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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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räusperte sich und spuckte. Das Füllmaterial zwischen den halbmeterdicken Eichenstämmen wurde bei jedem Aufschlag nach innen geschleudert. Die Belagerten in der kleinen Festung erstickten in einer wirbelnden Wolke von pulverisiertem Lehm, Moos und Sägemehl.
    Sir Dougal ignorierte die Beschießung. Schlammiger Schweiß tropfte ihm von seinem ingwerfarbenen Bart in die Maschen seines Kettenhemdes aus Titan. Sein ritterlicher Mantel mit dem Wappen (ein goldener Löwenkopf auf rotem Grund) war fleckenlos wie immer: Das Gewebe des 22. Jahrhunderts war ionisiert und stieß Schmutz ab.
    »Höllenhunde! Zeigt euch!« rief er und schickte mit seinem mächtigen zusammengesetzten Bogen Pfeil auf Pfeil durch die Schießscharte. Ein weiterer Felsblock traf die Wand und erschütterte die ganze Unterkunft. Als das Beben erstarb, war aus der Ferne ein schwaches Kreischen zu hören.
    »Aha! Aha!« rief Dougal. »Sterbt, ihr Heuler-Mißgeburten!«
    Orion Blue spähte durch das Guckloch neben dem Ritter. »Jetzt rollen sie ein ganz dickes Ei heran, Doogie. Kannst du sie aufhalten?«
    »Außer Reichweite«, stellte der Ritter sachlich fest. Von weiter oben kam ein lautes Rumpeln.
    Beniamino, dessen Stimme vor Panik ins Falsett umschlug, sprang von seiner Schießscharte weg. »Zurück! Alle zurück! Das nächste Ding ist größer als ein VW! Und kommt haargenau auf uns zu!«
    Die Verteidiger warfen sich fluchend zur Seite. Nur Tony Wayland blieb wie gelähmt an seinem Schlitz stehen, unfähig, seinen Blick von dem großen Granitblock abzuwenden, der auf sie zusprang. Weit oben am Berg, sicher vor den eisernen Pfeilspitzen der Bergleute, hüpfte und jubelte eine Horde von Gnomen. Sie glühten schwach durch den Morgennebel.
    »Habt acht, Milord!« brüllte Dougal. Tony wurde von gepanzerten Armen ergriffen und mehrere Meter nach rechts geschleudert. Fast gleichzeitig gab es einen katastrophalen Treffer. Einer der dicken Baumstämme in der westlichen Wand bog sich nach innen. Die Stämme darüber brachen und sackten mit schrecklichem Kreischen ein. Das Bauwerk stand noch - für den Augenblick. Aber wenn eins dieser Wurfgeschosse das Dach traf, das aus weniger widerstandsfähigem Material -Stangen und Rindenstücken - bestand, würde ihnen das Haus über den Köpfen zusammenfallen.
    Orion lag im Dreck und machte sich nicht die Mühe aufzustehen. Er kroch auf die nordöstliche Ecke des Blockhauses zu, wo die meisten überlebenden Bergleute hinter einem Schutzwall aus Ledersäcken, gefüllt mit Pfeilspitzen-Rohlingen, kauerten. »Wir sind erledigt, Jungens. Nur noch neun Söhne unserer Mütter übrig gegen das ganze Pack von Gespenstern. Sie werden uns überrollen und dann unsere Gehirne grillen, wie sie es mit den anderen armen Teufeln draußen getan haben.«
    Jetzt kam auch Tony angekrochen, die nutzlose Armbrust unter den Arm geklemmt. Nur Dougal stand noch unerschrocken an der westlichen Wand, wo unaufhörlich kleinere Felsbrocken gegen das splitternde Eichenholz knallten. Er schlug mit der Faust gegen den goldenen Löwen auf seiner Brust. »Wohlan, hinweg mit kindischer Furcht! Ihr wollt euch vor den dunklen Mächten der Nacht als Memmen erweisen, ihr Hurensöhne? Ich nicht!« Er nahm sich eine neue Handvoll Pfeile. »Nun, Götter, steht mir bei!«
    Bei seinem nächsten Schuß riß die Sehne, so daß sich sämtliche Rollen der Waffe sinnlos drehten. Dougal sagte: »Oh, Scheiße.«
    Er ging hinüber zu der verzweifelten Schar, ließ sich vor Tony auf ein Knie nieder, zog einen Stahldolch und hielt ihn mit der Spitze nach oben vor sein Gesicht. »Ich habe Euch enttäuscht, Hoher Lord. Mein Leben ist verwirkt. Aber wenn Ihr es befehlt, werde ich dies Messer zum Gnadenstoß benutzen, um Euch und diesen Dienern den qualvollen Tod durch die Heuler-Dämonen zu ersparen.«
    »Wen nennst du da Diener?« knurrte Orion.
    Mehrere der anderen Männer wichen mit offenem Mund vor der knienden Gestalt zurück. »Gottverdammter Irrer!« murmelte einer. »Pfeif ihn zurück, Wayland!« verlangte ein anderer. In diesem Augenblick schlugen drei große Felsblöcke ein, und das V, das der gebrochene Baumstamm bildete, ruckte schärfer nach innen. Der kleine Beniamino leckte sich die Lippen und rollte mit den blutdurchschossenen Augen. »Doogie hat gar nicht so unrecht, Leute. Die Männer, die draußen überfallen wurden, sind schnell gestorben. Aber wenn die verdammten Heuler uns fangen, haben sie erst einmal ihren Spaß mit uns - wie mit Alf und Veng Hong,

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