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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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junger Mensch sich heutzutage wünschen kann. Schließlich landeten wir bei einem Kompromiß.
    »Heuer wirst du noch ein Cowboy sein«, wandte ich mich an Amir. »Und nächstes Jahr bist du ein Astronaut.«
    Die Antwort war ebenso lautstark wie negativ:
    »Nein! Nicht nächstes Jahr! Heuer! Heute! Jetzt! Sofort!«
    Ich mußte schweren Herzens nachgeben:
    »Schön, dann bist du also schon heuer ein Astronaut.
    Wir werden auf deinem Hut eine große Tafel befestigen und mit roter Tinte >Apollo 13< draufschreiben.« Amirs Entgegnung erfolgte abermals fortissimo:
    »Damit bin ich noch kein Astronaut!«
    »So? Wie sieht ein Astronaut denn aus?«
    »Weiß ich nicht«, schluchzte unser Rothaariger. »Das müßt ihr wissen! Ihr seid die Erwachsenen!«
    Die Lage wurde immer bedrohlicher. Hätten diese Kerle nicht erst nach Purim auf den Mond fliegen können? Wäre es von der amerikanischen Regierung zuviel verlangt, ein wenig Rücksicht auf israelische Eltern zu nehmen? Die in Kap Kennedy hätten Amirs Gebrüll hören sollen:
    »Astro«, brüllte er, »-naut, - naut -, -naut! Astronaut!«
    Ich versuchte ihn zu beschwichtigen: »Gut, dann werden wir dir eben zu der großen Tafel auch noch einen großen Schnurrbart verpassen.«
    »Ich will keinen Schnurrbart! Astronauten haben keine Schnurrbärte!«
    »Dann vielleicht eine Brille?«
    »Haben Astronauten auch nicht!«
    Ich finde das sehr gedankenlos von ihnen, das muß ich schon sagen. Wie kann ein verantwortungsvoller Astronaut ohne Bart und ohne Brille auf den Mond fliegen?
    »Jetzt hab ich's!« rief ich aus. »Amir wird Pappis gelben Pyjama anziehen!«
    Das Geheul meines Sohnes überstieg jetzt alle akustischen Grenzen und war hart daran, die Schallmauer zu durchbrechen:
    »Ich will keinen Pyjama! Ich will ein Astronaut sein!«
    »Laß deinen Pappi ausreden! Du wirst den gelben Pyjama anziehen und wir befestigen hinten einen Propeller. Einen richtigen Propeller, der sich richtig dreht.«
    »Ich will keinen blöden Propeller!«
    »Willst du Flügel haben?«
    »Ich bin ja kein blöder Vogel! Ich bin ein Astronaut! Astronaut! Naut! Astro!«
    In unbeherrschter Wut wälzte sich Amir auf dem Teppich, schlug um sich, brüllte immer lauter, nur rothaarige Kinder können so laut brüllen, und wenn er noch eine kleine Weile weitermachte, platzten ihm vielleicht die Lungen. Das durfte ich nicht zulassen:
    »Schon gut, Amir. Dann muß ich eben den Onkel Astronaut anrufen und ihn fragen, was er für gewöhnlich anzieht, wenn er auf den Mond fliegt.«
    Amir verstummte, seine blauen Augen weiteten sich hoffnungsfroh, er verfolgte interessiert jede meiner Bewegungen. Ich nahm den Hörer auf und wählte irgendeine Nummer:
    »Hallo? Apollo-Hauptquartier? Ich möchte den Astronauten vom Dienst sprechen.«
    »Wen bitte Sie wollen?« fragte am ändern Ende eine Frauenstimme mit deutlich fremdländischem Akzent.
    »Hier bei Dr. Weißberger.«
    »Hallo, Winston!« rief ich unbeirrt freudig. »Wie geht's denn immer? Das ist fein. Ich habe eine Bitte an dich, Winston. Mein Sohn Amir möchte wissen, wie ihr Astronauten für eure Mondflüge gekleidet seid.« »Wer?« beharrte die fremdländische Frauenstimme.
    »Hier Haus von Dr. Weißberger.«
    »Bitte bleib am Apparat, Winston, ich hole nur einen Bleistift... Also wie war das? Quergebügelte Hosen... Stulpenstiefel... breitkrempige Hüte...«
    »Ich nicht gut Hebräisch sprechen. Sie sprechen Deutsch, bitte?«
    »Natürlich schreibe ich mit, Winston. Also weiter. Patronengürtel und Pistole... Ist das alles? Danke. Und grüß mir den Präsidenten.«
    »Dr. Weißberger kommt um zwölf nach Hause.«
    »Danke. Und alles Gute für euren nächsten Mondflug!«
    Ich lege den Hörer auf und wende mich mit betrübtem Gesichtsausdruck an Amirs Mutter:
    »Du hast ja mitgehört«, sage ich. »Wo in aller Welt sollen wir jetzt die Sachen hernehmen, die ein Astronaut trägt?«
    »Dumme Frage!« ruft triumphierend mein dummes Kind. »Es liegt ja alles hier in der Ecke!«
    Das Unglück war abgewendet. Im letzten Augenblick und unter großer Bedrängnis. Aber abgewendet.
    Eine kleine Bitte zum Schluß: Sollten Sie, lieber Leser, in den nächsten Tagen einem kleinen rothaarigen Cowboy begegnen, dann bleiben Sie stehen und sagen Sie so laut, daß er es bestimmt hört:
    »Da schau her. Ein wirklicher Astronaut!«
    Nehmen Sie im voraus den Dank eines verhärmten Vaters entgegen.

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