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Kielwasser

Kielwasser

Titel: Kielwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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ausladende Schirmakazie und spendete einem engen Gehege Schatten, das um den Stamm herum errichtet worden war und einige Antilopen und Affen beherbergte. Ein beißender Gestank breitete sich in der Nähe des Käfigs aus.
    Sie hatten ihre Fahrzeuge verlassen. Nach der angenehmen Kühle im Auto traf sie die Mittagshitze unvorbereitet und heftig. Jung frohlockte, als er auf den Gesichtern und Hälsen der Zeitungsmenschen Schweißperlen ausmachte. Er warf Schumann einen Blick zu, den dieser schmunzelnd quittierte.
    Die Tür zum Haupthaus öffnete sich und ein Mann in Bermudas, blauem T-Shirt und Flipflops trat ihnen entgegen. Jung registrierte den Mann als Erster und zuckte zusammen. Er kannte ihn. Er war sich ganz sicher, aber er wusste nicht, woher er ihn kannte. Es musste lange her sein. Jung zermarterte sich das Hirn. Er registrierte nur beiläufig das ausgedehnte Empfangszeremoniell und fand erst auf der hübschen, schattigen Terrasse über dem Ufer zurück zu einer halbwegs normalen, aber noch immer abgelenkten Aufmerksamkeit. Die Feldjäger waren draußen bei ihren Lunchpaketen im Jeep geblieben. Die Pressevertreter, der Fahrer und sie beide waren die einzigen Gäste und nahmen an einem langen Tisch und auf Bänken Platz, die Jung an Biergärten in Deutschland erinnerten.
    »Qu’avez-vous à manger pour nous? Nous avons faim et très soif«, hörte Jung die Journalistin fragen.
    »Mais volontiers, chère madame. Je vous recommande des diverses sandwichs, du fromage, du thon …«
    »Avez-vous quelque chose de chaud aussi? Quelque chose plus recherche?«
    »Oui, certainement, chère Madame. J’ai du poisson tout frais, preparé sur gril, avec deux sauces très epicèes, une salade mixte, du pain et des frites.«
    »C’est ça, que je prends. Herr Jung, was ist mit Ihnen?«
    Jung wunderte sich, wie perfekt Frau Fußmeier Französisch sprach. Er war noch immer nicht ganz bei der Sache und sagte einfach: »Ja, ich auch.« Die anderen entschieden sich ebenfalls für gegrillten Fisch und Brot.
    »Bon, très bien, alors du poisson pour tout le monde, s’il vous plaî t . Vous desirez aussi un bon vin de table? Je vous recommande notre Rose de Touraine, leger et fruit. Très agréable avec le poisson. Nous l’importons en direct de France.«
    »Jeder mit Wein einverstanden? Ich sehe keinen Widerspruch. Alors, deux bouteilles, s’il vous plaît.«
    Jung sah sich um. Die Aussicht auf den in der Sonne glitzernden Golf von Tadjoura war fantastisch. Vor ihnen, an einem kurzen Steg, wiegten sich leichte Sportboote und Dingis im Wasser und zerrten an ihren Leinen. Landseitig erkannte Jung ferne Bergrücken, über denen sich inzwischen gewaltige Gewittermonster auftürmten. Erste Blitze zuckten aus ihren schwarzen Unterseiten. Ein fernes, leises Grollen erreichte die Tischgesellschaft. Sie ließen sich davon nicht weiter stören.
    Der Maître kam mit dem Wein und stellte die Gläser vor sie auf den Tisch.
    »Ich kenne Sie. Wo haben wir uns schon einmal getroffen? Es muss Jahre her sein. Erinnern Sie sich an mich?«, wandte sich Jung unvermittelt an den Wirt und suchte aufmerksam nach einer Reaktion in seinen Augen.
    »Excusez-moi, Monsieur. Je n’ai pas compris. Pourriez-vous peut-être traduire, madame?« Der Maître machte ein erstauntes Gesicht und starrte dann auf die Frau, als suche er dort Schutz vor einer ungehörigen Zudringlichkeit.
    »Schon gut. Ich muss mich wohl täuschen. Entschuldigung.« Jung wandte sich ab und warf der Journalistin einen beschwichtigenden und um Verzeihung bittenden Blick zu.
    »D’accord, patron, ce n’est pas important. Prost, meine Herren, auf diesen idyllischen Ort und das unvergleichliche Panorama. Hoffentlich ist der Fisch genauso gut.«
    Die Dame hatte das Kommando am Tisch übernommen, was ihr Spaß zu machen schien. Sie sah besorgt zu Jung hinüber. Auch Schumann sah ihn aufmerksam und etwas ratlos an. Jung fühlte sich unbehaglich. Er schaute hinter sich und entdeckte an einer Stallwand, ein Dutzend Schritte entfernt, ein Schild mit einem Pfeil: ›Toilettes‹. Er erhob sich, eine Entschuldigung murmelnd, von seinem Sitz und verschwand in Richtung des Pfeiles um die Hausecke. Nur einige Schritte und er hatte das hölzerne Plumpsklo erreicht, das an der kurzen Wand des Haupthauses klebte.
    Die Latrine präsentierte sich nur unwesentlich erträglicher als die im Flughafen Dschibuti International, die er schon bei ihrer nächtlichen Einreise verschmäht hatte. Er wollte sich

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