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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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einen Punkt-für-Punkt-Vergleich vor.
    »Mittlerer Epycondylus, Trochlea, Tuberculum majus und minus. Alles da. Ich habe Ihren zwei Kollegen bereits erklärt, dass ich meine Knochen auch ohne das Buch da kenne. Dieser Knochen stammt von einem Menschen, Detective. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel.«
    Bosch betrachtete Guyots Gesicht. Er bemerkte ein leichtes Zittern, möglicherweise das erste Anzeichen eines Parkinson-Tremors.
    »Sind Sie pensioniert, Doktor Guyot?«
    »Ja, aber das heißt nicht, dass ich einen Knochen nicht mehr erkenne, wenn ich …«
    »Ich wollte Ihre Aussage nicht anzweifeln, Doktor Guyot.« Bosch versuchte zu lächeln. »Wenn Sie sagen, er stammt von einem Menschen, dann glaube ich Ihnen das. Okay? Ich versuche nur, mir einen ersten Eindruck von allem hier zu verschaffen. Sie können ihn übrigens wieder in die Schachtel zurücklegen, wenn Sie wollen.«
    Guyot legte den Knochen in den Schuhkarton zurück.
    »Wie heißt Ihr Hund?«
    »Calamity.«
    Bosch blickte auf den Hund hinab. Er schien zu schlafen.
    »Wir mussten sie mühsam hochpäppeln, als sie noch klein war, wissen Sie.«
    Bosch nickte.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, alles noch mal zu erzählen – würden Sie mir bitte schildern, was heute passiert ist.«
    Guyot streckte den Arm nach unten und zauste den Hund am Hals. Der Hund blickte kurz zu ihm hoch, dann ließ er den Kopf wieder sinken und schloss die Augen.
    »Ich habe Calamity heute Nachmittag ausgeführt. Normalerweise lasse ich sie oben am Wendekreis von der Leine, damit sie in den Wald hoch laufen kann. Das mag sie sehr gern.«
    »Was für eine Rasse ist sie?«, fragte Bosch.
    »Ein Labrador«, antwortete Brasher hinter ihm rasch.
    Bosch drehte sich um und sah sie an. Sie merkte, dass ihre Einmischung ein Fehler gewesen war, und trat mit einem Nicken an die Tür des Zimmers zurück, wo ihr Partner stand.
    »Sie können schon los, wenn Sie noch woanders hin müssen«, sagte Bosch. »Jetzt kann ich übernehmen.«
    Edgewood nickte und gab seiner Partnerin das Zeichen zum Aufbruch.
    »Danke, Doktor«, sagte er beim Verlassen des Raums.
    »Keine Ursache.«
    In diesem Moment fiel Bosch noch etwas ein.
    »Ach, übrigens.«
    Edgewood und Brasher drehten sich um.
    »Geben Sie von der Geschichte hier nichts über Funk durch, ja?«
    »Geht in Ordnung«, sagte Brasher und sah Bosch in die Augen, bis er den Blick abwandte.
    Als die Streifenpolizisten weg waren, wandte sich Bosch wieder Dr. Guyot zu und stellte fest, dass sein Gesichtstremor jetzt etwas ausgeprägter war.
    »Die beiden haben mir zuerst auch nicht geglaubt«, sagte der Arzt.
    »Das liegt einfach daran, dass wir eine Menge solcher Anrufe kriegen. Aber ich glaube Ihnen, Doktor. Erzählen Sie doch weiter.«
    Guyot nickte.
    »Wie gesagt, ich war oben am Kreis und nahm ihr die Leine ab. Sie rannte in den Wald hoch, wie sie das immer macht. Sie hört an sich gut. Wenn ich pfeife, kommt sie sofort zurück. Das Problem ist nur, dass ich nicht mehr so laut pfeifen kann. Wenn sie deshalb wo hinrennt, wo sie mich nicht mehr hören kann, muss ich auf sie warten, wissen Sie.«
    »Was ist heute passiert, als sie den Knochen gefunden hat?«
    »Ich habe gepfiffen, und sie kam nicht zurück.«
    »Dann war sie also ziemlich weit da oben.«
    »Ja, genau. Ich habe gewartet. Ich habe noch ein paar Mal gepfiffen, und dann kam sie endlich wieder aus dem Wald zurück, bei Mr. Ulrichs Haus. Sie hatte den Knochen. Im Maul. Erst dachte ich, es wäre ein Stock, wissen Sie, und dass sie ihn apportieren wollte. Aber als sie näher kam, konnte ich erkennen, was es war. Ich nahm ihn ihr ab – was sie sich erst nicht gefallen lassen wollte –, und dann, nachdem ich ihn mir hier genauer angesehen hatte und meiner Sache ganz sicher war, habe ich bei der Polizei angerufen.«
    »Dem Sergeant, der den Anruf aufgenommen hat, haben Sie gesagt, der Knochen würde einen Bruch aufweisen.«
    »Richtig.«
    Behutsam nahm Guyot den Knochen wieder hoch. Er drehte ihn und fuhr mit dem Finger über eine vertikale Furche in seiner Oberfläche.
    »Das ist eine Bruchlinie, Detective. Es ist eine verheilte Fraktur.«
    »Gut.«
    Bosch deutete auf die Schachtel, und der Arzt legte den Knochen zurück.
    »Doktor Guyot, wären Sie so freundlich, Ihren Hund an die Leine zu nehmen und mit mir einen kurzen Spaziergang zum Kreis rauf zu machen?«
    »Aber selbstverständlich. Ich ziehe mir nur schnell andere Schuhe an.«
    »Ich muss mich auch umziehen. Treffen wir uns einfach vor

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