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Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)

Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)

Titel: Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorelei Mathias
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Jack ein wenig zu intensiv in die Augen und sagte: »Weißt du, was komisch ist? Ich vermisse sogar deine Unpünktlichkeit. Deine Zerstreutheit, deine Schlamperei – ja, das fehlt mir. Penny war immer so ordentlich, hatte immer alles von vorne bis hinten durchorganisiert, war nie zu spät, wollte immer – wie sie es nannte – ›dem Leben einen Schritt voraus sein‹. Das wurde am Ende ziemlich ermüdend. Erst jetzt wird mir klar, Am, dass es deine Schrullen sind, die dir einen so einzigartigen Charme verleihen. Ja, das gehörte definitiv zu den Dingen, die ich am meisten an dir liebte. Immer noch liebe...« Er blickte mich aus großen blauen Augen erwartungsvoll, ja hoffnungsvoll an.
    »Ach, jetzt hör aber auf, Jack«, widersprach ich hastig, »das hat dich wahnsinnig gemacht, weißt du nicht mehr? Du siehst das Ganze einfach durch die rosarote Brille. Außerdem«, log ich dreist, »bin ich längst nicht mehr so schlampig und unordentlich. Ich bin seitdem ein ganzes Stück erwachsener geworden. Ich weiß jetzt, was Verantwortung heißt.«
    Jack bedachte mich mit einem liebevoll-skeptischen Blick. Seine hellblauen Augen huschten über meine fleckige, abgestoßene Handtasche, die angeschnäuzten Tempos, die daraus hervorquollen, den Hals der leeren und verbeulten Mineralwasserflasche, Haufen von Notizzetteln sowie die noch nicht ganz verblasste Schrift auf meinem Handrücken, wo ich mir gestern etwas mit Kuli notiert hatte. Er sagte: »Ja, ich kann sehen, dass du heute besonders ordentlich und smart bist. Ich bin beeindruckt.«
    Ich dankte ihm für das nette Kompliment und steuerte die Unterhaltung rasch in klarere Gewässer. Ein paar Minuten lang lief alles prima, ja, wir lachten fast wie in alten Zeiten. Doch es dauerte nicht lange, und er kam wieder auf sein eigentliches Anliegen zu sprechen: dass er mich wiederhaben wollte.
    »Jack«, sagte ich erschöpft, »ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht darüber reden will. Können wir nicht einfach Freunde sein? Uns über die alten Zeiten unterhalten?«
    »Bitte, Am. Gib mir nur drei Minuten.«
    Ich überlegte. »Na gut, wenn’s unbedingt sein muss. Aber keine Sekunde mehr!« Ich gebe zu, ich war doch ein klein wenig neugierig.
    »Hör zu, bitte fass das jetzt nicht falsch auf«, hob er an, ganz wie der Anwalt im Gerichtssaal, der zu einer neuerlichen Attacke ausholt. »Aber ich habe in letzter Zeit viel über die letzten Wochen unserer Beziehung nachgedacht. Und ich muss zu meiner Verteidigung sagen, dass du nie, aber auch nie zuhause warst. Du warst andauernd im Büro. Und selbst wenn du nicht im Büro warst, warst du mit dem Kopf bei der Arbeit. Nie hattest du Zeit für uns.«
    Ich hörte mir das mit weit aufgerissenen Augen an. Er fuhr gnadenlos fort: »Und immer wenn ich dich im Büro anrief, um zu sehen, wie’s dir geht oder um Pläne zu machen, hast du versucht mich abzuwimmeln, gabst mir das Gefühl, dass ich ganz weit unten stand auf deiner Prioritätenliste. Kannst du dir vorstellen, wie vernachlässigt ich mich gefühlt habe? Kannst du dir vorstellen, dass man in einer solchen Situation anfällig für einen Seitensprung wird?«
    Bimmbamm, da geht die Glocke. Das war’s, deine Zeit ist um, Jack Halliwell. »Jack, ich kann mir das nicht länger anhören. Ich muss gehen.« Ich griff nach meiner Tasche und meinem Schal. Ich war zwar betrunken, aber so betrunken nun auch wieder nicht, um nicht zu erkennen, dass ich mich vor seiner märchenhaften Logik schützen musste.
    »Aber ich bin noch nicht fertig. Den besten Teil meiner Verteidigung hast du ja noch gar nicht gehört -«
    Ich musste an mich halten, um nicht in Lachen auszubrechen. »Jack, du bist hier nicht im Gerichtssaal! Du kannst mich nicht dazu überreden , dich wieder zu lieben! Da helfen keine schönen Worte, kein sorgfältig ausgearbeitetes Plädoyer.«
    Er sah aus, als würde er jeden Moment zusammenbrechen. »Also gut. Vergiss die Argumente. Was ist mit meinen Gefühlen?«
    Ich wandte den Blick ab, konnte ihm nicht in die Augen sehen, starrte auf mein fast leeres drittes Glas Wein, auf die Bläschen, die in feinen Fäden aufstiegen, während er mir erklärte, dass er noch nie in seinem Leben jemanden so sehr geliebt habe wie mich, nie jemanden so sehr lieben könnte wie mich. Ich merkte, wie mir schwindlig und ein wenig übel wurde. Ich erhob mich abrupt. Leicht schwankend sammelte ich meine Sachen zusammen, doch die Tasche rutschte mir aus der Hand, und eine Flut von Taschentüchern und

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