Kid & Co - V3
hinaufziehen und mußte dafür eine kleine Rüge von Fräulein Gastell einstecken... dann erst folgte er selber.
Joy Gastell sah ihn mit leuchtenden Augen an, während ihr Vater und Carson sich bemühten, das Seil aufzuwickeln. »Es war prachtvoll, daß Sie das Seil durchschnitten«, erklärte sie. »Es war... es war einfach herrlich...«
Kid lehnte die Bewunderung mit einer Handbewegung ab.
»Ich habe schon die ganze Geschichte gehört...«, erklärte sie. »Carson erzählte sie mir. Sie haben sich geopfert, um ihn zu retten.«
»Keine Rede davon«, log Kid. »Ich hatte ja schon längst das kleine Schwimmbecken unter mir gesehen.«
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Eier
An einem klaren Wintermorgen gab Lucille Arral in dem großen Laden der A. C. Company Kid über den Ladentisch hinweg einen geheimnisvollen Wink. Der Verkäufer war auf einer Forschungsreise in das Innere der Lagerräume verschwunden, und trotz dem dickbäuchigen, rotglühenden Ofen hatte Lucille sich wieder ihre Handschuhe angezogen.
Kid gehorchte bereitwillig. In Dawson gab es keinen Mann, dem eine Auszeichnung Lucilles nicht geschmeichelt hätte. Sie war nämlich die sehr beliebte und fesche Soubrette der kleinen Sängertruppe, die allabendlich in der Palast-Oper auftrat.
»Es ist schrecklich langweilig hier«, klagte sie mit einer bezaubernden Ausgelassenheit, sobald sie Kid die Hand gegeben hatte. »Eine ganze Woche lang ist gar nichts Interessantes vorgefallen. Und der Maskenball, den Stiff Mitchell arrangieren wollte, ist verschoben worden. Es wird kein Goldstaub umgesetzt! Nicht einmal das Opernhaus ist abends voll. Und es ist länger als zwei Wochen her, daß wir die letzte Post bekamen. Die ganze Stadt ist in ihre Höhle gekrochen und schläft den Winterschlaf... Wir müssen etwas anstellen... es muß Leben in die Bude kommen, und das können wir beide schon schaffen. Wenn jemand die Stadt auf den Kopf stellen kann, dann sind wir beide es. Ich habe übrigens mit Wild Water gebrochen, wissen Sie.«
Kid sah sogleich zwei Bilder vor sich. Das eine stellte Joy Gastell dar. Das andere zeigte ihn selbst im Schein des kalten nördlichen Mondes auf einem öden Schneefeld liegend, und es war der obenerwähnte Herr Wild Water, der ihn mit gutgezielten und schnellen Schüssen niedergeknallt hatte. Kids Neigung, die Stadt mit Lucille Arrals Hilfe auf den Kopf zu stellen, war demgemäß so gering, daß sie es bemerken mußte.
»Ich meine gar nicht das, was ich Ihrer Meinung nach jetzt meinen sollte... danke schön«, sagte sie, schnippisch lachend, aber doch ein bißchen gekränkt. »Wenn ich mich Ihnen einmal an den Hals werfe, so müssen Sie Ihre Augen besser aufmachen... sonst wissen Sie gar nicht, wie ich aussehe.«
»Andere Männer wären einfach am Herzschlag tot umgefallen, wenn ihnen ein so unerhörtes Glück in den Schoß gefallen wäre«, murmelte er und versuchte vergeblich seine Erleichterung zu verbergen.
»Sie Lügner«, antwortete sie gutgelaunt. »Sie wären wohl eher aus Angst gestorben. Aber ich will Ihnen etwas erzählen, Herr Alaska-Kid: Nichts liegt mir ferner, als mit Ihnen zu flirten, und wenn Sie es wagen sollten, mir den Hof zu machen, so wird Herr Wild Water sich Ihrer schon annehmen. Sie kennen ihn ja. Außerdem... außerdem habe ich nicht ganz mit ihm gebrochen.«
»Na... nur weiter mit Ihren Rätseln«, neckte er sie. »Vielleicht kriege ich doch noch heraus, was Sie eigentlich wollen, wenn Sie mir nur ein bißchen Zeit lassen... ich hab' so eine lange Leitung.«
»Da gibt es nichts herauszukriegen, Kid. Ich will es Ihnen ganz offen erklären. Wild Water glaubt, ich hätte mit ihm gebrochen... verstehen Sie?«
»Ja, aber haben Sie es oder haben Sie es nicht?«
»Ich habe es nicht, daß Sie's wissen! Aber das bleibt unter uns beiden... auf Ehre! Ich habe nur ein bißchen Krach mit ihm gemacht, so als ob ich mit ihm brechen wollte... und er hat es auch verdient, glauben Sie mir... wirklich!«
»Und wo bleibt mein Stichwort?« fragte Kid.
»Wie? Na ja, Sie werden eine Menge Geld verdienen, und wir machen Wild Water ein bißchen lächerlich und stellen dabei ganz Dawson auf den Kopf... und, was das Allerbeste ist... Wild Water wird eine gesunde kleine Lehre erhalten. Er hat es wirklich nötig... aber wirklich, sage ich Ihnen. Er ist... na, ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll... er ist eben ein bißchen zu wild, der liebe Junge! Er macht sich so furchtbar wichtig... und nur, weil er so `n großer Lümmel ist und weil er so viel
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