Keiner wie er (German Edition)
du gehörst nicht zum Personal. Die Entscheidung obliegt mir und ich habe entschieden. Geh zu ihr, ich kümmere mich um alles Weitere.“
„Dad, ich kann sie nicht ...“
Doch sein Vater schüttelte den Kopf. „Das ist mein letztes Wort.“ Damit ging er und ließ seinen Sohn wütend im Gang zurück. Sicher wusste Daniel, dass Jonathan richtig handelte, seine Reaktion auf eine eher alltägliche Angelegenheit sprach für sich. Ein Abort war nichts, ein Witz, wenn man es genau betrachtete.
Nur fühlte Daniel sich momentan alles andere als witzig. Es war sein Kind.
Seins!
Und er hatte es nicht einmal geahnt ...
Irgendwann senkte er den Kopf und ging wieder zu Tina. Die schlief, Daniel schätzte, irgendwer würde sich davon überzeugt haben, dass es in Ordnung ging. Ausdruckslos betrachtete er das blutleere Gesicht und fragte sich, was sie wohl dachte, wie sie die überraschende Nachricht aufnahm. Wenigstens für Tina stellte dies wohl die beste Lösung dar. Was sollte sie schon mit einem Baby?
Das war garantiert auch nicht gut fürs Geschäft.
* * *
Als Tina aufwachte, hielt sie die Augen geschlossen.
Seltsamerweise musste sie für keine Sekunde nachdenken, sondern wusste sofort, wo sie sich befand und vor allem weshalb.
Ein Baby ...
Sie hatte ein Baby erwartet. Eine Katastrophe, total ungeplant und auch noch auf diese Art davon zu erfahren, war nicht gerade sehr atemberaubend. Wie gern hätte sie sich jedoch mit all den Schwierigkeiten auseinandergesetzt, die diese Information auf den Plan gerufen hätte.
Sie sind schwanger, Miss Hunt. Das wird einige einschneidende Veränderungen mit sich bringen ...
Ja, möglicherweise hätte sie wirklich erst einmal schlucken müssen. Leichte Panik in der ersten halben Stunde wäre wohl auch eingetreten.
Doch das stellte jetzt ja alles kein Problem mehr dar. Es war fort. Weg. Wahrscheinlich in der Toilette dieses miesen kleinen Häuschens gelandet. Trauer schnürte ihren Hals zu, dabei beklagte sie etwas, das sie nie sehen würde, das nicht einmal wirklich existiert hatte. Tina erschien es wie ein Traum. Zum Greifen nah und wieder fort. Was hätte sie für ein Kind gegeben.
Ein Kind von ihm .
Und er nahm es ihr weg! Irgendwie nahm er ihr immer alles weg, oder? Erst gab er es ihr und dann ... schwupp!, verschwand es.
Um nichts davon hatte sie gebeten, hätte gut auf die Erfahrungen verzichten können. Denn es gestaltete sich so viel einfacher, eine Angelegenheit nie gehabt zu haben, als mit deren Verlust leben zu müssen. Immer polterte er in ihr Leben, ließ sie für ein paar Minuten oder Stunden glauben, alles würde gut werden, nur um es wieder zu zerstören.
Mühsam schluckte sie, doch diesmal half es nicht. Es gab wohl etwas, das nicht einmal Tina so einfach in die Versenkung würgen konnte.
Wie sollte sie weitermachen? Im Moment sah sie keine Möglichkeit, wusste ehrlich nicht, wie sie halbwegs in die Normalität zurückfinden sollte. Warum hatte er sie nicht einfach in Ruhe gelassen? Alles wäre so einfach gewesen. Unbekanntes konnte einem nicht fehlen. Ihr Leben war zuvor nicht unglücklich, sie liebte ihren Job, wie sie in der Weltgeschichte herumflog, ihren Erfolg. Ohne ihn hätte sie diese Sehnsucht nie zu spüren bekommen, die jetzt in ihr tobte.
Verdammt, sie hätte ein Baby haben können!
Nie zuvor hatte sich Tina derart müde gefühlt. Und daran trug nur er die Schuld! Bis vor ein paar Wochen gab es keine Probleme.
Und nun war nichts mehr in Ordnung!
* * *
Noch nie musste Daniel den hektischen Krankenhausbetrieb aus der Perspektive eines wartenden Angehörigen erleben.
Man hatte Tina für die Operation vorbereitet, die erforderlichen Untersuchungen vorgenommen und sie wenig später in den OP geschoben. Das Ganze dauerte nicht länger als zwanzig Minuten, dann wurde sie zurückgebracht. Die ständige Kontrolle des Blutdrucks übernahm Daniel, als er die ewigen Störungen der Nachtschwester nicht länger ertragen wollte.
Schon gar nicht nach Daddys Besuch. Der erschien eine halbe Stunde, nachdem man Tina brachte.
„Du hattest Recht. Ich kann nur schätzen, sie befand sich ungefähr in der achten Woche ...“ Behutsam legte er eine Hand auf Daniels Arm. „Das ist halb so tragisch. Ihr könnt es wieder ...“
Grimmig lachte Daniel auf. „Lass es!“
Jonathan ließ es. Seufzend verstärkte er flüchtig den Druck seiner Finger und ging.
Für den Rest der Nacht und des halben Vormittags saß Daniel an ihrem Bett und kämpfte gegen all den
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