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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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dachte sie, aber Lia
lachte nur ironisch.
    »Nein, im Moment nimmt er alles hin,
was ich tue, glaube ich«, sagte sie.
    »Ach?« Ginger tat ihr Bestes,
unbefangen zu wirken.
    »Wir hatten gerade eine etwas
schwierige Phase... Nicht nur wegen Anouska, sondern auch in unserer
Beziehung«, gab Lia zu. »Aber ich glaube, die überwinden wir jetzt langsam, und
ihm liegt viel daran, daß ich tue, was mir gefällt.«
    »Was denn für eine schwierige Phase?«
Ginger konnte sich nicht verkneifen, die Frage zu stellen. Lia war diesem Kerl
gegenüber so aufreizend loyal.
    Lia überlegte sich ihre Antwort
quälend lange. Ginger wollte schon das Schweigen brechen und das Thema
wechseln, da sagte Lia: »Er hatte eine Affäre. Du kannst es genausogut wissen,
auch wenn es ihm nicht passen würde. Es scheint inzwischen keine so große Sache
mehr zu sein. Ehrlich...«
    »Weißt du, mit wem?« fragte Ginger.
    »Nein.« Überrascht blickte Lia auf.
»Das weiß ich nicht. Klingt das seltsam? Ich habe ihn nicht einmal danach
gefragt. Es war eigentlich unwichtig, wer es war, weil ich genau wußte, daß es
vorbei war. Genau, wie ich wußte, daß da etwas lief...«
    »Du wußtest, daß da etwas lief?«
Ginger schrie fast. Kannte Lias Duldsamkeit überhaupt keine Grenzen?
    »Ja und nein, wenn du weißt, was ich
meine. Als er es mir endlich erzählt hat, war es eine Erklärung für alles, was
mir seltsam vorgekommen ist. Deshalb war es in gewisser Weise sogar eine
Erleichterung. Es hat mir mein Selbstvertrauen zurückgegeben. Es hat mir
irgendwie Macht verliehen...«
    Wieder blickte sie hoch. Diesmal sah
Ginger überrascht aus.
    »Ich weiß, daß du manchmal denkst, ich
bin zu nett«, fuhr Lia fort. »Aber das bin ich gar nicht. Ich bin nicht
annähernd so weich, wie ich scheine.«
    Zum ersten Mal im Leben war Ginger um
eine Antwort verlegen.
    »Es ist sehr wichtig für mich, daß
Anouska eine Familie hat. Dafür nehme ich viel in Kauf«, sagte Lia. »Und ich
glaube, ich liebe Neil«, fügte sie hinzu. »Was immer das bedeutet...«
     
    Alison saß im Wintergarten auf dem
Boden, umgeben von Müllbeuteln und den Pappkartons, die Stephen vom Speicher
geholt hatte. Ein Müllbeutel war für Abfall und einer für Oxfam. Für Dinge, die
aufbewahrt werden sollten, hatte sie eine große Kiste beiseite gestellt. Sie
war leer. Es war leichter, sich von den Sachen zu trennen, als sie gedacht
hatte.
    Seit ihrem Auszug von zu Hause hatten
die Kisten sie überallhin begleitet, und in all den Jahren hatten sich immer
mehr angesammelt. Sie waren voll Klamotten und liebevoll aufbewahrtem Trödel,
von dem sie sich nicht hatte trennen können, alles Erinnerungsstücke aus ihrer
Vergangenheit. Sie fragte sich, ob jeder so eine Sammlung hatte, oder ob der
Grund dafür war, daß sie ein Einzelkind war. Andere Leute hatten Geschwister,
die sie an bestimmte Zeiten erinnerten. Sie erzählten sich Familiengeschichten,
ergänzten sich in ihren Erinnerungen und gewannen dem Erlebten mit zunehmendem
Alter neue Aspekte ab. Sie dagegen hatte ihre Puppen und eine Eulenfamilie, die
sie aus den Muscheln gebastelt hatte, die sie jedes Jahr aus ihren einsamen
Ferien in Cornwall mitgebracht hatte.
    Es war, als würde sie ein riesiges
Photoalbum durchsehen. Jeder einzelne Gegenstand erinnerte sie an ein
bestimmtes Ereignis: der kleine Plastikkorb mit Blumen, für den sie ihr erstes
Taschengeld gespart hatte; hellblauer Lidschatten, inzwischen rissig und
vertrocknet; eine leere Flasche Badedas-Schaumbad, Neils erstes
Weihnachtsgeschenk an sie. Sie erinnerte sich genau an die Enttäuschung, die
sie verspürt hatte, als sie es am Weihnachtsmorgen daheim geöffnet hatte — das
ganze Haus duftete nach Truthahnbraten — , und an die Miene ihrer Mutter, an
den ziemlich grausamen »Hab ich dir doch gleich gesagt«-Ausdruck, als sie ihrer
Tochter die Enttäuschung vom Gesicht ablas.
    Alison warf die Flasche zum Müll,
genau wie die leere Flasche Brut, die immer noch nach der Essenz ihrer Pubertät
stank. Von den Klamotten konnte sie sich schwerer trennen, aber sie wanderten
in die Oxfam-Tüte. Die Pullunder, die Jeans mit einem V am Knie, das hautenge,
violette Kleid aus Biba. Sie wußte, daß sie nichts davon je wieder tragen
würde, auch wenn es jetzt wieder modern war. Sie kaufte inzwischen
Nicole-Farhi-und Donna-Karan-Versionen der Top-Shop- und Chelsea-Girl-Modelle,
in denen sie damals herumgelaufen war.
    Zwischendurch fand sie es fast
unerträglich traurig, daß diese billigen

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