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Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Titel: Kein Kind ist auch (k)eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Wolf
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schreiben, bevor sie eingeschult wurden. Wie wunderbar.
    Die Schwangeren standen in der Küche und gaben sich gegenseitig Tipps gegen und für irgendwas. Die Männer saßen auf dem Balkon und tranken Bier. Ordnung musste sein.
    Ich zählte kurz durch und kam auf achtzehn Kinder und fünfundzwanzig Erwachsene. Auf neunundvierzig Quadratmetern.
    Als alle weg waren, nahm ich die »Mitsinglieder für Kinder von 0 – 5 Jahren« raus und warf die »Mitsing-CD« für Erwachsene rein: Rosenstolz. Ich drehte die Lautstärke voll auf, öffnete den besten Wein, den ich hatte, und tanzte, bis ich nicht mehr stehen konnte. Danach kam dann der Brief von der Verwaltung.
    Ich wollte ja eh eine größere Wohnung …
    *
    Das Klingeln meines Handys holte mich in die Gegenwart der S3 Richtung Altona zurück.
    »Hey, Charly.«
    »Ilka …« Sie war mit Birgit die letzte mir verbliebene Bastion der Kinderlosen.
    Stille.
    »Alles klar?«
    »Ja, alles klar«, antwortete Ilka etwas zeitversetzt, und ich wusste: Nichts war klar. Stille passte nicht zu Ilka, die es selten länger als drei Sekunden am Stück aushielt, den Mund zu halten. Und jetzt das: Diese kleine, quirlige Frau schwieg. Das konnte nichts Gutes verheißen.
    »Na, was gibt’s?«
    »Ach, ich wollte dir was sagen.«
    Ich schmunzelte. »Dann tu das doch mal.«
    »Ne, nicht am Telefon. Was machst du denn morgen früh? Lass uns doch ins Mary Sol gehen und frühstücken.«
    Sie wusste genau, wie sie mich quälen konnte.
    »Ilka?«
    »Ja?«
    »Was ist los?!«
    »Ich erzähl es dir morgen.«
    Morgen? Das stank zum Himmel.
    Ihr war klar, dass ich vor Neugierde platzen und es nicht bis zum nächsten Tag aushalten würde, aber sie blieb hart und ging nicht auf mein Flehen ein, mir schon mal einen kleinen Hinweis zu geben, damit ich raten konnte. Es brachte nichts. Wir verabredeten uns für zehn Uhr im Mary Sol.
    Bis ich zu Hause ankam, malte ich mir alles Mögliche und Unmögliche aus: dass sie fremdgegangen war, dass sie sich von ihrem »Hasen« getrennt hatte, mit ihrem Chef ins Bett ging, im Lotto gewonnen hatte und jetzt auswandern wollte, meinetwegen noch, dass sie eine Bank überfallen hatte – aber irgendetwas sagte mir: Das war es nicht. Das hätte sie dir doch alles am Telefon sagen können. Welchen Grund konnte es geben, dass sie mir etwas persönlich sagen wollte? War sie vielleicht krank? Hatte sie womöglich nur noch wenige Monate oder Wochen zu leben? Nein, dafür hatte sie zu fröhlich geklungen, trotz der akuten Wortkargheit. Eine anstehende Hochzeit? Oh Gott, das würde ich ihr morgen schön ausreden. Heiraten ja, aber nicht diesen Deppen.
    Als ich meine Jacke ausgezogen hatte und den Haustürschlüssel auf das Sideboard im Flur legte, fiel mir auf, dass ich meine Post vom Vortag noch nicht geöffnet hatte.
    Es waren einmal keine Rechnungen dabei, stattdessen ein »echter« Brief. Wer bekam heute noch Handgeschriebenes auf Papier? Das konnte nur bedeuten: Post zum Geburtstag – dafür war es zu früh, wir hatten schließlich erst März – oder Weihnachtsgrüße, wofür es definitiv zu spät war. Das Fest der Liebe hatte ich ja Gott sei Dank gerade überstanden. Wie jedes Jahr zu zweit mit meiner Mutter und viel zu viel Lametta.
    Ich öffnete den Umschlag. Es war ein Bekennerschreiben meines Cousins und seiner Freundin, die mir »glücklich und total dankbar« mitteilten, dass ihr drittes Kind unterwegs sei. Ich rutschte mit dem Rücken an der Wand herunter und schaute mir im Hocken die Kopie des Ultraschallbildes an. Es sah ein wenig so aus wie die Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Spiegeleis. Mehr konnte ich nicht erkennen. Je länger ich mir das Bild ansah, umso hungriger wurde ich.
    Ich ging in die Küche und setzte Nudelwasser auf. Kaum hatte ich das getan, rief Birgit mich an. Ihr Mann war unter der Dusche. Er hatte seinen Flug zwar verschieben, aber den Termin nicht komplett absagen können und hatte es jetzt eilig.
    »Warum klingst du bitte schön, als würde Robert dir gerade den Hals zudrücken? Du hörst dich an wie Kermit, der Frosch!«
    »Ich liege auch gerade etwas unbequem, vielleicht deshalb.«
    »Dann leg dich doch bequemer hin, das kann man ja nicht mit anhören.«
    »Das geht nicht.«
    »Warum geht das nicht? Ich kenne dein Bett. Das bietet allerhand Platz, um sich bequem auszubreiten. Oder bist du nicht in deinem Bett?«
    »Doch, doch … Ich hab nur gerade meine Beine Richtung Decke gestreckt. Aber warte mal. Ich kann sie auch … Moment. Ah. So geht

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