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Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Titel: Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Assistenten. »Wir wollen Ihr schmerzverzerrtes Gesicht in Großaufnahme zeigen und dabei Ihren gequälten Aufschrei hören.«
    Die Dreharbeiten begannen. Ich verzerrte mein Gesicht und schrie auf. Wutschnaubend unterbrach der Regisseur: »Das nennen Sie Schmerzensschrei? Einen Hammer her! Einen schweren Hammer!«
    Die Assistenten rannten durcheinander und brachten das Gewünschte. Da die Kamera bei einer Großaufnahme bekanntlich nur das Gesicht zeigt, blieben meine unteren Körperpartien außerhalb des Bildes, so daß der Assistent genau zielen konnte. Neunmal sauste der Hammer auf die Überreste meiner linken kleinen Zehe, und neunmal erklang mein »Oj!«, ehe das Ergebnis den Regisseur künstlerisch befriedigte. Dann wandte er sich mit verhältnismäßig ruhiger Stimme an mich: »Hinaus«, sagte er. »Hau ab! Marsch!«
    Als ich kurz nach der Mittagspause ins Büro zurückkam, erklärte mir mein Chef, dies sei das letzte Mal gewesen, daß er sich ein solches Benehmen gefallen ließe. Vergebens suchte ich ihm auseinanderzusetzen, was eine Sequenz ist, und daß man da nicht so einfach ausscheiden kann. Mein Chef ist ein sturer Geschäftsmann ohne jede Beziehung zur Kunst.
    Kurz vor vier hörte ich draußen wieder die unheilkündenden schweren Tritte. Ich floh auf die Toilette und verriegelte sie. Die beiden Gorillas brachen die Türe ein und zerrten mich ins Taxi. Auf der Stiege hörte ich noch die Stimme meines Chefs, der mich jeder weiteren Verpflichtung seiner Firma gegenüber enthob.
    Wie sich zeigte, mußte mein Schmerzensschrei noch einmal aufgenommen werden. Gestern waren zu viele Straßengeräusche dazwischengekommen.
    Man hielt mir ein Mikrophon vor den Mund, und jedesmal, wenn der Hammer zuschlug, rief ich »Oj«. Ich selbst fand den Ausruf vollkommen natürlich, aber der Regisseur war unzufrieden. Er machte kein Hehl daraus, daß er mich haßte. Ich hütete mich, ihn zu verstimmen, sonst würde er mich vielleicht nie wieder engagieren. Mitten in der elften Aufnahme bekam ich einen Hustenanfall und verhustete ungefähr 200 Pfund in bar. »Diese Mißgeburt bringt mich ins Grab!« stöhnte der Regisseur. »Noch einmal!«
    Kurz vor Mitternacht durfte ich gehen. Der Regisseur selbst jagte mich mit einem langen Stecken davon. Meinen Posten und meine linke kleine Zehe hatte ich eingebüßt, aber alles in allem war es doch ein recht hübsches Erlebnis.
    Morris Kalaniot hatte geendet. Abermals richtete er den Blick angstvoll zu seiner Wohnung empor:
    »Gestern nacht«, flüsterte er, »habe ich wieder von ihnen geträumt. Daß sie mich holen kämen. Und sie sind wirklich gekommen. >Er braucht dich noch einmal !< brüllten sie schon an der Türe. Eine der Einstellungen - ich weiß nicht, ob von gestern oder vorgestern, mein Zeitgefühl funktioniert nicht mehr richtig -, jedenfalls: Eine der Aufnahmen mußte wiederholt werden. Wir Filmleute nennen das Pech. Aber ich wollte nicht mehr. Ich konnte nicht mehr. Ich versteckte mich unterm Bett und schickte meine Frau hinaus. Sie sagte den beiden Gorillas, ich hätte die Anstrengungen nicht ausgehalten und wäre heute nacht gestorben. >Macht nichts<, lautete die Antwort. >Wir drehen sowieso ohne Ton. Man muß ihn nur im Hintergrund sehen. Dort binden wir ihn schon irgendwie an. Wo ist die Leiche?< Als ich das hörte, schwang ich mich aus dem Fenster und ließ mich an der Dachrinne auf Ihren Balkon hinunter. Retten Sie mich! Um Himmels willen, retten Sie mich! Die beiden Gorillas durchsuchen das Haus nach mir!«
    Er hielt inne und lauschte in schreckensbleicher Anspannung. Aus dem Stiegenhaus hörte man schwere Schritte, die sich langsam näherten...
    Morris Kalaniot hat sich übrigens niemals im Film gesehen. Seine Szene wurde herausgeschnitten.
     

Früh übt sich oder Die Abschlußfeier
     
    Der Theaterbazillus - und das ist eine seiner unheilvollsten Eigenheiten - befällt den Menschen schon in frühester Jugend. Man kennt den abscheulichen Drang kleiner Kinder, sich »zu produzieren«, besonders im Beisein von Erwachsenen, und dieser Drang wird von unverantwortlichen Erziehern auch noch gefördert, nicht zuletzt in der Schule, wo er dann unter der Bezeichnung »Abschlußfeier« zu zermürbender Geltung kommt. Ich spreche aus eigener Wahrnehmung.
    »Wirst du kommen, Papi? Bestimmt?«
    »Ja, mein Sohn. Bestimmt.«
    Dies der kurze, wenig abwechslungsreiche Dialog, der während der letzten sechs Monate zweimal täglich zwischen mir und meinem Sohn Amir stattfand, einmal

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