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Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Titel: Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Sohn.«
    Einer seiner Kollegen erklimmt den Stuhl, den er, Amir, mein eigener Sohn, herangeschafft hat, und gibt sich der Menge als »Schloime der Träumer« zu erkennen. Von seinen Lippen rieselt es rasch und größtenteils unverständlich:
    »Jetzt wollt ihr wissen warum bla-bla-bla also ich sag's euch meine Mutter sagt immer bla-bla-bla also ich geh und hopp-hopp-hopp auf einmal eine Katze und sum-sum-sum bla-bla-bla ob ihr's glaubt oder nicht und plötzlich Rhabarber Rhabarber alles voll Kalk.«
    Die Kinder brüllen vor Lachen. Mit mir jedoch geht es zu Ende. Kein Zweifel, ich bin innerhalb Minutenfrist entweder taub oder senil geworden oder beides.
    Es beruhigt mich ein wenig, daß auch viele andere Väter mit unbewegten Gesichtern dasitzen, die Hand ans Ohr legen, sich angestrengt vorbeugen und sonstige Anzeichen ungestillten Interesses von sich geben.
    Eine Stunde ist vergangen. Die Mutter mit dem Kleinkind auf dem Rücken sackt lautlos zusammen, mitten in die Kuchen hinein. Ich springe auf, um ihr in die frische Luft hinaus zu helfen, aber ein paar gewiegte Väter kommen mir zuvor und tragen sie freudestrahlend hinaus. An die frische Luft.
    »Und jetzt«, verkündet der Geschniegelte, »bringen die Didl-Dudl-Swingers eine Gesangsnummer, in der sie die Vögel des Landes Israel nachahmen.«
    Wenn ich's genau bedenke, habe ich kleine Kinder gar nicht so schrecklich lieb. In kleinen Mengen mag ich sie ganz gern, aber so viele von ihnen auf so kleinem Raum... Außerdem sind sie miserable Schauspieler. Vollkommen talentlos. Wie sie da zum Klang des Flötenquartetts herumspringen und einen idiotischen Text krächzen... Böser Kuckadudldu, mach die blöden Augen zu ... oder was immer... es ist nicht zum Anhören.
    Ich fühle mich schlecht und immer schlechter. Keine Luft. An den Fenstern kleben ganze Trauben von japsenden Eltern. Kleine Mädchen wollen pipi. Draußen im Hof rauchen rebellierende Väter.
    Mein Sohn gestikuliert angstvoll:
    »Nicht weggehen, Papi. Ich komm' gleich dran.«
    Auf allen vieren krieche ich zu Nadiwa, der Lehrerin. Ob es eine Pause geben wird?
    Unmöglich. Würde zu lange dauern. Jedes Kind eine Hauptrolle. Sonst werden sie eifersüchtig, und die pädagogische Mühe vieler Jahre ist beim Teufel.
    Einige Elternpaare, deren Nachkommenschaft sich bereits produziert hat, entfernen sich unter den neidvollen Blicken der zurückbleibenden Mehrheit.
    Auf der Bühne beginnen die Vorbereitungen zu einer biblischen Allegorie in fünf Akten. Mein Sohn trägt abermals Requisiten herbei.
    Ich werfe einen verstohlenen Blick auf das Rollenbuch, das der Bruder eines Mitwirkenden in zitternden Händen hält, um notfalls als Souffleur zu fungieren:
    Ägyptischer Aufseher (hebt die Peitsche): Auf, auf, ihr Faulpelze! Und hurtig an die Arbeit!
    Ein Israelit: Wir schuften und schwitzen seit dem Anbruch des Morgens. Ist kein Mitleid in deinem Herzen? Undsoweiter...
    Ich kenne viele Menschen, die niemals geheiratet und sich niemals vermehrt haben und trotzdem glücklich sind.
    Noch ein Ton aus der hebräischen Flöte, und ich werde verrückt.
    Aber da geschieht etwas Merkwürdiges. Mit einemmal nehmen die Dinge Gestalt an, die Atmosphäre wird reizvoll, undefinierbare Spannung liegt in der Luft, man muß unwillkürlich Haltung annehmen, man muß scharf aufpassen. Oben auf der Bühne hat sich ein wunderhübscher Knabe aus der Schar seiner Mitspieler gelöst. Vermutlich mein Sohn. Ja, er ist es. Er verkörpert den Dichter Scholem Alejchem oder den Erfinder der Elektrizität oder sonst jemand Wichtigen, das läßt sich so geschwind nicht feststellen.
    »Häschen klein... Gläschen Wein... bla-bla-bla blubb-blubb-blubb bongo-bongo... das ist fein...«
    Laut und deutlich deklamiert mein kleiner Rotkopf den den Text. Ich blicke mit bescheidenem Stolz in die Runde. Und was muß ich sehen?
    In den Gesichtern der Dasitzenden malt sich völlige Teilnahmslosigkeit. Einige schlafen sogar. Sie schlafen, während
    Amirs zauberhaft klare Stimme den Raum durchdringt. Mag sein, daß er kein schauspielerisches Genie ist, aber seine Aussprache ist einwandfrei und sein Vortrag flüssig. Niemals zuvor ward so Deutliches erhört in Israel. Und sie schlafen...
    Als er zu Ende gekommen ist, schreckt mein Applaus die Schläfrigen auf. Auch sie applaudieren. Aber ich applaudiere stärker.
    Mein Sohn winkt mir zu. Bist du's Papi?
    Ja, ich bin es, mein Sohn. Und ich winke zurück.
    Die Lehrerin Nadiwa macht ihrem Vorzugsschüler ein

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