Kein Kerl zum Verlieben
Ziel.
Als ihr Chef in Berlin ihr die neue Wohnadresse in Bangkok gab, waren seine Worte gewesen: „Wir haben keine Firmenwohnungen in Bangkok, aber es gibt eine Gästewohnung, ein Apartment, in einer bewachten Wohnanlage in Sukhumvit für Firmengäste, die es nicht mögen, im Hotel zu nächtigen. Die voll eingerichtete Wohnung wird Ihr neues Zuhause in einer vornehmen und modernen Gegend der Stadt werden und ist nicht weit vom Sitz der Niederlassung entfernt. Sie fahren nur zwei Stationen mit der Bahn. Was das Apartment betrifft, lassen Sie sich überraschen, sage ich nur. Die Miete zahlt natürlich die Firma. Genießen Sie die Annehmlichkeiten und schicken Sie uns Fotos, wir alle sind neugierig auf Ihre neue Bleibe, Frau Schubert. Die Schlüssel bekommen Sie unten im Hauptgebäude an der Rezeption oder im Büro, so genau habe ich nicht verstanden, was sich unten im Haus befindet. Nennen Sie einfach Ihren Namen und die Allianz Group, dann ergibt sich schon alles Weitere.“
Im Internet hatte sich Ricarda den Stadtplan von Bangkok angeschaut, die Adresse gesucht und Fotos im Netz gefunden. Es erwartete sie ein fünfzehngeschossiges Doppelgebäude inmitten anderer Wolkenkratzer, nicht weit vom Stadtzentrum entfernt, soviel wusste sie bereits. Gespannt sog sie die Aussicht aus dem Autofenster in sich auf und konnte es kaum erwarten, endlich anzukommen.
Der Fahrer hielt vor einem in braun gehaltenem Hochhaus vor einer Einfahrt, die eine Schranke verschloss. Ricky gab ein großzügiges Trinkgeld und rechnete im Kopf um, wieviel Euro die Fahrt vom Flughafen bis hierher gekostet hatte. Es fiel ihr schwer, sie war einerseits kribbelig und neugierig auf die Wohnung, andererseits war sie bereits seit über 24 Stunden auf den Beinen und ziemlich kaputt. Sie kam mit Trinkgeld auf acht Euro. Echt?
Eine Minute später stand sie mit einem großen und einem kleinen Koffer, einer Reisetasche und der Handtasche auf dem winzigschmalen Fußweg und schaute nach links und nach rechts. Während der Fahrt hatte sie der kühle, beinahe schon kalte Luftstrom der Klimaanlage umweht, nun stand sie wieder in der Hitze und fühlte einen Schweißtropfen den unteren Rücken hinabrinnen. Aus dem Minihäuschen neben der Schranke kann ein Mann gelaufen und blieb vor ihr stehen, legte die Handflächen aneinander und hob sie an die Stirn. Sein Oberkörper neigte sich leicht nach vorn. „Sawatdee khap.“
Ricarda versuchte, den Gruß nachzumachen, doch die Reisetasche rutschte von ihrer Schulter. „Sawatdee khaa“, murmelte sie unsicher. Sie fragte auf Englisch, ob er ihr helfen könne.
„To the office?“, fragte der Mann und schwenkte einladend den Arm. Dann schnappte er sich beide Koffer und ging voran. Ricarda folgte ihm um die Ecke. Durch große Glasscheiben sah sie eine Art Büro mit drei Frauen, die hinter Tischen mit Akten und Papieren saßen. Der Mann brachte die Koffer in das Büro und zog sich wieder zurück. Ricarda kam sich ein wenig verloren vor unter all den fremden Menschen, die nicht ihre Sprache sprachen. Sie beherrschte als Chefsekretärin ein ganz gutes Businessenglisch, doch Alltagsgespräche führte sie in dieser Sprache nie.
„Hello, my name is Ricarda Schubert. My company, the Allianz Insurance Group, lease here an apartment for me.“
Die drei Damen grüßten zuerst wieder mit den zusammengelegten Händen an der Nasenwurzel, dann lächelten sie synchron. Die rechte sprach Ricky direkt an. „Willkommen im Lumpinibuilding.“ Ihr Englisch war schwer zu verstehen und Ricarda musste sich sehr konzentrieren, um zu erfassen, was die Frau meinte. „Ja, Ihre company hat hier ein Apartment gebucht und Schlüssel hinterlegt. Kann ich Ihren Pass sehen?“
Ricky reichte ihn ihr und sie schrieb die Daten in ein Formular, dass Ricky unterschreiben musste. Dann bekam sie ein Schlüsselbund und eine Karte, die aussah, wie eine Kreditkarte.
„Ich werde Sie zu Ihrem Apartment bringen.“ Die zierliche Frau nahm den großen Koffer und reagierte nicht auf Ricardas Proteste. So folgte sie ihr aus dem Büro ins Gebäude. Am Ende eines kleinen Vorraumes befand sich eine Glastür, vor die die Angestellte die Karte hielt. Ein rotes Licht wurde grün und die Tür ließ sich öffnen. Die Frau sah Ricky an, ob sie verstanden hatte, wie der Mechanismus funktionierte. Dann ging sie voran zu den Aufzügen. Auf dem Weg zeigte sie zu den Briefkästen an einer Wand. Im achten Stock verließen sie den klimatisierten Lift und gingen einen Gang
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