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Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Titel: Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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miteinander verwandt sind, und deshalb hat er auch für den Schauspieler nichts als Lob und Preis. Hier, sehen Sie. 7. April: >Podmanitzkis scharfe Charakterzeichnung hat mich angenehm überraschte 16. Mai: >Die große Überraschung des Abends war Podmanitzki. < 2. Juni: >In einer kurzen Szene kam Podmanitzki zu überraschend kräftiger Geltung.< Und so weiter. Um ganz sicher zu gehen, habe ich kurz vor der Premiere Podmanitzki auf Wache in das Verlagshaus geschickt, wo er sich im obersten Stockwerk versteckt hielt. Als er Kun-stetter kommen sah, stieg er langsam die Treppe hinunter und wußte es so einzurichten, daß er mit ihm knapp vor dem Verlagsbüro zusammenstieß. Das sollte für eine >überraschend nuancierte Leistung< reichen.«
    »Sie sorgen aber wirklich für alles.«
    »Nicht für alles. Es ist mein Bestreben, dem Kritiker immer ein Ventil offenzuhalten, durch das er seinen Zorn auspuffen kann. Sonst erstickt er und vernichtet etwas wirklich Wertvolles. Man muß ihm sein Opfer griffbereit servieren. In unserem Fall ist es der Komponist der Begleitmusik.«
    »Wie das?«
    »Ganz einfach. Ich habe einen Komponisten engagiert, der aus Ungarn stammt. Kunstetter - denken Sie nur an seine rumänischen Beziehungen - ist allergisch gegen alles Ungarische. Infolgedessen wird die Bühnenmusik unseres Komponisten >banal, einfallslos und der geistigen Atmosphäre unseres Landes völlig fremd< sein. Der arme Kerl muß alles auf sich nehmen, was Kunstetter an Galle auszuscheiden wünscht.«
    »Ich bewundere Ihren Überblick.«
    »Selbst das kleinste Detail will berücksichtigt sein. Wir hätten ebensogut schon vor zwei Monaten Premiere haben können, aber damals war es zu heiß. Besser gesagt: Der Feuchtigkeitsgehalt der Luft war zu hoch. Kunstetter verträgt das nicht. Wenn's über fünfundachtzig Prozent geht, schlägt er wahllos um sich. Auch das habe ich einkalkuliert. Und die ihm zunächst liegenden Sitze habe ich ausnahmslos an Verwandte von Schauspielern vergeben, die ihn vor Beginn der Vorstellung und während der Pause mit Schmeicheleien überschütten werden. Auf den Eckplatz, drei Reihen hinter ihm, habe ich seinen schärfsten Konkurrenten gesetzt, den Kritiker Gurewitsch.«
    »Was wird Gurewitsch über das Stück schreiben?«
    »Gurewitsch wird gar nichts schreiben, weil er das Stück übersetzt hat. Kunstetter ist diesmal konkurrenzlos.«
    »Eine wirklich perfekte Planung.«
    »Man tut, was man kann. Schließlich steht bei so einer Premiere das Wohl und Wehe von ungefähr sechzig Menschen auf dem Spiel, und da muß man auf Nummer Sicher gehen. Werden Sie sich das Stück anschauen?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Wann?«
    »Das weiß ich nicht. Ich warte auf die Kritik von Kunstetter.«
     

Die Kritiker
     
    Kunstetters Kritik am nächsten Morgen war der pure Mord, angesichts des großen Ensembles geradezu ein Massenmord. Der weitblickende Theaterleiter hatte alle irgend erdenklichen Faktoren in seine Berechnung einbezogen - bis auf den Titel des Stücks: »Der Milchmann erhängte sich um sechs«. Und folglich überschrieb I. L. Kunstetter seine Kritik: »Er hätte sich zwei Stunden früher erhängen sollen.«
    Diese kaltblütige Niedertracht könnte nur einen völligen Naivling überraschen. Kenner der Sachlage wissen, daß der normale Theaterkritiker seine Kritik nicht etwa deshalb schreibt, damit über das Stück, den Autor, die Schauspieler oder den Regisseur gesprochen wird. Über ihn selbst soll gesprochen werden, über ihn ganz allein. Und das erreicht er am besten dadurch, daß er die gesamte Produktion mit einem einzigen messerscharfen Satz umbringt. Am nächsten Tag ist dann die ätzende Kritik I. L. Kunstetters in weiten Kreisen der Bevölkerung das beherrschende Gesprächsthema.
    Hier zeigt sich übrigens ein zutiefst humanitärer Aspekt des Verrisses: statt sich durch eine lobende Kritik bei einer Handvoll Leute, die berufsmäßig mit dem Theater verbunden sind, beliebt zu machen, zieht es der Kritiker vor, durch ein witziges Massaker das ganze Land in einen Freudentaumel zu versetzen.
    Aus dem vorliegenden Fall ergibt sich für jeden Theaterleiter die wichtige Lehre, niemals, wirklich niemals, ein Stück herauszubringen, dessen Titel dem Kritiker Gelegenheit zur Entfaltung seines Witzes bietet. Kein Kritiker auf Erden kann dieser Versuchung widerstehen. Ich führe einige Beispiele an.
    Titel des Stücks: »Wie es euch gefällt«. Titel der Kritik: »So nicht«.
    Titel des Stücks: »Der Rabbi blieb

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