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Kid & Co - V3

Titel: Kid & Co - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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über den Vorsprung zu ihm herab. Da er durstig war, fing er, sich mit Händen und Füßen festkrallend, einige dieser Stückchen mit den Lippen und ließ sie im Munde zergehen, um sich auf diese Weise zu erfrischen.
    Er hörte Carson schwer atmen, vernahm ein klagendes Stöhnen der Verzweiflung und merkte, daß das Seil wieder nachließ, so daß er sich aus allen Kräften festhalten mußte. Das Seil straffte sich jedoch gleich wieder. Mit großer Anstrengung gelang es ihm, einen Blick den Steilhang hinaufzuwerfen. Er spähte einige Sekunden vergeblich empor... dann sah er, wie das Messer mit der Spitze nach unten über den Rand des Vorsprungs zu ihm herunterglitt. Er preßte seine Wange dagegen, zuckte zusammen, als er fühlte, wie die Schneide seine Haut zerschnitt, drückte wieder stärker und merkte dann, daß das Messer liegenblieb.
    »Ich bin doch ein Esel«, klang es bedauernd von oben.
    »Nur ruhig, ich habe es«, antwortete Kid.
    »Schön, aber warten Sie ein bißchen. Ich habe eine Menge Bindfaden in der Tasche. Ich lasse ihn zu Ihnen hinab, und dann schicken Sie mir das Messer wieder herauf.«
    Kid antwortete nicht. Ihm schoß plötzlich ein Einfall durch den Kopf.
    »Hallo, Sie da... jetzt kommt der Bindfaden! Sagen Sie mir, ob Sie ihn bekommen haben.«
    Ein kleines Taschenmesser, das am Ende des Bindfadens festgebunden war, glitt über das Eis herab. Kid fing es auf.
    Durch eine rasche Bewegung mit den Zähnen und der einen Hand gelang es ihm, die große Klinge zu öffnen; er überzeugte sich, daß sie scharf war. Dann band er das Messer an den Bindfaden. »Hinaufziehen!« rief er.
    Mit gespannten Blicken beobachtete er, wie das Messer nach oben gezogen wurde. Aber er sah noch mehr... er sah einen kleinen Mann, der voll tödlicher Angst und dennoch unerschrocken, zitternd und mit klappernden Zähnen, krank vor Schwindel, Übelkeit und Furcht heldenmütig überwand.
    Seit Kid Kurz getroffen, hatte er noch keinem so schnell aufrichtige und warme Freundschaft entgegengebracht wie diesem Manne. »Glänzend«, erklang die Stimme von oben über den Vorsprung zu ihm hinab. »Jetzt werden wir im Handumdrehen aus diesem Eisloch heraus sein.«
    Die erschütternde Anstrengung, Mut und Hoffnung aufrechtzuerhalten, die aus Carsons Stimme herausklang, war für Kid entscheidend.
    »Hören Sie, Carson«, sagte er ruhig, während er sich vergeblich bemühte, das Bild Joy Gastells aus seinem Gehirn zu bannen. »Ich habe Ihnen das Messer hinaufgeschickt, damit Sie sich aus dieser Lage befreien. Ich werde jetzt mit dem Taschenmesser das Seil durchschneiden. Es genügt, wenn einer von uns beiden zum Teufel geht. Verstanden?«
    »Beide oder keiner«, kam die barsche, aber zitternde Antwort zurück. »Wenn Sie noch eine Minute ausharren...«
    »Ich habe schon zu lange ausgeharrt. Ich bin nicht verheiratet. Ich habe keine anbetungswürdig dünne Frau, keine Kinder und keine Apfelbäume, die auf mich warten. Jetzt müssen Sie sehen, daß Sie wenigstens aus dem Dreck herauskommen... und das bald...«
    »Warten Sie doch... um Gottes Willen, warten Sie...«, schrie Carson zu ihm herab. »Das dürfen Sie nicht! Geben Sie mir doch eine Möglichkeit, Sie zu retten. Nur ruhig, alter Freund! Wir werden es schon kriegen! Sie werden sehen! Ich haue jetzt Löcher, die groß genug sind, um ein ganzes Haus mit Scheune heraufzuholen.«
    Kid antwortete nicht. Ruhig und sicher, wie gebannt von dem, was er im Geiste sah, sägte er weiter mit dem Messer, bis der eine von den drei Strängen durchschnitten war.
    »Was tun Sie«, rief Carson verzweifelt. »Wenn Sie es durchschneiden, verzeihe ich es Ihnen nie... Niemals... Ich sage Ihnen ja: entweder kommen wir beide aus dem Dreck hinaus oder keiner von uns... Wir werden die Sache schon deichseln... Nur warten! Um Gottes willen...«
    Und Kid, der den durchschnittenen Strang, der kaum fünf Zoll vor seinen Augen baumelte, anstarrte, empfand eine so jämmerliche Furcht wie noch nie in seinem Leben. Er wollte nicht sterben... er prallte zurück, als er in den schimmernden Abgrund unter sich blickte, und die sinnlose Angst ließ sein Gehirn die törichtesten Vorwände hervorsuchen, um die Sache in die Länge zu ziehen...
    »Gut«, rief er hinauf. »Ich werde noch warten. Tun Sie, was Sie können. Aber ich sage Ihnen, Carson, sobald wir wieder zu gleiten beginnen, schneide ich das Seil durch.«
    »Pscht... Nicht daran denken... Wenn wir uns wieder bewegen, geht es nach oben! Ich klebe wie eine Klette...

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