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Kid & Co - V3

Titel: Kid & Co - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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eine Lawine, die sie viele hundert Meter weit den Berg hinabschleuderte. Halb erstickt, aber unverletzt tauchten sie wieder auf... nur McCan hatte sein Bündel mit dem gesamten Mehlvorrat verloren. Eine zweite, noch größere Lawine begrub es vollkommen, so daß sie keine Hoffnung mehr hatten, es wieder auszugraben. Aber von diesem Tag an war Labiskwee nicht mehr imstande, McCan anzusehen, obgleich er an dem Unfall völlig unschuldig war, und Kid wußte genau, daß sie einfach nicht den Mut hatte, ihn anzusehen... sie wußte, daß sie ihn sonst töten würde.

    Dann kam ein Morgen, an dem es vollkommen windstill und der Himmel klar und blau war. Weiße Sonnenlichter flackerten auf dem weißen Schnee, und der Weg führte einen langen breiten Hang hinauf, der von einer dünnen Eiskruste bedeckt war. Wie müde Gespenster schlichen sie sich durch diese totenstille Welt vorwärts. In der eisigen, unwirklichen Stille regte sich kein Hauch. Weiße Gipfel, die Hunderte von Meilen entfernt hinter dem Grat der Rocky Mountains auftauchten, schienen so nahe, als seien sie nur fünf Meilen von ihnen entfernt.
    »Es wird etwas geschehen«, flüsterte Labiskwee. »Kannst du es nicht merken... hier, dort, überall...? Alles ist heute so seltsam.«
    »Ich empfinde auch einen merkwürdigen Schauer, der nicht von der Kälte herrührt«, antwortete Kid. »Und Hunger ist es auch nicht.«
    »Er ist in deinem Herzen... in deinem Gehirn«, bestätigte sie erregt. »So empfinde ich es nämlich auch.«
    »Aber es hat eigentlich nichts mit meiner Stimmung zu tun«, erklärte Kid. »Es kommt von außerhalb, merke ich, und durchschauert mich wie Eis. Es sind meine Nerven.«
    Eine Viertelstunde mußten sie stehenbleiben, um Atem zu schöpfen.
    »Ich kann die fernen Gipfel nicht mehr sehen«, sagte Kid.
    »Die Luft wird so dick und schwer«, sagte Labiskwee. »Ich kann kaum atmen.«
    »Es sind drei Sonnen da«, murmelte McCan heiser und wankte, obgleich er sich auf seinen Stock stützte. Sie sahen tatsächlich je eine falsche Sonne zu beiden Seiten der richtigen.
    »Jetzt sind es fünf«, erklärte Labiskwee. Und noch während sie emporstarrten, bildeten sich neue Sonnen vor ihren Augen, Sonnen, die blaß funkelten.
    »Mein Gott!« schrie McCan voller Furcht. »Der Himmel ist voller Sonnen, die man nicht zählen kann.«
    Und es war wahr; denn wo sie auch hinsahen, flammten und funkelten neue Sonnen an der Himmelswölbung.
    McCan schrie auf vor Überraschung und Schmerz. »Ich bin gestochen worden«, rief er.
    Dann kam die Reihe zu schreien an Labiskwee, und Kid fühlte gleichzeitig einen Stoß und einen Stich an seiner Wange, so kalt, daß es wie Säure brannte. Es erinnerte ihn an vergangene Zeiten, wenn er im salzigen Meere schwamm und von Quallen verbrannt wurde. So ähnlich empfand er selbst den Schmerz, daß er ganz mechanisch die Hand hob, um die beißende Substanz, die gar nicht da war, von seiner Wange zu wischen.
    Da knallte ein Schuß, seltsam dumpf, wie durch Watte. Am Fuße des Hanges standen die jungen Männer auf ihren Schneeschuhen, und einer nach dem andern feuerten sie ihre Gewehre ab.
    »Wir müssen uns verstreuen«, kommandierte Kid, »und dann klettern, so schnell wir können! Wir sind ja gleich auf dem Gipfel. Sie sind eine Viertelmeile unter uns, und das bedeutet einen Vorsprung von etlichen Meilen, wenn wir erst die andere Seite des Hanges hinuntergefahren sind.«
    Mit Gesichtern, die von den unsichtbaren Stacheln der Luft gestochen und verbrannt wurden, entfernten sich die drei voneinander und kletterten die Schneefläche hinauf. Der gedämpfte Knall der Stutzen klang wie verzaubert in ihren Ohren.
    »Gott sei Dank«, sagte Kid zu Labiskwee, »daß drei von ihnen nur alte Musketen haben und nur der eine einen Winchesterstutzen. Außerdem machen die vielen Sonnen ihnen ein sorgfältiges Zielen unmöglich.«
    »Es zeigt aber, wie wütend mein Vater ist«, erklärte sie. »Sie haben offenbar den Befehl, uns zu töten.«
    »Wie merkwürdig du sprichst«, sagte Kid. »Deine Stimme klingt wie aus weiter Ferne.«
    »Bedecke deinen Mund«, schrie Labiskwee plötzlich. »Und sprich nicht! Ich weiß, was es ist! Deck den Mund mit deinem Ärmel zu!«
    McCan war der erste, der hinfiel. Er kämpfte kraftlos, um wieder auf die Beine zu kommen. Und dann fielen sie alle ein über das andere Mal, ehe sie den Gipfel erreichten. Ihr Wille war stärker als ihre Muskeln... sie wußten selbst nicht, was eigentlich geschah, sie fühlten nur, daß

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