Kielwasser
gehen. Ich hab jetzt noch mehr Appetit als vorher. Und ein paar Gläser Wein können mir auch nicht schaden.«
»Geh allein. Ich habe keinen Hunger. Ich bleib im Wagen und versuche mich zu erinnern, woher ich den Kerl kenne.«
»Kein Problem. Der Typ bleibt auch ruhiger, falls er dich tatsächlich kennen sollte und das nicht wahrhaben will. Ich entschuldige dich bei den anderen.«
»Danke, Schumi. Und guten Appetit.«
Schumann verließ den Wagen und verschwand im Haupthaus des Tauchzentrums. Jung lehnte sich entspannt gegen die Rücklehne seines Sitzes, legte den Kopf in den Nacken und starrte gegen den Autohimmel. Er versuchte, sich zu konzentrieren. Die Hitze im Wageninneren war lästig. In der Ferne hörte er Donnergrollen und registrierte erleichtert, dass es seit dem letzten Mal nicht näher gekommen war. Er zermarterte sich wieder sein Hirn, ohne Erfolg. Er vermochte sich nicht zu erinnern, woher er den falschen Franzosen kannte und warum ihm das Duo Karl und Paul suspekt erschien. Schließlich gab er seine Anstrengungen auf.
Er schreckte auf, als Schumann ihn unsanft schüttelte und von seinem Sitzplatz aufscheuchte. Jung wusste nicht, wie lange er vor sich hingedöst hatte. Es musste schon ziemlich spät am Nachmittag sein. Schumann mahnte zum Aufbruch. Aus seinem Mund strömte der saure Dunst von Wein. Die Truppe musste ein ausgelassenes Mahl hinter sich haben, denn auch die Zeitungsfrau plauderte freudig und etwas zu beschwingt auf den Fahrer ein. Jung drängte sich die Frage auf, ob sie auch ihren journalistischen Pflichten nachgekommen waren, fotografiert oder sich Notizen gemacht hatten.
An der Ausfahrt hatten sich die Dorfkinder in größerer Zahl eingefunden und warteten gespannt auf die exotischen Weißen in ihren funkelnden Autos mit den begehrten Schätzen. Schumann ließ anhalten und sie verschenkten noch einmal Wasser, Äpfel und die restlichen Lunchpakete.
Bald hatte die Klimaanlage für angenehme Temperaturen im Auto gesorgt. Jung nahm an der regen Unterhaltung seiner Begleiter nicht teil. Er war gedanklich unablässig damit beschäftigt, Karl und Paul einzuordnen. Er fluchte lautlos vor sich hin, als ihm das nicht gelang. Langsam wurden alle ruhiger, später träge und schließlich dämmerte die Fahrgemeinschaft müde vor sich hin. Nur der Fahrer hielt sich mit viel Wasser wach. Nach längerer, ereignisloser Fahrt fädelten sie sich in den zähen Verkehr auf der N1 ein. In Gegenrichtung war nichts los, und Jung blickte neidvoll auf das leere Asphaltband neben ihnen. Es dauerte nicht lange und der Verkehr kam vollständig zum Erliegen. Vor ihnen erstreckte sich eine unübersehbare Autoschlange. Ihr Fahrer fluchte und schreckte die Insassen aus ihrem Dämmer hoch. Sie hielten hinter einem Lkw. Das Fahrerhaus war leer. Auf der offenen Ladefläche lagen zwei Männer und schliefen auf Getreidesäcken. Es war gespenstisch ruhig. Der Grund für den Aufenthalt war nicht zu erkennen. Menschen waren auf der Straße nicht zu sehen.
Schumann stieg aus und winkte die MPs aus ihrem Jeep. Sie besprachen sich kurz, Schumann stieg zu ihnen in den Jeep und sie fuhren an der wartenden Kolonne vorbei nach vorn. Es dauerte lange, bis sie in Begleitung eines Jeeps der Französischen Fremdenlegion wiederkehrten.
»Was ist los, Schumi? Gibt’s Probleme?«, empfing ihn Jung.
»Wir haben da vorn einen reißenden Strom. Da kommt keiner durch. Ein großer Lkw hat’s versucht und liegt jetzt mittendrin auf der Seite.«
»Und was passiert nun?« Jungs Stimmung war gereizt.
»Wir müssen warten, bis das Wasser abgelaufen ist und der Lkw geborgen werden kann. Unseren französischen Freunden geht’s genauso.« Er zeigte mit der Hand hinter sich auf die Legionäre und warf ihnen ein aufmunterndes Lächeln zu.
»Schöne Aussichten.« Jung konnte nur schwer an sich halten, nicht laut zu fluchen.
»Es gibt noch eine Chance.« Schumann stützte sich mit den Händen auf der Wagentüre ab und sprach durch die heruntergelassene Scheibe zu den Wartenden. »Die Franzosen haben Geländekarten dabei und kennen sich in der Wüste aus. Wir könnten die Straße verlassen und durch die Wüste nach Dschibuti zurückfahren.«
Die Fremdenlegionäre hatten inzwischen auf dem Kühler ihres Jeeps eine große Karte ausgebreitet. Schumann und die MPs traten hinzu, und sie beugten sich gemeinsam über das Papier, fuhren mit den Fingern darüber und zeigten hierhin und dorthin. Schließlich richteten sie sich wieder auf und gingen zu
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