Kein König von Geburt
getrieben habt!«
Mercy lächelte leicht. »Damals, im zweiten Trimester hat es Agraynel nichts ausgemacht. Aber jetzt drängt sie darauf, geboren zu werden.«
»Mach mir nichts vor!« Er stand auf. Sein Gesicht strahlte nicht mehr; seine Stimme klang metallisch. »Du willst mich nicht in dich hineinlassen, weil du immer noch um Nodonn trauerst.«
»Wie könnte es anders sein?« gab sie kühl zu. Sie levitierte und stand vor ihm. Der helle Chiffon ihres Gewands schien von den Erschütterungen des Firmaments zu flattern.
Wütend schrie er: »Mayvar hat mir alles über dein kostbares Sonnengesicht erzählt! Einen feinen König hätte er abgegeben! Von dem Herrscher der Tanu erwartet man, daß er seine überlegenen Gene an sein Volk weitergibt - aber weißt du, daß dein wunderbarer Nodonn so gut wie steril war? Der große Schlachtenmeister! Achthundert Jahre hat er gelebt und nur eine Handvoll Kinder gezeugt. Und in dem ganzen Haufen nicht eine einzige erstklassige Begabung! Mayvar Königsmacherin hatte ihn zurückgewiesen. Er war nur erklärter Kronprinz, weil die Heerschar Nontusvels ihn Thagdal aufzwang. Warum, meinst du wohl, war Mayvar so froh, als ich auftauchte? Warum, meinst du wohl, hat sie mich Lugonn genannt nach dem wirklichen Kronprinzen?«
Mercy fing seine gestikulierenden Hände ein. Auf bloßen Füßen standen sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber, und sie war mehrere Zentimeter größer.
Leise sagte sie: »Es ist wahr, daß du der Erwählte der Königsmacherin bist. Und vielleicht hättest du das Duell mit dem Schlachtenmeister auf der Weißen Silberebene gewonnen ... Nodonn ist tot. Ertrunken. Aber du lebst, Lord Aiken-Lugonn, und bist an Nodonns Stelle Herr von Goriah. Wer hätte gedacht, daß das geschehen würde, als wir naß und spuckend wie junge Hunde in einem goldenen Kessel mitten in der Großen Flut trieben! Weniger als fünf Monate sind wir jetzt beisammen - und doch ist mir, als hätte ich dich ein Jahrhundert gekannt, du Herr des Chaos. Du wirst König werden! Zweifle nicht daran! Ich sehe es - ich weiß es! Es gibt keinen Tanu und keinen menschlichen Goldenen im Vielfarbenen Land, dessen mentale Kraft an deine herankäme. Niemand sonst hätte es fertiggebracht, die Stücke dieser zerschmetterten Welt aufzulesen und sie neu zusammenzusetzen, wie du es getan hast. Das ist der Grund, weshalb ich bei dir bleiben und mit dir Zusammenarbeiten werde. Und nachdem ich Thagdals Tochter geboren habe, werde ich dich heiraten und deine Königin sein. Im Mai, beim Großen Liebesfest, wie wir es ausgemacht haben. Und was deine Kinder angeht, werden wir abwarten, was die gute Göttin uns schickt.«
Seine Wut versickerte und ließ einen einzigen eigensinnigen Gedanken zurück: Wenn du mich nur lieben würdest, wäre ich sicher.
Ihr Geist, veränderlich wie der westliche Ozean, lächelte zurück. Während der ganzen Zeit, die sie nun zusammen waren, hatten sie dies Spiel getrieben, und bis heute hatte er sich für den Sieger gehalten, immun gegen die Magie, die die anderen an sie gebunden hatte.
Mercy sagte: »Du fürchtest mich, und du hoffst, durch Liebe Kontrolle zu gewinnen. Doch bist du willens, mich wiederzulieben, gebend und teilend? Oder willst du nur herrschen?«
Die festen Barrieren, die in seinem Innern die Wahrheit versteckten, zerbröckelten. »Du weißt, daß ich dich bereits liebe.«
»Genug, um nichts dafür von mir zu verlangen? Selbstlos?«
»Ich weiß es nicht.«
Ihre Stimme und ihre Gedanken tändelten mit ihm. »Und wenn ich dich nun nicht wiederliebe, du Hermes Chrysorapis? Was wirst du dann mit mir tun?«
Er zog sie in seine Arme, begrub sein Gesicht in dem duftenden Haar, das ihr über die Schultern fiel, spürte das ironische Triumphieren hinter ihrer Frage. Sie wußte es. Sie wußte es.
Er riß sich los und stand allein. Der Himmel wurde grau von der falschen Morgendämmerung. Die Zahl der Meteore verringerte sich. Er sagte: »Ich habe den Sternenregen tatsächlich nicht gemacht. Die Meteorite kommen in jedem Frühling. Sie zeigen das Ende der Regenzeit an. Aber ich wollte dich mit ihnen überraschen.«
»Was wirst du mit mir tun, wenn ich dich nicht liebe?« wiederholte sie.
»Ich glaube, du weißt es.«
Er gab ihr die Hand, und sie betraten den lichtlosen Turm. In der kühlen Dunkelheit explodierte der letzte Meteorit.
4
Nur noch ein weiterer Tag, und Tony Wayland wäre die Flucht geglückt. Nur noch ein Tag, und er hätte ganz normal mit der
Weitere Kostenlose Bücher