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Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Titel: Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Ja?
    KRITIKER: Ist Ihnen, lieber Herr Spitz, einmal ein Stück mit dem Titel »Ausgeblendete Lichter« in die Hand gekommen?
    INTENDANT: Ja, an so etwas Ähnliches glaube ich mich zu erinnern. Das Manuskript wird irgendwo bei uns herumliegen. Warum fragen Sie, Herr Kunstetter?
    KRITIKER: Weil... Nun, wir sind ja gut genug miteinander, daß ich's Ihnen gestehen kann: Das Stück wurde unter einem Pseudonym eingereicht und ist in Wahrheit von mir.
    INTENDANT: Von Ihnen, Kunstetter?
    KRITIKER: Ja, lieber Herr Spitz.
    INTENDANT: So, so. Aber jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich muß ins Theater, also in die andere Richtung.
    KRITIKER: Darf ich Sie begleiten?
    INTENDANT: Wenn Sie nichts Besseres zu tun haben.
    KRITIKER: Danke. Wissen Sie... ich wollte mich auch einmal als Dramatiker versuchen. Es ist schon ein paar Monate her, lieber Herr Spitz, daß ich das Stück bei Ihnen eingereicht habe. Hoffentlich haben Sie Zeit gefunden, es zu lesen.
    INTENDANT: Ich habe es gelesen, Kunstetter.
    KRITIKER: Und wie... was halten Sie...
    INTENDANT: Sie bekommen schriftlich Bescheid.
    KRITIKER: Es hat Ihnen... mein Stück hat Sie nicht beeindruckt, Herr Spitz?
    INTENDANT: Sie bekommen schriftlich Bescheid.
    KRITIKER: Immerhin... vielleicht könnten Sie mir trotzdem... nur ein paar kleine Andeutungen. Sie sind ja vom Fach. Ihr Urteil über ein Theaterstück ist das Urteil eines Fachmanns.
    INTENDANT: Sagten Sie »Theaterstück«?
    KRITIKER: Ojweh.
    INTENDANT: In aller Offenheit, Kunstetter: Ich habe vergebens darüber nachgedacht, welcher Dilettant die Kühnheit besaß, mir einen solchen Bockmist anzubieten.
    KRITIKER: Aber... ich dachte...
    INTENDANT: Sie dachten, Kunstetter? Wirklich? Haben Sie auch nur die blasseste Ahnung, was »Theater« eigentlich bedeutet? Wissen Sie überhaupt, wie man ein Stück schreibt? Man könnte Ihr Manuskript genauso gut von hinten nach vorn lesen, ohne den geringsten Unterschied zu merken.
    KRITIKER: Läßt sich denn gar nichts mehr machen, lieber Herr Spitz ?
    INTENDANT: Doch. Sie können Ihr Geschreibsel jeden Tag zwischen 9 und 12 Uhr beim Portier abholen.
    KRITIKER: Lassen Sie mich nicht endgültig fallen, Herr Spitz. Ich werde das Stück umarbeiten, ich werde lernen, ich werde mich vervollkommnen... Wenn Sie mir aus Ihrer reichen Erfahrung wenigstens ein paar Ratschläge geben könnten. Ich bedarf Ihrer Führung. Woher soll ich denn wissen, wie man ein Stück schreibt? Ich bin ein Anfänger... und ein Familienvater... ich muß eine Frau und drei Kinder erhalten...
    INTENDANT: Werden Sie Schwarzhändler. Verkaufen Sie Theaterkarten in der Agiotage, Kunstetter. Aber vergreifen Sie sich nicht an der heiligen Kunst des Dramas.
    KRITIKER: Sie müssen mir eine letzte Chance geben, lieber Herr Spitz. Was soll ich an meinem Stück ändern?
    INTENDANT: Fragen Sie lieber, was Sie nicht ändern sollen. Vor allem müssen Sie es um die Hälfte kürzen. Tauschen Sie den ersten Akt gegen den zweiten und umgekehrt...
    KRITIKER: Einen Augenblick, Herr Spitz. Ich möchte mir Notizen machen.
    INTENDANT: Erfinden Sie eine neue Handlung.
    KRITIKER: Das habe ich mir schon selbst gedacht.
    INTENDANT: Um so besser. Und straffen Sie den Schluß. Lassen Sie den Nazi-General nicht entkommen, sondern ertrinken.
    KRITIKER: Verzeihen Sie, aber das war mein Vorschlag.
    INTENDANT: Ach ja. Stimmt. Damit keine solchen Verwechslungen vorkommen, Herr Kunstetter, werde ich Ihre Vorschläge notieren. Was war's doch gleich?
    KRITIKER: Streichen Sie den zweiten Akt, Spitz. Und die Musik aus dem ersten Akt muß weg.
    INTENDANT: Und Guttermann muß umbesetzt werden.
    KRITIKER: Richtig. Und die Dialoge.
    INTENDANT: Genau. Vielen Dank, Herr Kunstetter. Ich mache mich sofort an die Arbeit.
    KRITIKER: Ich auch. (Beide in verschiedene Richtungen ab.)
     

Die Leberwurst-Affäre
     
    Seit jeher war Kunstetter derjenige Theaterkritiker, auf den die Bezeichnung »Monstrum« in höherem Maße zutraf als auf irgendeinen seiner Kollegen. Nach jeder Premiere öffneten die Menschen mit erwartungsvollem Grauen ihre Zeitungen, um zu erfahren, ob es ihm gestern abend im Theater gefallen hatte oder nicht. Was immer I. L. Kunstetter schrieb, kam einem Gottesurteil gleich. Wenn Kunstetter schrieb, daß es eine gute Vorstellung war, strömten die Leute zur Kassa (es sei denn, daß sich das Gegenteil herumsprach und niemand hineinging). Wenn Kunstetter eine Aufführung verriß, konnte ihr nichts mehr helfen (es sei denn, sie war gut, und die Leute gingen

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