Kid & Co - V3
blitzte.
»Labiskwee!« rief Kid, und seine Stimme klang herrisch.
Ihre Hand zauderte.
»Tue es nicht«, sagte er und trat zu ihr.
Sie zitterte vor Wut, steckte aber doch das Messer nach kurzem Zögern langsam wieder in die Scheide. Als ob sie fürchtete, sich nicht länger beherrschen zu können, ging sie schnell zum Feuer und schürte es. McCan erhob sich jammernd und schimpfend, und halb wütend, halb verängstigt begann er eine unverständliche Entschuldigung zu stottern.
»Wo hast du das da her...?« fragte Kid.
»Untersuche seine Kleider«, rief Labiskwee.
Es waren die ersten Worte, die sie sprach, und ihre Stimme bebte noch vor Zorn.
McCan versuchte Widerstand zu leisten, aber Kid hielt ihn mit harter Hand fest und untersuchte ihn vom Scheitel bis zur Sohle. Er fand auch in der Armhöhle ein Stück Rentierfleisch, das die Körperwärme schon aufgetaut hatte. Ein kurzer Ausruf Labiskwees erregte Kids Aufmerksamkeit. Sie war zu McCans Bündel hingesprungen und öffnete es jetzt. Statt Lebensmittel fand sie nur Moos, Fichtennadeln, Späne... allerlei leichten Abfall, den er statt des Fleisches in das Bündel gepackt hatte, damit es wohl dieselbe Größe, aber nicht dasselbe Gewicht hatte.
Wieder fuhr die Hand Labiskwees an ihre Hüfte, und sie stürzte sich auf den Verbrecher, wurde jedoch von Kids Arm zurückgehalten. Erst da ergab sie sich seinem Willen, während sie noch vor zwecklosem Zorn schluchzte.
»Oh, Geliebter, glaub' mir, es ist nicht des Proviants wegen«, ächzte sie, »sondern weil es dein Leben gilt. Dieser Köter! Er verzehrt dein Leben, wenn er uns bestiehlt... er frißt dich auf.«
»Wir werden schon weiterleben«, beruhigte Kid sie. »Von jetzt an kann er das Mehl tragen. Das kann er jedenfalls nicht roh essen... und wenn er es doch tun sollte, würde das Selbstmord für ihn bedeuten, denn er fräße dann nicht nur mein Leben, sondern auch deines.« Er drückte sie fester an sich. »Geliebte, Töten ist Männerarbeit... Frauen dürfen es nicht.«
»Würdest du mich denn nicht mehr lieben, wenn ich den räudigen Köter töten würde?« fragte sie überrascht.
»Nicht mehr so wie jetzt«, antwortete Kid verlegen.
Sie seufzte.
»Nun gut«, sagte sie, »dann werde ich es nicht tun.«
Die jungen Männer setzten ihre Verfolgung unbarmherzig fort.
Teils durch merkwürdige Zufälle, teils durch Berechnung, welchen Weg die Flüchtlinge einschlagen mußten, gelang es den Verfolgern wirklich, die Fährte zu finden, die das Schneegestöber inzwischen verhüllt hatte, und sie folgten ihr unverdrossen.
Wenn Schneesturm herrschte, machten Kid und Labiskwee die unwahrscheinlichsten Umwege, um sie irrezuleiten -, bogen nach Osten ab, wenn der bessere Weg süd- oder westwärts ging, oder ließen eine niedrige Wasserscheide links liegen, um eine höhere zu erklimmen. Da sie sich nun doch einmal verirrt hatten, spielte ein Umweg keine Rolle mehr.
Und doch gelang es ihnen nicht, die Verfolger abzuschütteln.
Zuweilen gewannen sie einen Vorsprung von einigen Tagen, aber immer wieder tauchten die jungen Männer auf.
Kid konnte die Tage nicht mehr zählen. Er kannte sich nicht mehr aus mit Tagen und Nächten, mit Stürmen und Lagern.
Das Ganze war wie ein ungeheurer, wahnsinniger Fiebertraum von Leiden, Qualen und Anstrengungen, durch die Labiskwee und er sich vorwärtskämpften... während McCan irgendwie und irgendwo hinter ihnen herstolperte. Sie flohen schwarze Canons hinab, deren Wände so schroff waren, daß die Felsen trotz der Kälte schneefrei waren. Sie wateten durch vereiste Täler, wo gefrorene Seen tief unter der Schneekruste lagen, auf der sie wanderten. Hoch über der Baumgrenze lagerten sie ohne Feuer machen zu können, so daß sie das Fleisch nur durch die Wärme ihrer Körper auftauen und genießbar machen konnten. Und doch verlor Labiskwee keinen Augenblick ihre gute Laune -, höchstens, wenn sie McCan sah. Und ihre Liebe zu Kid blieb immer gleich beredt und unstillbar.
Wie eine Tigerin überwachte sie die Verteilung der mageren Rationen, und Kid konnte merken, daß sie seinetwegen McCan um jeden Bissen, den er in den Mund steckte, grollte. Einmal verteilte sie die Rationen. Das erste, was Kid hörte, waren wilde Widersprüche seitens McCans - sie hatte nicht nur ihm, sondern auch sich selbst kleine Rationen gegeben, damit Kid um so mehr erhielt. Von diesem Tage an nahm Kid selbst die Verteilung vor.
Eines Nachts hatte es geschneit, und am nächsten Morgen gerieten sie in
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