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Kaylee

Kaylee

Titel: Kaylee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Vincent
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war nur los mit mir?
    „Nein, du hast nur um dich geschlagen. Vor einer halben Stunde bist du dann ruhiger geworden. Ich wollte gerade herkommen und dich losbinden, da bist du aufgewacht.”
    „Was haben sie mir gespritzt?” Ich kämpfte immer noch gegen das Schwindelgefühl.
    „Das übliche. Lorazepam, Haldol und Benadryl gegen die Nebenwirkungen von Haldol.”
    Kein Wunder, dass ich so lange geschlafen hatte. Die beiden ersten Medikamente kannte ich nicht, aber während der Heuschnupfensaison nahm ich manchmal Benadryl, und das allein reichte locker, mich die ganze Nacht außer Gefecht zu setzen. Es grenzte an ein Wunder, dass ich überhaupt wieder aufgewacht war.
    „Und wenn ich auf irgendetwas davon allergisch reagiert hätte?”, fragte ich forsch und verschränkte die Arme vor der Brust. Zum Glück trug ich immer noch das T-Shirt, das ich im Einkaufszentrum angehabt hatte. Dass ich noch meine eigenen Klamotten trug, war aber auch das einzig Erfreuliche an der Situation.
    „Dann würden wir diese Unterhaltung jetzt im OP führen, und nicht im Fixierraum.”
    Der Fixierraum? Irgendwie irritierend, dass sie einen Namen dafür hatten.
    Paul öffnete die Tür. „Nach dir.”
    Ich straffte die Schultern und trat unsicher in den grell erleuchteten Flur hinaus. Was mich hier wohl erwartete? Leute in Zwangsjacken, die vor sich hin murmelnd durch die Gänge schlurften? Krankenschwestern in weißen Kitteln und gestärkten Häubchen? Der Flur war wie ausgestorben.
    Ich folgte Paul zum letzten Zimmer auf der linken Seite. Als er mir die Tür aufhielt, zitterten mir so sehr die Hände, dass ich sie schnell in die Hosentasche steckte.
    Mich erwartete noch ein weiß gestrichenes Zimmer, kaum größer als das erste. Das Bett bestand aus einer viel zu schmalen und niedrigen Matratze in einem wuchtigen Holzrahmen. Ein einfaches weißes Laken diente als Bettdecke. Anstatt einer Kommode hatte man ein paar offene Regale an die Wand geschraubt, und das einzige Fenster befand sich ziemlich weit oben an der Decke. Einen Schrank gab es nicht.
    Das einzig Vertraute im ganzen Zimmer waren meine Schuhe. Sie lagen am Fußende des Bettes – ohne Schnürsenkel. Alles andere war mir fremd. Kalt und unheimlich.
    „Man … man hat mich also eingewiesen?” Meine Stimme zitterte ungewollt.
    „Du bist stationär aufgenommen worden”, erwiderte Paul, der in der Tür stehen geblieben war.
    „Wo liegt da der Unterschied?” Unsicher blieb ich am Fußende des Bettes stehen, ohne mich zu setzen. Ich hatte keine Lust, es mir hier gemütlich zu machen.
    „Es ist nur vorübergehend.”
    „Wie vorübergehend?”
    „Das hängt von dir und deinem Arzt ab.” Mitfühlend lächelnd trat er auf den Flur hinaus. „Ich schicke gleich eine Schwester vorbei, die dir alles zeigt. Halt die Ohren steif, Kaylee.”
    Weg war er. Und ich blieb alleine zurück. Mal wieder.
    Draußen hörte ich einen Servierwagen über den Flur rattern. Schuhsohlen quietschten. Irgendwo schluchzte jemand herzzerreißend. Und ich stand einfach nur da und starrte auf meine Füße, weil ich Angst hatte, dass mir das ganze Ausmaß der Situation erst so richtig klar werden würde, wenn ich etwas berührte. Dass dann alles wahr werden würde.
    Bin ich wirklich verrückt?
    Ich stand immer noch wie ein Idiot mitten im Zimmer, als die Tür aufschwang und eine Frau in hellrosa Krankenhauskluft hereinkam, Stift und Notizblock in der Hand. Auf ihrem Namensschild stand: Nancy Briggs, Krankenschwester.
    „Hallo, Kaylee, wie geht es dir?” Nancy lächelte strahlend, aber auch irgendwie … berechnend. Als wüsste sie genau, wie viel sie von sich preisgeben musste. Wie man freundlich wirkte, ohne wirklich auf den anderen einzugehen.
    Paul fehlte mir jetzt schon.
    „Ich bin durcheinander und hab Heimweh.” Ich klammerte mich an dem Regal fest, in der Hoffnung, es würde sich unter meiner Berührung in Luft auflösen. Sich in einen Albtraum verwandeln, aus dem ich jeden Moment aufwachte.
    „Dagegen können wir etwas unternehmen.” Ihr Lächeln wurde noch breiter, doch ihr Blick blieb ernst. „Im Flur gibt es ein Telefon. Im Moment spricht gerade jemand, aber wenn es frei ist, kannst du es gerne benutzen. Bitte nur Ortsgespräche mit deinen Erziehungsberechtigten. Sag einfach an der Rezeption Bescheid, wen du anrufen willst, und wir verbinden dich.”
    Unglaublich. Das war kein Krankenhaus, sondern ein Gefängnis!
    Ich tastete nach meinem Handy, das normalerweise in der Hosentasche

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