Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Schwein.«
    »Einen Augenblick«, protestierte ich. »Ist das ein Raubüberfall oder bist du auf eine bestimmte Summe aus?« »Weißes Schwein, ich brauche 25 Dollar.«
    »Ich habe aber nur eine Fünfzigdollarnote bei mir.« Joe nahm den Schein an sich, torkelte in eine nebenan gelegene Haschisch-Kneipe, die als Bordell für Liebhaber von Ziegenböcken getarnt war, und kam nach einer Weile mit 25 Dollar Wechselgeld zurück. Jetzt war mir endgültig klar, daß ich in ihm einen fairen Partner gefunden hatte. Ich fragte ihn, ob ich vielleicht ein Abonnement bei ihm nehmen könnte. Mit wöchentlichen Zahlungen, wenn's ihm recht wäre.
    Joes Auffassungsvermögen kam da nicht mehr ganz mit. »Weißes Schwein«, sagte er, »ich bin jeden Tag hier.«
    Ich bat ihn um seine Telefonnummer, aber er hatte keine. Statt dessen zeigte er mir ein leicht verfärbtes Messer - ob die Verfärbung von Blut oder von Rost herrührte, konnte ich in der Eile nicht feststellen - und verzog sein Gesicht zu einer Art Lächeln, das die bräunlichen Restbestände seiner Zähne sichtbar machte. Er war eigentlich ganz nett, dieser Joe. Kein Großunternehmer, ein kleiner, freundlicher Straßenräuber, vielleicht 1,65 m groß, nicht mehr jung, aber von wohlgelaunter Wesensart.
    Am Tag meiner Abreise begleitete mich Tante Trude zu ihrer verbarrikadierten Wohnungstür. Sie weinte unaufhörlich in Gedanken daran, daß ich jetzt wieder in den unsicheren Nahen Osten zurückkehren müßte, wo von überallher Gefahren drohten.
    Ich schreibe diese Zeilen im sonnendurchglühten Garten meines Hauses in Tel Aviv. So ungern ich es eingestehe: Joe fehlt mir. Wir hatten uns so gut miteinander verstanden. Vielleicht wären wir mit der Zeit richtige Freunde geworden. Ob manchmal auch er, zwischen Haschisch und Oben-ohne, an sein kleines weißes Schweinchen denkt? Wohl kaum. Nicht jeder ist so romantisch veranlagt wie ich.

Der lange Weg in die Freiheit
    Schon an den vorangegangenen Abenden hatte die beste Ehefrau von allen den Eindruck, daß sich jemand in unserer Wohnung versteckt. Wir dachten zuerst an den Steuerexekutor und wollten ihn nicht provozieren, aber schließlich gingen uns die Geräusche im Vorraum so sehr auf die Nerven, daß ich mich zum Eingreifen entschloß. Ich trat in den Vorraum hinaus und sah einen brillentragenden Mann in einem Lehnstuhl sitzen und vor sich hinschlafen. Nachdem ich ihn geweckt hatte, erhob er sich und stellte sich vor:
    »Mein Name ist Blitz.«
    »Sehr erfreut.«
    Ich wußte sofort, daß ich einem unserer prominentesten Bankräuber gegenüberstand, der erst vor zwei Wochen zu 15 Jahren Kerker verurteilt worden war. Vorsicht schien geboten.
    Zunächst plauderten wir ein wenig, und ich erfuhr, daß Blitz das Ergebnis der jüngsten Wahlen nicht guthieß. Er hätte einen Sieg der Liberalen vorgezogen, hauptsächlich wegen jenes Teils ihres Parteiprogramms, der sich für die Freiheit des Individuums einsetzt.
    Nach einiger Zeit konnte ich nicht länger an mich halten: »Entschuldigen Sie«, sagte ich. »Wie sind Sie eigentlich aus dem Gefängnis herausgekommen?«
    Mein Gast lehnte sich zurück, sichtlich überwältigt von aktuellen Erinnerungen:
    »Wir hatten das von langer Hand vorbereitet. Ich hielt mit Farkas von Anfang an Kontakt durch einen speziell ausgearbeiteten Code von Klopfzeichen.«
    »Ausgearbeitet? Wie? Wann? Wo?«
    »Nun, wir trafen ja täglich im Speisesaal zusammen, wo wir die Sache ausführlich diskutieren konnten. Die Wärter beschwerten sich, daß unser ewiges Klopfen sie verrückt mache. Unser Ansuchen um ein Telefon wurde jedoch abgelehnt. >Ein Gefangenen, sagten sie, >hat kein Recht zu telefonieren.< Sie waren sehr streng in diesem Gefängnis.«
    »Es wird auf ihr Haupt zurückfallen.«
    »Hoffentlich! Aber es hat doch große Bitterkeit in unseren Herzen erzeugt. Wir arbeiteten also einen detaillierten Fluchtplan aus, Farkas und ich. Als erstes wollten wir einen Tunnel zum Haarschneider des Gefängnisses graben und uns dort rasieren. Dann ging der Weg weiter zur Kanalisationsanlage und in die Wäscherei, wo wir unsere Zivilanzüge bügeln wollten. Von dort in die Küche zu einem kleinen Imbiß, dann ins Büro des Direktors, um uns die nötigen Papiere zu verschaffen, und dann wollten wir uns an einem Strick zum Gefängniskino hinunterlassen und noch einmal einen guten Film sehen. Die eigentliche Flucht sollte erst nach Schluß der Vorstellung erfolgen.«
    »Großartig!«
    »Warten Sie. Das Ganze war nicht so

Weitere Kostenlose Bücher