Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
Hinsicht frei sein, nur dein Liebesleben wird von jetzt an in geordneten Bahnen verlaufen, das ist alles... Aber das ist perfekt, weil Dan der Richtige für dich ist. Was willst du mehr? Was kannst du mehr wollen?«
»Aber ich hab Angst, dass ich mich eingeengt fühlen werde, dass mich das Eheleben erstickt, dass ich vorzeitig alt und träge werde und -« Claire brach abermals schluchzend zusammen.
Amelie schlang seufzend den Arm um ihre Freundin und wiegte sie tröstend.
»Dir ist doch klar, dass das bloß der Tequila ist, der aus dir spricht, oder? Aber was du sagst, ist vollkommen normal, ja sogar zu erwarten. Morgen ist alles wieder im Lot, wirst sehen.«
Claire holte tief Luft und beruhigte sich ein wenig. Sie hatten sich der Wasserkante genähert und konnten nun hören, wie die Wellen leise an den Strand schwappten. Sie ließen sich auf dem Kieselstrand nieder.
»Aber Amelie, ich bin trotzdem neidisch auf die Freiheit, die du hast, und ich weiß nicht, warum ich so denke.« Sie griff nach einem Kiesel und warf ihn aufs Meer hinaus. »So darf man doch nicht denken, wenn man vorhat, in Kürze vor den Altar zu treten, oder? Ich weiß nicht, ob ich das machen soll, wenn mir solche Gedanken durch den Kopf gehen, das wäre doch schäbig, oder?«
Amelie nahm ein größeres Steinchen und warf es noch weiter aufs Wasser hinaus. »Aber das denkst du ja gar nicht. Du bist bloß betrunken«, sagte sie mit wachsender Gereiztheit.
Claire schüttelte todtraurig den Kopf. Amelie erhob sich und ließ ihren Blick über den mondbeschienen Strand wandern. Dann schmiss sie jäh ihre Perücke zu Boden. »Lass dir eins gesagt sein, Claire Josanna Wilson, ein für alle Mal: Du beneidest mich nicht, ich wiederhole, nicht , um mein schales, deprimierendes, stinkendes, ödes Leben als Single. Das wird so was von überschätzt, es ödet mich an, und ich hab’s satt!!«
Claire schaute erschrocken zu ihr auf und zog sich die Sandy-Perücke herunter, als würde ihr das helfen, das eben Gehörte besser zu verdauen. »Im Ernst?«
»Ja, im Ernst. Glaub mir, Claire, du beneidest mich nicht. Ich weiß, ich tue immer so, als liebte ich meine Freiheit, meine Unabhängigkeit. Als würde ich gerne von einer oberflächlichen Beziehung in die nächste stolpern, ohne je eine wirkliche Bindung zu riskieren... aber mir dämmert allmählich, dass das vielleicht nichts weiter als eine Rolle ist, die ich spiele, dass ich das gar nicht wirklich sein will. Seit Jahren spiele ich schon diese unerschütterliche Zynikerin, die es hasst, zum Speed-Dating zu gehen, die sich zu gut dafür ist, zu gut für all diese neumodischen Ideen in Sachen Partnersuche – dabei bin ich im Grunde meines Herzens eine größere Romantikerin, als jeder andere! Und wenn ich es mir recht überlege, dann kann ich mir nichts Schlimmeres vorstellen, als den Richtigen, den Einen, der zu mir passt, nicht zu finden. Der eine Mensch, der so unentbehrlich für mich ist, dass ich den Rest meines Lebens mit ihm verbringen will...«
Claire blickte, sichtlich ernüchtert, zu ihrer Freundin auf. Ihre Augen waren, groß wie Untertassen, auf diese ganz neue, nie gekannte Amelie gerichtet. Diese fuhr fort: »So schwer’s mir auch fällt, das zu sagen, aber was du und Dan habt, ist genau so, wie es sein sollte. Ihr habt etwas Wahrhaftiges, etwas Wahres.« Amelie hielt inne und blickte gedankenverloren zu den Sternen hinauf. »O mein Gott!«, rief sie plötzlich und schaute Claire an. Sie grinste spitzbübisch. »Er ist dein Danny Zuco!« Die Ironie des Ganzen war zu viel – Amelie brach in hysterisches Gelächter aus und rief: »He, du bist Sandy und er ist dein Danny! Ihr seid füreinander bestimmt!«
Claire lachte unter Tränen und schaute schon weniger verzweifelt drein.
»Im Ernst, Clairey, du tust das Richtige«, sagte Amelie. »Spätestens morgen wirst du das auch so sehen.«
»Versprochen?« Claire schnüffelte und rang sich ein Lächeln ab.
»Versprochen.« Amelie stand auf und zog ihre Freundin auf die Beine. »Aber jetzt gehen wir zurück zum Hotel, okay? Die anderen werden sich sicher schon fragen, wo wir abgeblieben sind. Immerhin gilt es, eine Minibar zu plündern!«
Arm in Arm schritten sie unsicher über den Kieselstrand zur Promenade zurück. Dort angekommen, wo der Kies in Asphalt überging, blieben sie stehen und umarmten einander. So verharrten sie eine ganze Weile, jede in Gedanken, in Erinnerungen an alte Zeiten versunken. Amelie war es schließlich, die sich
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