087 - Gefangen in der Unterwelt
Jeff Parker konnte unglaublich stur sein, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Diesmal wollte er das Geheimnis des Cro-Magnon-Menschen ergründen, den er zusammen mit Dorian Hunter und Coco Zamis vor einigen Monaten auf der Teufelsinsel entdeckt hatte.
Der Steinzeitmensch faszinierte Jeff so sehr, daß er sich die gesamte erreichbare Literatur über die Steinzeit besorgte. Was er las, bestärkte ihn in seinem Entschluß. Hals über Kopf war er zu den klassischen Fundstätten aufgebrochen. Jetzt trieb er sich schon längere Zeit im Tal der Vezere und Dordogne herum. Er hatte die Steinzeithöhlen besucht, die Wandmalereien bewundert und sich mit einigen Prähistorikern angefreundet.
Seit vierzehn Tagen suchte er systematisch das Tal der Vezere ab. Vor einer Woche hatte sich ihm Henri Boucher angeschlossen. Boucher war dreißig, ein schmächtiger Mann, der einen gewaltigen schwarzen Vollbart trug. Er war Prähistoriker, lehrte in Toulouse und verbrachte seit vielen Jahren seinen Urlaub im Tal der Vezere.
Jeffs Jet-Set-Freunde hätten nicht schlecht gestaunt, wenn sie ihn jetzt hätten sehen können. Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, daß Jeff ein mehrfacher Millionär war. Er trug abgewetzte Jeans, ein buntes Baumwollhemd und Kletterschuhe. Sein Jungengesicht war von der Sonne dunkelbraun gebrannt, und das blonde Haar wirkte wie gefärbt.
In den vergangenen Tagen hatten sie einige kleine Höhlen entdeckt, in ihnen aber keine Wandmalereien vorgefunden.
Doch Jeff gab nicht auf. In Henri Boucher hatte er einen Gefährten gefunden, der ihn bei seiner Suche nur unterstützte. Beide waren von dem Gedanken fasziniert, daß es ihnen gelingen könnte, eine Höhle zu entdecken, die der Grotte de Lascaux ähnelte. Der Gedanke, daß in dieser Gegend schon vor 10 000 bis 35 000 Jahren Menschen gelebt hatten, erregte Jeff.
Das Tal war berühmt geworden, nachdem Straßenarbeiter in einer Kalksteinwand Knochen und Steinwerkzeuge entdeckt hatten. Wissenschaftler wurden hinzugezogen, die vier menschliche Skelette fanden, die von Waffen und Werkzeugen aus Feuerstein umgeben waren. Der Abri, unter dem man sie ausgegraben hatte, hieß Cro Magnon - und diesen Namen erhielten nun auch die neuentdeckten Urmenschen.
1940 machten vier junge Burschen einen Ausflug. Einer der vier, hatte seinen Hund mitgenommen, und dieser fiel in ein Loch. Es blieb ihnen keine andere Wahl sie mußten das Loch vergrößern.
Sonst hätten sie den Hund nicht retten können. Dann krochen sie in die Öffnung. Es ging mehr als sieben Meter in die Tiefe. Sie fanden den Hund, aber sie machten auch eine Entdeckung. Sie zündeten Streichhölzer an und stellten fest, daß sie sich in einer gewaltigen Höhle befanden. An den Wänden waren Stiere, Pferde, Wisente und Hirsche abgebildet. Die berühmte Höhle von Lascaux war entdeckt worden. Die vier Jungen erzählten ihrem Lehrer von der Entdeckung, und dieser Lehrer berichtete Frankreichs berühmtesten Prähistoriker Abbe Breuil davon.
Jeff blieb unter einem Felsvorsprung stehen und warf einen raschen Blick über den Fluß. Dann strich er mit beiden Händen über die Felswand. Auch Henri Boucher blieb stehen und klopfte mit einem Spaten den Boden ab.
„Wieder nichts", brummte Jeff unwillig und ging weiter. Nach einigen Schritten hielt er inne und beugte sich vor. Etwa fünf Meter über dem Fluß bemerkte er eine kleine dunkle Öffnung.
„Ist was, Jeff?" fragte Henri Boucher interessiert.
„Ich sehe mir diese Öffnung an", meinte Jeff. „Ich klettere hinunter. Halte mich bitte fest."
Boucher nickte. Er nahm das Seil zwischen beide Hände und schlang es um einen Felsvorsprung. Jeff stieg langsam die Steilwand hinunter. Die Öffnung befand sich nur zwei Meter unter ihnen. Er fand genügend Felsvorsprünge, an denen er sich festhalten konnte. Nach wenigen Sekunden hatte er die Öffnung erreicht. Sie maß ungefähr einen halben Meter im Durchmesser und war mit faustgroßen Steinen gefüllt. Jeff kniete nieder und warf die Steinbrocken in den Fluß. Boucher sah ihm neugierig zu.
„Soll ich helfen, Jeff?“
Der Millionär schüttelte den Kopf.
„Nicht nötig."
Fünf Minuten später hatte er die Hälfte der Steine weggeräumt. Eine dunkle Höhle, die in die Tiefe führte, wurde sichtbar.
„Komm herunter, Henri!" rief Jeff. „Ich habe eine Höhle entdeckt."
Beide arbeiteten wie besessen. Innerhalb weniger Minuten waren die restlichen Steine, die den Zugang versperrten, in den Fluß geworfen,
Weitere Kostenlose Bücher