Keiner wie er (German Edition)
bedeutend mehr Informationen, als beabsichtigt. Daniel hatte keine Skrupel, die Frau nach allen Regeln der Kunst auszuhorchen. Schließlich hatte sie sich freiwillig ausgeliefert und Tina bei seinem Vater nichts anderes getan. Und der war um einiges cleverer als Vera King, frühere Hunt. Ganz nebenbei sorgte Daniel dafür, dass die Frau ihn einfach lieben musste, sofern sie das noch nicht tat.
Am nächsten Morgen, bevor er sich von ihnen verabschiedete, weil er zum Dienst musste, servierte er ein Galafrühstück. Und spätestens in diesem Moment eroberte er auch das Herz des schweigsamen, aber äußerst hungrigen Collin.
Nach kurzer Überlegung ging Daniel sogar weiter und erklärte Vera (die sich inzwischen sichtlich wohl bei ihm fühlte), dass es mit Tina „... wirklich nicht sehr einfach ist.“
Was deren Mom mit einem tiefen Seufzen abnickte. Okay, in dieser Hinsicht stimmten sie schon einmal überein.
„Ich habe versucht, sie von dem Mist abzubringen, den sie mit sich und ihrem Leben veranstaltet“, fuhr Daniel eher beiläufig fort. Den Mantel hielt er bereits in der Hand und stand an seiner Appartementtür. Dass er zu spät kommen würde, spielte derzeit für ihn nur eine untergeordnete Rolle. Es musste doch irgendeinen Vorteil haben, dass ihm die dämliche Klinik gehörte, oder? „Sie ist zu dünn ...“
„Genau!“, rief Collin. Daniel und Vera fuhren zusammen. Abgesehen von dem gezischelten „ Vera! “ dann und wann, hatte der bisher nichts von sich gegeben. Über seinen unerwarteten Ausbruch scheinbar selbst ganz schockiert, widmete er sich sofort wieder seinem Ei.
Mrs. King – nachdem sie ihren eigenen Schreck überwunden hatte – nickte reichlich enthusiastisch. „Das sage ich ihr jedes Mal, aber sie weigert sich, anständig zu essen.“
„Ja, ich weiß“, seufzte Daniel. „Diese ständigen Koffeintabletten sind auch nicht sehr gesund.“
„Koffeintabletten?“
Düster nickte er. „Dazu nimmt sie diese furchtbaren Migränepräparate. Ich kann dir versichern, dass das auf die Dauer ein böses Ende nimmt.“
„Nein ...“, hauchte Vera.
„Doch ...“ In einer Blitzentscheidung fuhr er fort „Das entspricht dem brutalsten Raubbau an der Gesundheit. Nach der Fehlgeburt blieb Tina keinen halben Tag im Bett und ...“
„Fehlgeburt?“
Diesmal musste Daniel den düsteren Blick nicht einmal spielen. „Ich dachte, sie hätte euch davon erzählt. Tina erwartete ein Kind ... von mir. Ungeplant, selbstverständlich, sie dachte, die Pille wäre ausreichender Schutz. Aufgrund der jahrelangen Mangelernährung hat sie ...“ Müde winkte er ab. „Das würde wohl zu weit führen und ich meine Schweigepflicht verletzen. Aber ja, wir sollten ein Kind bekommen und sie verlor es ...“
Alles Witzige und Leichte, was die Dame sonst auszeichnete, hatte sich in Luft aufgelöst. Übrig blieb eine entsetzte Mutter, was ihn seinen groben Überfall ein wenig bereuen ließ. „Wann war das?“
„Im Frühling“, erwiderte er verhalten. „Deshalb schätze ich, tauchte sie in diesem Jahr zeitiger bei euch auf. Es bedeutete einen tiefen Einschnitt, auch wenn es bestimmt nicht ihren Plänen entsprach.“
„Sie wollte immer Kinder! Das habe ich dir erzählt!“
„Damals“, erwiderte Daniel. Längst saß er wieder. „Die Zeiten haben sich geändert.“
Energisch schüttelte Vera den Kopf. „Das glaube ich nicht. Und wenn ich darüber nachdenke ...“ Offenen Mundes blickte sie auf das mit Schnee bedeckte Dach des gegenüberliegenden Appartementhauses. „Sie hat mir nicht davon erzählt“, hauchte sie schließlich und sichtlich betrübt. Daniel nahm ihre Hand. „Ich könnte mir vorstellen, dass niemand davon erfuhr“, erwiderte er tröstend. „Worauf ich eigentlich hinauswollte ist, dass ich beide Tinas kenne, genau wie du. Die heutige und jene von damals. Sogar die von damals, als sie frisch ans College kam.“
In seiner Erinnerung gefangen, lächelte er flüchtig. „Ich glaube, momentan geht es ihr nicht sehr gut. Doch das würde sie nicht einsehen, so stur und trotzig wie sie ist. Ich weiß, dass ich zu einem großen Teil die Verantwortung dafür trage. Spätestens seit heute Nacht. Und ich sagte ihr bereits, dass ich alles tun würde, um es zu ändern. Aber sie will nicht, verstehst du?“
„Und nun?“, wisperte Mrs. King. Erst jetzt bemerkten wohl beide, dass sie zwar die halbe Nacht über die Vergangenheit gesprochen, jedoch kein Wort über die Zukunft verloren hatten. Damit war
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