Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)
überzeugen, dass dies der Wahrheit entspricht? Wie kann ich Ihnen glaubhaft machen, dass mir der kommerzielle Wert der Bilder gleichgültig war? Wie kann ich Ihnen beweisen, wie viel Ruth mir wirklich bedeutet hat? Wie Ihnen begreiflich machen, dass meine Liebe zu ihr der Kern jedes Werkes war, das wir je erwarben?«
Sanders blickte kurz an die gewölbte Decke und dann ins Publikum.
»Würde der Käufer des Porträt von Ruth bitte aufstehen?«
Inzwischen konnte Sophia kaum noch atmen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sich Luke erhob. Alle Anwesenden drehten sich zu ihm um.
»Die Verfügung meines Testaments – und der Auktion – ist sehr einfach: Ich habe beschlossen, dass derjenige, der das Porträt von Ruth kauft, die Sammlung als Ganzes erhält, mit sofortiger Wirkung. Und weil sie nun nicht mehr mir gehört, weil sich ein Käufer für dieses Bild gefunden hat, wird die übrige Versteigerung hiermit abgebrochen.«
KAPITEL 3 3
Luke
Luke war wie gelähmt. Er stand in der letzten Reihe, um ihn herum herrschte fassungslose Stille. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Iras Worte gesackt waren, nicht nur bei ihm, sondern bei allen Anwesenden.
Das konnte nicht Sanders’ Ernst gewesen sein. Oder falls doch, dann hatte Luke ihn falsch verstanden. Denn für ihn hatte es so geklungen, als habe er gerade die komplette Sammlung bekommen. Aber das konnte ja nicht sein. Ausgeschlossen. Oder?
Seine Gedanken spiegelten sich in den Gesichtern der anderen. Er sah verdutzte Mienen und verständnisloses Stirnrunzeln, ratlos ausgebreitete Hände und Blicke, in denen Schock und Verwirrung, vielleicht sogar Empörung lag.
Und dann: Chaos. Kein Tumult mit umgeworfenen Stüh len, wie man ihn so oft bei Sportereignissen erlebte, sondern der beherrschte Zorn der Wichtigen und Wichtigtuer. Ein Mann in der dritten Reihe drohte, seinen Anwalt zu konsultieren; ein anderer rief, er sei unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hergelockt worden und werde ebenfalls seinen Anwalt anrufen. Ein dritter erklärte im Brustton der Überzeugung, das sei Betrug.
Die Entrüstung und Verärgerung steigerten sich. Immer mehr Leute standen auf und schrien Sanders an. Ein paar andere konzentrierten ihren Zorn auf den silberhaarigen Herrn. In der Nähe der Tür krachte eine Staffelei zu Boden, umgestoßen von jemandem, der aus dem Saal stürmte.
Und dann drehten sich auf einmal alle wieder zu Luke um. Er spürte die Wut und Enttäuschung der Menge, bei manchen auch einen unverhohlenen Verdacht. Wieder andere witterten eine Gelegenheit. Eine attraktive Blonde im eng sitzenden Kostüm pirschte sich an, und plötzlich wurden Stühle beiseitegeschoben, und Horden von Menschen hasteten auf Luke zu. Alle riefen durcheinander.
»Entschuldigung!«
»Darf ich Sie kurz sprechen?«
»Ich würde gern einen Termin mit Ihnen vereinbaren!«
»Was haben Sie mit dem Warhol vor?«
»Mein Kunde interessierte sich ganz besonders für einen der Rauschenbergs ...«
Instinktiv griff Luke nach Sophias Hand und rannte mit ihr zum Ausgang, gefolgt von einer Menschentraube.
Er drückte die Tür auf und sah sich im Flur unvermittelt sechs Wachmännern gegenüber, die hinter zwei Frauen und einem Mann mit Namensschildern des Veranstalters standen. Eine davon war die hübsche Frau, der Luke seine Personalien und fast das ganze Bargeld aus seiner Brieftasche gegeben hatte.
»Mr Collins?«, sprach sie ihn an. »Ich heiße Gabrielle, ich arbeite für das Auktionshaus. Es ist ein Zimmer im oberen Stock für Sie vorbereitet. Wir haben damit gerechnet, dass es etwas hektisch werden könnte, daher haben wir Vorkehrungen für Ihre Bequemlichkeit und Sicherheit getroffen. Würden Sie mir bitte folgen?«
»Ich wollte eigentlich zu meinem Wagen –«
»Es gibt noch die ein oder andere Formalität zu erledigen, wie Sie sich vermutlich vorstellen können. Bitte. Wenn Sie nichts dagegen hätten?« Sie deutete den Flur hin unter.
Luke sah sich zu ihren Verfolgern um. »Also los«, sagte er.
Ohne Sophias Hand loszulassen, lief er hinter Gabrielle her, flankiert von drei Wachmännern. Die anderen drei, bemerkte er, hatten sich vor der Tür postiert, um die Menge aufzuhalten.
Die ganze Situation kam ihm surreal vor. Das war doch verrückt. Das alles war völlig verrückt ...
Sie traten durch eine Tür, die zu einer Treppe führte. Als Luke einen Blick über die Schulter warf, stellte er fest, dass nur noch zwei Wachmänner sie begleiteten. Der dritte blieb an der Tür
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