eine andere Zeit und stand uns
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