Kells Rache: Roman (German Edition)
missgebildeten Kolosse fauchend und knurrend vor ihnen.
Kell brummte sarkastisch, knirschte mit den Zähnen und strich sich den grauen Bart. Vor seinen Füßen lagen fünf tote Canker, an sich schon eine Heldentat für einen Sterblichen, denn jeder einzelne Canker war ein schrecklicher Widersacher. Kells Augen funkelten dunkel und wild, und er senkte die blutverschmierte Axt ein wenig, als er begriff, dass die anderen Bestien abzuwarten schienen. Er quittierte diese Erkenntnis mit bellendem Gelächter.
»Was ist denn los, Leute?«, brüllte er. »Habt ihr euren Mumm etwa zu Hause gelassen, bei euern abgrundtief hässlichen Weibchen?«
Die Canker knurrten bösartig, während ihnen Geifer aus aufgerissenen Mäulern troff, in denen Reißzähne aus Messing wie Krummsäbel schimmerten. Hinter Kell stand keuchend Saark; sein langes, lockiges Haar hing ihm schweißnass vom Kopf, gespickt mit Knochenstücken und Fleischbrocken. Sein einst so wunderschönes Gesicht war jetzt nur noch eine Fratze der Qual.
»Worauf warten sie?«, flüsterte er, als fürchte er, dass seine Stimme die Bestien zum Handeln anspornen könnte.
Kell zuckte mit den Schultern. »Vermutlich finden wir das noch früh genug heraus.«
Nur Sekunden später teilte sich diese Phalanx aus zitterndem Fleisch, räudigem Fell und pervertiertem Uhrwerk. Ein gewaltiger Canker drängte sich durch die Meute. Kell konnte das heiße Öl riechen und glaubte sogar, dass er das winzige, sprunghafte Ticken des beschädigten Uhrwerks hören konnte.
»Jetzt sterben wir«, erklärte Saark.
»Nein!«, fuhr Kell ihn an. »Denn wenn wir sterben, stirbt auch Nienna. Falls wir sterben, können wir ihre Entführer nicht einholen. Wir können weder für Gerechtigkeit sorgen, noch können wir Rache nehmen! Also, Saark, halt die Klappe und konzentriere dich!« Kell richtete den Blick auf diese neue Kreatur, auf dieses gewaltige Biest, das fast drei Meter groß und beängstigend muskulös war, dessen Augen rot glühten und das förmlich nach Abnormität stank. Seine Haut war furchtbar blass, so wächsern wie die einer Leiche, außerdem vollkommen haarlos. Kell kniff die Augen zusammen. Fast, als wäre … als wäre diese Bestie aus den Albino-Soldaten von Graals Eiserner Armee geformt worden. Sein scharfer Blick glitt über die Wunden in der Flanke und der Brust des Cankers, in dessen Leib ein Uhrwerk aus Messing stotternd arbeitete. Der Vachine grinste, aber seine Augen blickten finster und unfreundlich. »Bei den Göttern, Jungchen, du stinkst wie ein zehn Wochen alter Kadaver, der an Ruhr und Pestilenz krepiert ist. Was zur Hölle stimmt nicht mit euch? Nein, spar dir die Antwort. Was es auch sein mag, meine Axt kann es kurieren.« Er ließ Ilanna spielerisch durch die Luft wirbeln, während er die Bestien scharf beobachtete. Plötzlich wurde ihm klar, dass sie seine Worte begriffen.
Ein Fauchen und Grollen durchlief ihre Reihen, und Kell registrierte, dass diese unheiligen Bestien ihn tatsächlich verstanden hatten. Sie besaßen tatsächlich Intelligenz?! Das ängstigte Kell mehr als ihre Abnormität. Und als diese riesige, dominante Kreatur vor ihm plötzlich sprach, trat Kell vor Überraschung einen Schritt zurück. Seine Stiefel knallten auf dem Beton, während er sich alle Mühe gab, seine Verblüffung nicht zu zeigen.
»Ich bin Nesh«, erklärte der Canker. Er sprach sehr bedächtig. Und obwohl er beim Reden durch seine langen, gebogenen Reißzähne beeinträchtigt wurde, erkannte Kell den Akzent: iopianisch. Das hätte eigentlich vollkommen unmöglich sein sollen. Dieses ganze Monstrum aus missgebildetem Fleisch und verbogenem Uhrwerk hätte unmöglich sein sollen. Die Kreatur war ein fleischgewordener Albtraum. »Mein General, Kriegsherr Graal, ersucht um die Ehre deiner Anwesenheit. Er garantiert dir sogar dein Leben im Austausch für deine Kooperation. Du darfst einwilligen, Menschlein.« Der Canker grinste; noch mehr Speichel troff auf die zerschmetterten, alten Betonträger des hohen Daches und bildete darauf eine Pfütze.
Kell trat noch einen Schritt zurück. Saark stand neben ihm, und Kell warf seinem Gefährten einen kurzen Blick unter den gesenkten Lidern zu. »Hast du schon einen Fluchtweg gefunden?«, murmelte er.
»Es gibt keinen Weg von diesem Dach herunter!«, erwiderte Saark. »Wir sitzen in der Falle!«
»Dann müssen wir uns wohl den Weg freikämpfen.«
Saark musterte die etwa zwanzig Canker. In dem Treppenhaus unter ihnen konnte er das Knurren
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