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Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches

Titel: Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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daß er sich irgendwo im Gebäude versteckt halten mußte, weil alle Ausgänge bewacht waren. Sie durchkämmten sogar den Zuschauerraum - vielleicht, so dachten sie, hatte sich Sulzbaum unter das Publikum gemischt und spielte harmlos, oder vielleicht verbarg er sich unter einem Sitz. Endlich, wenige Minuten vor eins, während ihn die Streicher im Keller suchten, fand ihn der Dirigent im Schrank seiner Garderobe. Um wenigstens sein eigenes Honorar aus Sulzbaum herauszupressen, begann er ihn zu martern. Sulzbaum blieb standhaft. Erst als der Dirigent ihm eine brennende Zigarre ins Nasenloch schob, brach er mit einem lauten Schrei zusammen. Der Schrei war so laut, daß das gesamte Orchester herbeistürzte, und die Verhandlungen begannen aufs neue.«
    »Welche Auskunft hatte der Triangelspieler vom Bankdirektor bekommen?«
    »Daß die Wechsel nicht gut waren. Deshalb wichen ja die Orchestermitglieder nicht aus der Garderobe des Dirigenten. Sie waren drauf und dran, Sulzbaum zu lynchen, als einer der Bläser den Betriebsrat darauf aufmerksam machte, daß man jetzt, um zwei Uhr früh, doch auch ein wenig an das Publikum denken müßte, schließlich hatten die Leute für ihre Eintrittskarten teures Geld bezahlt. Nach längeren Debatten gab der Betriebsrat nach und gestattete dem Orchester, als Beweis seines guten Willens, eine Ouvertüre zu spielen. Es wurde vereinbart, daß sie weiterspielen würden, wenn Sulzbaum 5000 Shekel in bar herbeischaffen könnte.«
    »Und die Callas?«
    »Sie befand sich währenddessen im Mittelgang und unterhielt das Publikum mit Kartenkunststücken. Wie schon gesagt: eine vielseitige Künstlerin. Jemand fragte sie, wie es ihr in unserem Land gefiele, aber man konnte ihre Antwort nicht mehr hören, weil gerade in diesem Augenblick die Lautsprecheranlage zu funktionieren begann und den lärmenden Streit zwischen Sulzbaum und dem Betriebsrat übertrug. Besonders störend wirkte die kreischende Stimme eines Bühnenarbeiters, der unermüdlich wiederholte: >Entweder sofort 150 Shekel in die Hand, oder ich lasse ihr die Dekoration auf den Kopf fallen!< Man sollte es nicht für möglich halten.«
    »Warum hat die Polizei nicht interveniert?«
    »Was hat die Polizei mit den Lohnverhandlungen einer organisierten Gewerkschaft zu tun? Der diensthabende Inspektor war bereits um halb vier nach Hause gegangen - was ihm übrigens leid tun kann, denn um vier Uhr erklärte sich die Callas bereit, den vom Orchester verlangten Garantiebetrag vorzustrecken, wenn nur das Konzert endlich anfinge. Tatsächlich nahmen die Musiker daraufhin ihre Plätze ein, der Vorhang ging hoch, und die Callas betrat die Bühne.«
    »Wie hat sie gesungen?«
    »Schön. Sehr schön. Obwohl man zeitweilig den Eindruck hatte, daß sie nicht in ihrer besten Form war. Man kennt ja diese Primadonnen. Ein launenhaftes Völkchen.«
     

Taktische Probleme
     
    Nirgends bestätigt sich Darwins These vom Überleben des Stärkeren so eindrucksvoll wie im Theater, besonders in den Kämpfen, die von den Schauspielern um ihre Rollen ausgefochten werden.
    Der Kampf beginnt spätestens zwei Stunden nach der Aufnahme eines neuen Stücks in den Spielplan. Man erkennt den kampfgewohnten Schauspieler daran, daß er das Bühnenmanuskript zur Hand nimmt, die Zeilen seiner Rolle rot unterstreicht und sie mit der unerbittlichen Sturheit eines Beamten im Statistischen Zentralamt auszählt. Wenn die erreichte Zahl ihn nicht befriedigt, setzt er Himmel und Hölle in Bewegung, um die schäbige Rolle loszuwerden. Er kämpft sozusagen seinen eigenen Befreiungskrieg.
    Aber die Entscheidungsschlacht wird auf der Bühne ausgefochten. Die Proben dienen nur zur Vorbereitung. Da und dort versucht man einen kleinen Stellungsgewinn zu erzielen, eine Pause abzustoßen, einen Gang an sich zu reißen, von einer Änderung zu profitieren - ohne dem Gegner Einblick zu gewähren, was man damit bezweckt. Das wird er erst am Abend der Premiere zu merken bekommen: Genau in dem atembeklemmenden Augenblick, da der Held des Stücks sich ans Herz greift und zu Boden stürzt, um alle Nuancen eines erschütternden Todeskampfes auszuspielen - genau in dieser Zehntelsekunde schwingt sich die Hauptdarstellerin wie von ungefähr auf das rote Piedestal im Hintergrund und richtet sich dort ihre schwarzen Netzstrümpfe. Jetzt kann der Kerl noch so kunstvoll sterben - es schaut ihm niemand zu. Mit dem richtigen Instinkt fürs Timing kann man sogar einen Monolog ruinieren, und ein diskretes Husten

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