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Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Titel: Kein ganzes Leben lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Benke
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glauben.“
    „Niemand zweifelte an einem natürlichen Tod“, wandte Anna hilflos ein. Ihre eigenen Sorgen waren vergessen.
    „Eine Frechheit. Es war so offensichtlich, dass ich allen Grund hatte, ihn umzubringen“, entrüstete sich Helene. Ihre Wangen schimmerten rot.
    „Ach ja?“, bemerkte Anna schwach. In ihrem Kopf drehte es sich.
    „Erinnerst du dich an Adele?“, fragte Helene.
    Die kleine Schwester ihrer Großmutter kam ihr in den Sinn. Als ihr Mann starb, war sie zu ihnen gezogen, in das Gartenhaus im Park. Anna hatte sie nicht oft zu Gesicht bekommen.
    „Seine Geliebte, bis er ein Pflegefall wurde. Dann wollte sie ihn nicht mehr.“
    Anna sah sie fassungslos an.
    „Nur wollte ich ihn auch nicht mehr.“ Helene goss sich selber ein Glas Grappa ein.
    „Die besten Jahre hatte ich mir von ihm nehmen lassen, die schlechten wollte ich mir nicht auch noch verderben lassen.“
    Helene trank einen Schluck.
    „Also sagte ich mir“, fuhr sie fort, „bis dass der Tod uns scheidet und keine Sekunde länger.“
    „Aber sie war deine kleine Schwester“, begehrte Anna auf. „Das ist bodenlos. Das kann nicht sein.“ Ihre Kindheit, die sie bei ihren Großeltern in der eleganten Patriziervilla an der Elbe verbracht hatte, lief wie ein Kurzfilm ab.
    „Er wollte alle Frauen in seinem Haus besitzen. Er hatte mich, er hatte sie. Nur dich konnte er nicht für sich einnehmen. Also ignorierte er dich.“
    War es das gewesen, fragte sich Anna in Gedanken. Sie hatte sich vor dem strengen Mann in all den Jahren versteckt. Und er hatte sie nicht ein einziges Mal in den Arm genommen.
    Die Gedanken kreisten in ihrem Kopf. Sie sah ihre Großmutter an dem offenen Grab ihres Großvaters weinend zusammenbrechen.
    „Worum hast du an seiner Beerdigung getrauert?“
    „Um den Mann, in den ich mich mit siebzehn Jahren verliebt habe.“
    Helenes Gesichtszüge wurden zärtlich.
    Anna schaute sie erstaunt an: „Du hast ihn geliebt.“
    „Bis zum letzten Atemzug“, bestätigte sie nachdenklich und fügte dann bestimmt hinzu:
    „Aber ich habe mich mehr geliebt.“
    Für einen Moment schwiegen sie. Nur das Ticken der Küchenuhr war zu hören.
    Anna blickte auf. „Warum hast du dich nicht scheiden lassen? Warum hast du nicht alle zum Teufel gejagt?“
    „Es war nicht nur mein Haus. Unsere Eltern hatten es Adele und mir gemeinsam vermacht. Außerdem warst du da. Du hattest schon deine Eltern als Baby verloren, und dir jetzt dein Zuhause nehmen? Ich habe einfach stillgehalten.“
    „Und ich habe von alldem nichts mitgekriegt. Ich suche krampfhaft in meiner Erinnerung, aber da ist kein Zweifel, nichts.“
    „Du warst ein Kind und immer nur mit mir zusammen. Heiner sahst du nur beim Abendessen. Adele bekamst du kaum zu Gesicht. Sie trafen sich immer in dem Gartenhäuschen. So anständig waren sie. Als du alt genug warst, um Verdacht zu schöpfen, gingst du schon in das Internat.“
    Wieder schwiegen sie.
    „Willst du mich nicht verurteilen?“, fragte Helene ängstlich in die Stille.
    Anna sah sie zärtlich an. „Dich verurteilen? In meiner Situation? Dafür bin ich zu egoistisch. Du bist der einzige Mensch, der je zu mir gehalten hat.“
    Auf Helenes Gesicht machte sich Erleichterung breit. Sie drückte Annas Hand.
    „Und jetzt ab mit dir ins Bett. Morgen wartet ein anstrengender Tag auf dich.“
    Anna sah Helene fragend an.
    „Morgen setzt du Christiano vor die Tür“, verkündete sie.
    Lauras fröhliches Geplapper drang durch das Babyfon. Anna öffnete die Augen.
    Orientierungslos griff sie nach dem Wecker. Für einen kurzen Augenblick war die Welt in Ordnung.
    Christianos Seite war leer. Der Duft von Shampoo und Aftershave hing in der Luft. Er konnte noch nicht lange weg sein. Christiano. Anna sah das Messer vor ihrem geistigen Auge blitzen. Sie ließ sich in die Kissen zurückfallen. Ihr war augenblicklich schlecht. Am liebsten hätte sie sich die Decke über den Kopf gezogen.
    Lauras Geplapper wurde fordernder. Schweren Herzens stand sie auf.
    „Helene?“, rief sie, als sie in den Flur hinaustrat. In demselben Augenblick bemerkte sie den Zettel, der vor der Schlafzimmertür lag: „Hole Hörnchen. Kuss“.
    Geliebte Helene, dachte sie zärtlich. Helenes Geständnis kam ihr in den Sinn. Sie versuchte, sich an Heiners Todesjahr zu erinnern. Hätte sie Helene anmerken müssen, dass sie einen Mord plante?
    An Heiners Todestag hatte ihre Großmutter sie angerufen.
    Anna hatte in ihrem kleinen Büro in London über Akten

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