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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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dann hatte, sah er so
klein und verletzlich aus, und ich mußte dauernd an mein anderes Baby denken,
und daß ich als Mutter nicht geeignet wäre... Ich versuche nicht, mein
Verhalten zu entschuldigen, aber vielleicht erklärt das einiges...« Sie griff
nach ihrem Wasserglas und trank daraus. Sie sprach zu schnell.
    »Arme Alison...«, setzte Stephen an
und griff über den Tisch nach ihrer Hand.
    »Nein, ich bin noch nicht fertig«,
sagte sie hastig. »Ich habe noch gar nicht richtig angefangen... Ich habe es
nie jemandem erzählt außer den Ärzten. Der einzige Mensch, der es wußte, war
meine Mutter. Ich weiß nicht einmal, ob mein Vater es wußte. Ich habe es auch
meinem Freund nicht erzählt. Ich habe ihn verlassen, ohne irgend etwas zu
sagen. Das war, kurz bevor ich zur Universität gegangen bin. Ich habe mir
gesagt, wir hätten uns sowieso getrennt. Ich habe mir eingeredet, es wäre
besser, wenn er es nicht wüßte. Ich habe mich gezwungen, ihn zu vergessen...«
    Sie wollte ganz ehrlich sein, doch sie
merkte, daß sie eine Art Kurzschrift benutzte. Sie hatte das Gefühl, es würde
Stunden dauern, wenn sie detailliert beschreiben sollte, was sie damals
empfunden hatte. Sie mußte es komprimiert darstellen, um nicht aus dem Konzept
zu kommen.
    »An der Universität hatte ich eine Art
Zusammenbruch, aber ich habe jemanden gefunden, mit dem ich reden konnte, eine
Studententherapeutin. Ihr habe ich es zu verdanken, daß ich nicht den Verstand
verloren habe, glaube ich. Sie war gütig. Sie hat gesagt, es würde mir schaden,
es geheimzuhalten, und sie hatte recht. Aber der Meinung war ich damals nicht.
Ich habe mich so viel besser gefühlt, und ich dachte, es würde reichen, daß ich
es ihr erzählt hatte. Und so war es auch. Bis du und ich beschlossen haben, ein
Baby zu bekommen, und dann kam plötzlich alles wieder hoch...« Sie trank noch
einen Schluck Wasser. »Nein, es geht noch weiter. Alles kam mir ein bißchen
seltsam vor. Es war, als würde sich der Kreis schließen, als würde mich die
Vergangenheit einholen. Ich konnte mich nicht an die Vorstellung gewöhnen, ein
Baby zu bekommen, dabei stand ich kurz vor der Niederkunft, und dann tauchte
aus heiterem Himmel mein alter Freund wieder auf... und... und... ich hatte
eine Affäre mit ihm«, sagte sie schließlich.
    Minutenlang saßen sie sich schweigend
gegenüber. Sein Gesicht war grimmig, ungläubig, und dann, als sein Gehirn ihren
Bericht verarbeitet hatte, sehr traurig.
    »Willst du gar nichts dazu sagen?«
fragte sie ihn, weil sie seinen niedergeschlagenen Blick nicht ertragen konnte.
Sie wollte Wut, Tränen — irgend etwas, was ihn nicht mehr so verloren aussehen
lassen würde.
    »Du hast mich doch gebeten, nichts zu
sagen«, sagte Stephen gelassen.
    »Ich bin jetzt fertig«, sagte sie zu
ihm.
    »Nein, noch nicht ganz. Du hast mir
nicht gesagt, was jetzt passiert.«
    Sie holte tief Luft. »Ich weiß es
nicht«, sagte sie. »Ich glaube, das hängt von dir ab.«

Kapitel 12
    ------------
     
     
    Juni
     
    Als das Mädchen herausfindet, daß der
gutaussehende Prinz einer anderen versprochen ist, verliert es den Verstand und
stirbt an gebrochenem Herzen.
    Ginger blickte ständig zwischen der
Ballerina, die wie wahnsinnig auf der Bühne herumwirbelte, und Lias Profil hin
und her. Lia saß neben ihr, und die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Beim
letzten getragenen Akkord brach die Ballerina zusammen, und der schwere, rote
Samtvorhang senkte sich vor dem tragischen Tableau. Ihr wurde bewußt, daß es
nicht gerade taktvoll gewesen war, Lia ausgerechnet in das Ballett Giselle einzuladen.
    Lia zog ein Taschentuch hervor und
wischte sich die Augen, aber als das Licht anging, leuchtete ihr Gesicht vor
Begeisterung. »Das war großartig«, sagte sie zu Ginger. »Wunderschön, und so
bewegend. Ich hätte nie gedacht, daß ich an einem Ort wie diesem weinen
könnte.« Sie deutete auf den rotgoldenen Zuschauerraum. »Aber es hat mich
richtig gepackt.«
    »Ich liebe klassisches Ballett«, sagte
Ginger seufzend. »Es ist ein bißchen so, als würde man Country Music hören. Es
ist so kitschig und manipulativ, daß man eigentlich nicht weinen sollte, aber
man kann sich nicht dagegen wehren.«
    Sie stiegen die Treppe zur Bar hoch,
und Ginger erinnerte sich an das letzte Mal, als sie hier war, als Charlie
hinter ihr aufgetaucht war. Sie konnte es nicht lassen, schnell hinter sich zu
schauen, aber diesmal folgte ihr ein Mann mit einem kleinen Mädchen in

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