Keiner wie er (German Edition)
unberechtigten Zorn, mit dem er Tina gern konfrontiert hätte.
Hätte sie besser gegessen, nicht getrunken, hätte sie nicht ...
Ja, es war so einfach und gleichzeitig selten dämlich, ihr die Schuld zu geben. Und das angesichts der Tatsache, dass Daniel nicht einmal wusste, was in diesem Fall geworden wäre. Tina von ihm schwanger? Wollte er wirklich ein Wochenenddaddy werden? Nach dem jahrelangen Streit vor Gericht, um überhaupt als Vater anerkannt zu werden, versteht sich. Sie hätte ihn gehasst, weil er ihr Leben so eklatant beeinflusste. Mal wieder. Denn sie wollte gehen, sonst hätte er sie ja wohl kaum im Wald im strömenden Regen aufgegriffen, oder?
So lagen die Fakten, doch Daniel wusste es besser, auch wenn es naiv wirkte.
Dieses Kind – es hätte alle Schwierigkeiten gelöst. Wenn nicht sofort, dann später. Das Baby wäre das Bindeglied zwischen ihnen gewesen. Denn Liebe existierte! Auch von ihrer Seite. Es fehlte nur ...
Ja … was? Vielleicht Vertrauen, möglicherweise etwas, das die Vergangenheit vergessen machen konnte, das größer war, stärker – bedeutender .
Wie ein Kind. Gott, wie gern hätte er mit ihr dieses Baby gehabt ...
Doch es half nichts, sich weiter damit zu beschäftigen. Am besten verabschiedete er sich davon und ging zur Tagesordnung über. Auch wenn er sich derzeit standhaft weigerte, die vergangenen acht Stunden als Realität zu akzeptieren.
Nach einer Weile konnte er ihre Hand nehmen. Die größte Verbitterung war überwunden und damit gleichzeitig die Ungerechtigkeit. Auch sie traf keine Schuld. Und als er sah, dass sie wach wurde, ließ er ihr ein paar Minuten, um zu sich zu kommen bevor er sie ansprach. „Tina?“
Hörbar schluckte sie, doch es dauerte noch einmal, bevor sich auch ihre Lider hoben. Ein eisiger, toter Blick empfing ihn, während sie ihre Hand aus seiner löste und erneut schluckte.
„Was willst du hier?“
„Ich habe gewartet, bis du wach wirst.“
„Ich bin wach, du kannst gehen.“
Daniel schloss die Augen und zählte langsam bis zehn, zwang sich zur Ruhe. „Tina ...“, hob er schließlich bedächtig an. „So etwas passiert nun mal. Das ist nichts ...“
„Du sollst gehen!“, zischte sie. „Verschwinde endlich aus meinem Leben und lass dich nie wieder blicken. Ich hasse dich, kapiert! Verschwinde! “
„Tina!“
Entschlossen schob sie die Decke zurück und stand auf.
„Leg dich hin!“
Schon fuhr sie zu ihm herum. „Wann kapierst du endlich, dass du mir nichts zu sagen hast, du Arsch?“
Ihre Fäuste waren geballt, doch sie atmete einige Male sehr tief und fuhr dann gedämpfter fort. „Wo sind meine Sachen?“
„Die sind versaut, du kannst sie nicht mehr anziehen.“
„Das entscheide ich! Wo sind sie?“
Wortlos deutete Daniel zu dem kleinen Spind in der Ecke. Tina stürzte hinüber, inzwischen ziemlich blass und zerrte ihr Zeug heraus.
„Wo ist meine Tasche?“
„Keine Ahnung, im Haus, schätze ich.“
Das trieb sie in sichtliche Verzweiflung. „Aber ich brauche meine Tasche! “
„Vielleicht solltest du dich wieder hinlegen und ich hole sie dir“, schlug er vor – diesmal nicht ganz so behutsam.
„Vergiss es! Ich hol sie mir selbst!“
„Aha. Viel Spaß!“
„Was soll das heißen?“
Daniel hob nur die Schultern. Sie verschwand in dem kleinen Bad und kehrte kurz darauf zurück. Erstaunlich mies gekleidet und bemerkenswert bleich. Kein Galaempfang heute, vermutete er. Doch als sie tatsächlich zur Tür ging, verstellte er ihr eilig den Weg. „Was hast du vor?“
„Das geht dich nichts an. Lass mich vorbei!“
„Vergiss es!“
Diesmal war es an ihr, die Augen zu schließen. Für ein paar Sekunden durfte er ihre blassen Lider begutachten, in denen die feinen Äderchen violett hervortraten. Schließlich sah sie ihn an. „Daniel, entweder du lässt mich jetzt vorbei, oder ich kreische das gesamte Krankenhaus zusammen! Kapiert?“
„Du bist diejenige, die hier nichts kapiert“, erwiderte er dumpf. „Du bist frisch operiert, du kannst nicht ...“
„Und wie ich kann!“, giftete sie. „Bleib mir mit deiner Scheiße vom Leib, bleib mir überhaupt vom Leib, lass mich vorbei und ...“ Doch plötzlich verstummte sie und senkte den Blick. Und als sie aufsah, gehörte ihre Wut der Geschichte an. „Ich will gehen“, sagte sie langsam. „Für immer. Wenn ich durch diesen Wald laufen muss, um an meine Sachen zu gelangen, werde ich auch das tun. Ich ... kann einfach nicht länger bei dir bleiben
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