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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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gerundete Kraftfeld, das einen Minatur-Mond und einen zur Unkenntlichkeit verzerrten bewaldeten Horizont widerspiegelte.
    »Ich habe dich hergerufen, weil ich auf nützlichen Rat hoffte, kreativer Bruder«, erwiderte Bormol mit Würde, »nicht auf rhetorische Fragen. Die fremden Invasoren schlafen jetzt, aber sie werden aufwachen. Und wenn sie das tun ... ich nehme an, sie haben die Möglichkeit, ihre Waffen vom Innern dieses Sigma-Feldes aus abzuschießen.«
    »Das hängt von dem Generator-Typ ab«, erklärte Gomnol. »Aber wir können wohl davon ausgehen.«
    Alle sechs vereinigten sich zu einem primitiven metapsychischen Konzert, um die Hemisphäre mittels Fernwahrnehmung zu studieren, aber das Innere war ein nicht zu identifizierendes Durcheinander. Sie strengten ihre geistigen Ohren an und fingen doch nichts anderes auf als die Gehirnwellen der Schläfer und einen einzigen stählernen Faden von einem wachen Bewußtsein, dessen mentale Emanationen größtenteils außerhalb des Wahrnehmungsbereichs der Tanu lagen.
    Schließlich sagte Gomnol zu dem Lord von Roniah: »Rekapituliere noch einmal die traurigen Ereignisse des Tages, koerzibler Bruder, und laß keine Einzelheit aus.«
    Bormols Gedanken zeigten mit Condateyrs Unterstützung den anderen vier eine alle Sinne ansprechende Wiederholung der Katastrophe. Die Ankunft der fremden Operanten war zuerst von einem Graureif-Soldaten auf den Zinnen der Torburg entdeckt worden. (Glücklicherweise überlebte er das dann folgende Massaker.) Die Invasoren kamen zu der ungewohnten Zeit von elfhundert Uhr durch das Portal, nicht im Morgengrauen, wie es seit mehr als vierzig Jahren für Zeitübergänge Brauch war. Es war niemand außerhalb der Burg, um sie in der kurzen Periode der Desorientierung, die dem Verlassen des Tau-Feldes folgte, abzufangen, und als schließlich doch graue Soldaten aus der Burg eilten, wurden sie von einem mächtigen metakoerziblen Energiestoß niedergemäht. Das alarmierte den Silberreif-Kastellan, und der wiederum benachrichtigte die beiden Tanu-Oberherren, die gerade in der Burg weilten.
    Die operanten Neuankömmlinge hatten dann ihre mentalen wie auch ihre Handwaffen, eine Art Photonenpistolen mit schwacher Leistung, auf den Mitarbeiterstab der Burg gerichtet. Ein ferngesprochener Alarm ging hinaus nach Roniah, das etwas weiter als 30 Kilometer entfernt lag. Aber bis Bormol und Condateyr zwei Stunden später mit einer Fliegenden Jagd erschienen, waren die Tanu-Oberherren und rund die Hälfte des Personals tot. Die normalen Zeitreisenden in ihrem Gefängnishof lagen in Katatonie; eine redigierende Technik der Operanten hatte ihre Gehirne leergefegt.
    Bormol wurde bei der Verfolgung durch metapsychische Barrieren und Luftspiegelungen behindert. Schließlich schwächte sich beides ab, und man konnte den Spuren der kleinen Geländefahrzeuge, die die Invasoren benutzten, leicht folgen. Die Fremden fuhren westwärts über die Steppe des Plateaus du Lyonnais und in den Wald hinunter, der zwischen dem Tafelland und dem ungeheuren Mont-Dore-Stratovulkan lag. Die Chalikos der Jagd kamen querfeldein besser voran als die Fahrzeuge der Fremden, als es ins Tiefland hinunterging. Fast ein Dutzend der mit Ballonreifen ausgerüsteten Wagen wurde in einem höllisch dichten Bambussumpf von ihren Fahrern aufgegeben. Zwei weitere fand man später auf einem Wildpfad, inmitten der Spuren von Stoßzahn-Elefanten zu blutigem Schrott gestampft.
    Kurz nach Sonnenuntergang machten die fliehenden Operanten den Fehler, einem nach Westen führenden Tal zu folgen. Es endete nach einem steilen Anstieg in einem engen Canon, der eine Sackgasse war. Erschöpft, verängstigt und in der Falle sitzend, hatten die Operanten ihren metapsychischen Schirm einen kurzen Augenblick lang schwanken lassen. So war es Bormols besten Fernwahrnehmern gelungen, den Feind zu erkennen. Es waren einhundertundein menschliche Wesen, alle operant, einige in sehr schlechtem Gesundheitszustand und alle an schweren mentalen Traumata leidend. Sie hatten neunundachtzig kleine Fahrzeuge mit Anhängern, die bis obenhin mit Gegenständen des 22. Jahrhunderts vollgestopft waren.
    Eine vorsichtige Sondierung durch Bormol und seine ersten Koerzierer zog nur eine schwache metapsychische Vergeltung nach sich. Das Scharmützel an der Burg und die lange Verfolgungsjagd hatten die Invasoren anscheinend mitgenommen. Und jetzt waren sie in die Enge getrieben.
    Die Jagd von Roniah verschmähte einen mentalen Kampf und griff

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