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Keine Frage des Geschmacks

Keine Frage des Geschmacks

Titel: Keine Frage des Geschmacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Hausärztin.«
    »Und ich in der eines unbewaffneten Kommissars der Polizia di Stato.«
    Acht Schüsse zählte er dieses Mal. Und plötzlich knackte es im Unterholz, als würde eine halbe Armee darüber hinwegstolpern. Laurenti hielt inne. Die Wildschweinrotte stob quiekend davon und verschwand im Dickicht. Vier Männer in Kampfanzügen eilten zu der Stelle, wo die Tiere auf der Suche nach Nahrung den Boden durchpflügt hatten. Einer zog ein langes Messer, dessen schwere Klinge aufblitzte. Laurenti kniff die Augen zusammen und folgte den Bewegungen des Kerls, der sich nun zu dem flach atmenden Frischling hinunterbeugte und ihn scheinbar mühelos abstach. Der Mann richtete sich wieder auf und ließ sich von seinen Kumpanenmit heftigem Schulterklopfen beglückwünschen. Sein Gesicht kam Laurenti bekannt vor. Dann legten sie ein Seil um die Hinterläufe des Kadavers und zogen ihn an einem Ast hoch, um ihn an Ort und Stelle auszuweiden. Mit einem dumpfen Klatschen fiel das Gedärm zu Boden, Herz, Nieren und Leber stopften sie in eine Plastiktüte.
    »Das sind Wilderer! Zu viele Kugeln für einen Frischling. Und dann auch noch Kalaschnikows.«
    »Und bei der Hitze lassen sie die Eingeweide einfach liegen. Kannst du dir vorstellen, wie das morgen stinkt? Ganz abgesehen von dem Ungeziefer«, flüsterte Gemma. »Was wirst du tun?«
    »Telefonieren natürlich, sobald wir aus dem Wald raus sind.«
    »Mit der Pizza wird’s dann wohl nichts mehr.«
    »Eins nach dem anderen, meine Liebe. Glaub bloß nicht, dass ich mich selbst darum kümmere. Wie sollte ich erklären, dass ich mit meiner Hausärztin im Wald war?« Er küsste ihren Hals und tastete nach ihren Hüften.
    »Ein Zeckenbiss natürlich!«
     
    *
     
    »In der Stadt können wir einfach nirgendwohin. Wenn einer von uns beiden nach einem Hotelzimmer fragt, steht das morgen in der Zeitung«, sagte Gemma, als sie die Bluse zuknöpfte. »Wenn wenigstens das Boot meines Vaters im Hafen läge. Ich muss mir so schnell es geht eine eigene Wohnung nehmen.«
    Zielstrebig hatte sie an der Università Cattolica del Sacro Cuore in Rom ihr Studium durchgezogen und im zugehörigen Polyklinikum ihre praktischen Erfahrungen gemacht, dann zwei Jahre am Ospedale Maggiore in Mailand gearbeitet, bis sie schließlich dank der guten Beziehungen ihresVaters in den Orden der Mediziner in Triest aufgenommen wurde und in seine Praxis einstieg. Es war bequem für sie gewesen, nach ihrer Rückkehr wieder in der riesigen Wohnung ihrer Eltern an der Piazza Perugino unterzuschlüpfen, doch ihr Beruf nahm sie seither so sehr in Beschlag, dass ihr für die Suche nach einer eigenen Bleibe keine Zeit blieb. Und ihre eigenen Möbel standen noch in Mailand in dem Appartement, das sie mit Alvaro, ihrem langjährigen Freund, teilte, der dort beim Hubschrauberrettungsdienst arbeitete. Als Unverheirateter wurde er meist für die Wochenendschichten eingeteilt, weshalb sie sich nur sporadisch sehen konnten.
    »Die Leute zerreißen sich sowieso schon das Maul. Weißt du, was der alte Galvano gesagt hat? Ich sei viel zu alt für dich!«
    »Ach, der muss doch alles kommentieren.«
    Zwar hatten sie ein paarmal spätabends, wenn die Putzfrau abgezogen war, die Praxis aufgesucht, in der es nach Desinfektionsmitteln roch, doch es gab wirklich idyllischere Orte sowie breitere und weichere Matratzen als die Behandlungsliege, auf denen Gemma tagsüber die Patienten abtastete. Bei jeder Bewegung rumpelte das Möbel durch den Raum, bis sie schließlich gegen die Wand krachten und einen Hängeschrank voller Medikamentenmuster aus der Verankerung rissen, wild kullerten die Pillen gegen Bluthochdruck aus den zerbrochenen Glasfläschchen über den Boden.
    »Wir müssen besser planen. Auf der anderen Seite der Grenze kennt uns keiner«, sagte Laurenti achselzuckend. »Sonst bleibt wirklich nur der Wald. Oder das Auto, wie damals mit achtzehn.«
    Vor einer Woche erst war einer der Pressefotografen des »Piccolo« mit seiner braunen Vollblutstute vorbeigeritten, als sie sich auf dem Karst inmitten eines Weingartens in seinem Dienstwagen liebten. Gott sei Dank war der Reiter diskret genug gewesen und hatte weggeschaut, bevor er sie erkannte.
    »Planen will ich eben nicht, und die Hotels dort hast du ja schon alle mit Živa Ravno durchprobiert«, entfuhr es Gemma, als sie ihren Rock zurechtzog.
    »Woher weißt du das?« Laurenti starrte Gemma an, der Hemdzipfel hing aus seiner Hose. Er war bisher felsenfest davon überzeugt gewesen,

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