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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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in seinem Kopf.
    »Wie kann ich die Samenkörner aus dem Behälter des Raumboots in den Silotank schaffen?«
    »Du benötigst hierzu eine Substanzpumpe.«
    »Und wo finde ich eine – was? Substanzpumpe?«
    »Hier im Laderaum sollte sich eine befinden. Allerdings kann ich keine genauere Ortsangabe machen.«
    Kelwitt stieß einen Laut der Ungeduld aus, während er sich umsah. Unmöglich, in dem Durcheinander etwas zu finden, von dem er nicht einmal wusste, wie es aussah. »Tik, nenne eine andere Möglichkeit, den Samen in einer halben Zeiteinheit in den Silotank umzufüllen.«
    »Es gibt keine solche Möglichkeit. Die schnellste Vorgehensweise ist das Umpumpen mittels einer Substanzpumpe. Das Umpumpen des vollständig gefüllten Transportbehälters eines Raumboots dieser Bauart dauert dabei eine dreiviertel Zeiteinheit.«
    Kelwitt stieß einen Laut aus, den besser niemand gehört hatte. »Dann schaffe ich es ja überhaupt nicht mehr!«
    »Das ist korrekt.«
    »Und was ist, wenn ich nicht startbereit bin?«
    »Dann muss die Orakelfahrt entfallen. Soll ich die Steuerzentrale entsprechend benachrichtigen?«
    »Brack! Nein, natürlich nicht.« Kelwitt traute seinen Hörmembranen nicht. Die Orakelfahrt entfallen? All dieser Aufwand, um unverrichteter Dinge zurückzukehren? »Nein, keine Benachrichtigung. Die Orakelfahrt findet statt.«
    Er öffnete das Einschlupfloch des Raumboots. Brack, zum Geist des Verderbens mit dem Samenvorrat! Es war ja schließlich nicht seine Schuld, dass der Tank nicht umgefüllt worden war. Und startbereit war das Raumboot auch mit vollem Behälter. Was machte es schon aus, wenn er den Samen noch ein paar Tage durchs All kutschierte?
    Er stieg an Bord, schaltete alle Maschinen ein, wie er es im Anfängerkurs gelernt hatte, und wartete.
    Das Geräusch der Schiffsmotoren veränderte sich, wie immer, wenn das Schiff eine Sternstraße verließ. Gleich darauf kam die Startfreigabe aus der Steuerungszentrale.
    »Ich starte«, bestätigte Kelwitt nervös.
    Dabei war alles höchst einfach. Es gab eine Taste mit der Aufschrift »Ausschleusen«, eine mit der Aufschrift »Einschleusen« und einen Steuerhebel, um das Raumboot in alle Raumrichtungen zu bewegen. Alles, was er zu tun hatte, war, die Taste mit der Aufschrift »Ausschleusen« zu drücken.
    Einer der großen Greifer, die entlang der Decke des Laderaums verliefen, kam heran, packte einen an der Oberseite des Raumboots angebrachten Griff und hievte es hoch, um es in den Schleusenraum zu transportieren. Metallene Tore schlossen sich, öffneten sich, und er war im All. Das große Schiff wartete keinen Augenblick länger als unbedingt nötig, sondern hüllte sich sofort wieder in das blaue Leuchten, das dem Übergang auf die Sternstraße vorausging, und war im nächsten Augenblick spurlos verschwunden.

3
    So plötzlich allein in bodenloser Schwärze zu hängen war nun doch etwas anderes, als einen Anfängerschnellkurs in einer Simulationsanlage zu absolvieren. Kelwitt spürte, wie seine Seitenherzen kräftig pumpten, gerade so, als gelte es, den Rundflug um diesen Stern zu Fuß zu bewältigen. Wirklich etwas ganz anderes. Er lugte aus den Sichtluken, betrachtete die fremdartigen, ungewohnt spärlich über das Dunkel verteilten Sterne und fragte sich, ob das mit der Orakelfahrt so eine gute Idee gewesen war.
    Andererseits kamen diese Art von Bedenken ein bisschen spät. Egal, wie er sich fühlte, er würde warten müssen, bis das Schiff wieder zurückkam, um ihn abzuholen. Und die sechs oder sieben Tage bis dahin nutzlos an derselben Stelle zu hängen wollte er ganz bestimmt nicht.
    Er fasste behutsam in den Steuergriff und bewegte ihn ein wenig zur Seite.
    Sofort begann das Raumboot, sich zu drehen. Eigentlich genau wie im Simulator. Vielleicht war es doch nicht so anders.
    Eine große, auffallend helle Scheibe wanderte in sein Blickfeld. Das musste die Sonne sein.
    Seine Sonne.
    Kelwitts Stern.
    Kelwitt stoppte die Drehbewegung, holte sein Buch hervor und begann zu blättern. Eine gelbe Sonne. Kelwitts Stern war eine gelbe Sonne – was hatte das zu bedeuten?
    »›Gilt allgemein als günstiges Vorzeichen‹«, las er. »›Wenn der Stern aber keine Planeten aufweist, bedeutet es, dass der Besitzer keine herausragenden Fähigkeiten besitzt und ein Leben ohne besondere Ereignisse, weder im Guten noch im Schlechten, führen wird.‹« Mit anderen Worten, dass ihn ein absolut langweiliges Leben erwartete. Das konnte ja wohl nicht wahr sein. Blieb bloß

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