Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches
zwar mit dem Drillbohrer.
»Und jetzt« - der Maestro überbot sich selbst, erklomm einen reglos daliegenden Studenten und zog einen Revolver - »jetzt werde ich Euch mit dieser Pistole niedermähen. Ihr werdet krepieren wie die Hunde!«
Nachdem das geschehen war, wurden die Leichen weggekehrt, und der Vorhang fiel. Die Überlebenden durften das Haus verlassen. Einige von ihnen krochen auf allen vieren, weil ihre paralysierten Oberkörper eine andere Bewegung nicht zuließen. Ein älterer Herr bellte mit rauher Stimme durch die Nacht. Nur der beim Rauchen stark hustende Briefmarkenhändler ging aufrecht einher und fragte jeden Vorübergehenden, wo man um diese Zeit noch Waffeln zu kaufen bekäme.
Podmanitzki ist pleite
Eines Abends kam ich zufällig ins Cafe Noga und fand den Sklavenmarkt in vollem Betrieb. Die Abschlüsse reichten von Flötensoli bis zu dreifach gestaffelten Kombinationen aus Volkstänzen, Lyrik und Wahrsagerei.
Zu spät wurde ich gewahr, daß an einem einsamen Tisch in einer mäßig beleuchteten Ecke des Lokals der Schauspieler Jarden Podmanitzki saß. Er hatte mich bereits erspäht, winkte mir lebhaft zu und bat mich, ihm Gesellschaft zu leisten. Wer Jarden Podmanitzki kennt, der weiß, daß es in einem solchen Fall kein Entrinnen gibt.
Ohne weitere Umschweife begann der Veteran des hebräischen Theaters das Gespräch:
»Ich versuche hier ein paar kleinere Engagements zu finden«, gestand er mir. »Ich bin vollständig pleite und muß rasch etwas Geld verdienen. Unsere letzte Inszenierung hatte mich restlos mit Beschlag belegt. Ein Riesenerfolg. 42 Vorstellungen im Monat.«
»Wie entsetzlich!«
»Aber dafür war unsere jüngste Premiere, toi-toi-toi, ein kolossaler Durchfall, so daß ich mich nach einem Nebenverdienst umsehen kann. Ich bin bereit, für schäbige 50 Shekel bis nach Eilat hinunterzufahren, so dringend brauche ich das Geld.«
Ein schmächtiger Mann mit dem typischen Aussehen eines Managers, wenn auch ohne Brille, trat herzu.
»Geht's am Dienstag?« fragte er.
»Ja, wenn's nicht zu weit ist«, antwortete Podmanitzki.
»Gedera. Irgendeine Jubiläumsfeier der Gemeindeverwaltung. Dauer des Programms eine Stunde.«
»Was zahlen Sie?«
»Etwas.«
Nach dieser erschöpfenden Auskunft trat der Schmächtige an einen Tisch und sprach auf den dort sitzenden Künstler ein.
Jarden Podmanitzki begann halblaut zu kalkulieren:
»Ich werde 50 Shekel verlangen... er wird mir 40 anbieten... aber für weniger als 35 geh ich nicht... 30 ist das absolute Minimum...«
Der Schmächtige kam zurück und fragte:
»Was haben Sie für Gedera auf dem Programm?«
»Krilows Fabeln.«
»Nichts zu machen. Nehmen Sie Scholem Alejchem. Und singen müssen Sie auch.«
»Ich werde singen.«
»Wir treffen uns um 7 Uhr vor dem Kaffeehaus.«
»Abgemacht. Und jetzt sagen Sie mir endlich, was Sie zahlen.«
»90 Shekel netto.«
Das Antlitz des namhaften Menschendarstellers verzerrte sich:
»90 Shekel?« brüllte er. »Sie wagen es, einem Jarden Podmanitzki 90 Shekel anzubieten? Verschwinden Sie, bevor ich Sie dem Erdboden gleichmache! Hinaus!«
Eiligen Fußes zog sich der Schmächtige zurück.
Ich wandte mich erstaunt an den wütend hinter ihm Dreinschauenden:
»Aber Sie wollten doch... unter Umständen... für 30 Shekel...«
»Jawohl, für 30 Shekel«, antwortete Podmanitzki. »Aber wenn er mir 90 Shekel anbietet, dann weiß er offenbar nicht, daß ich pleite bin. Und dann sind 90 Shekel zu wenig...«
Ein weitblickender Theaterleiter
Dort läuft Kunstetter! Sehen Sie ihn? Vor fünf Minuten ist der Vorhang gefallen, und schon saust er zum Telephon, um seine Kritik durchzugeben. Er wird wieder der einzige sein, der noch den Redaktionsschluß für die Morgenausgabe erreicht.«
»Machen Sie sich Sorgen?«
»Keine Spur. Er wird uns eine phantastische Kritik schreiben.«
»Sind Sie sicher?«
»Hundertprozentig.«
»War die Vorstellung denn so gut?«
»Welche Vorstellung?«
»Nun, Ihre Premiere. Die Aufführung, über die Kunstetter schreiben wird.«
»Was hat die Aufführung mit der Kritik zu tun?«
»Ich dachte... vielleicht...«
»Machen Sie sich nicht lächerlich. Die Zeiten, in denen ein Theaterdirektor für gute Vorstellungen sorgen mußte, sind längst vorbei. Heute, im Zeitalter der ferngesteuerten Kritik, zählt nur noch eiskalte, genau berechnende Überlegung.«
»Ich verstehe nicht. Was meinen Sie mit Überlegung?«
»Ich meine zum Beispiel die Wahl des Stückes.
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