Killing Game
lag mitten in dem Durcheinander wie ein kaputtes Spielzeug, das niemand mehr haben wollte.
Die Beine standen in obszöner Weise ab, die Arme waren ausgebreitet, als wäre sie gekreuzigt worden, die Haut war übersät mit indigoblauen Beulen, ihr kastanienbraunes Haar von schwarzen und scharlachroten Streifen durchzogen, ihr Gesicht zerschlagen, voller Prellungen und mit Blut verkrustet. Die kristallblauen Augen starrten leer zur Zimmerdecke. Sie trug nur eine Jeansshorts und ein weißes, mit rostroten Flecken überzogenes T-Shirt aus dem Romanov Hotel & Casino. Die Nase des Opfers war gebrochen, ihre hohen Wangenknochen eingeschlagen, die vollen Lippen aufgeplatzt und mit Blut beschmiert, als wäre es Lippenstift, die Zähne abgebrochen oder ganz verschwunden.
Wer immer das getan hatte, hatte die Frau nicht einfach nur umbringen wollen, er hatte sie bestrafen wollen, hatte sie leiden lassen wollen. Falls das Opfer mit Fäusten zu Tode geprügelt worden war, musste jemand zumindest zerschlagene oder zerkratzte Hände zurückbehalten haben. Wurde sie dagegen mit einer Waffe getötet, stellte sich die Frage, wo die geblieben war.
Catherine verschaffte sich rasch einen Überblick über den Rest des Appartements. Die Wohnzimmervorhänge vor dem bescheidenen Panoramafenster waren dicht geschlossen. Eine Deckenlampe, die bereits eingeschaltet war, sorgte für Helligkeit. Dieser Raum grenzte an eine kleine Essnische, in der ein Tisch und zwei Stühle unter einer tief herabhängenden Lampe standen, die ebenfalls brannte. Dahinter schloss sich der kleine Küchenblock an, der ebenfalls vollkommen zerstört war, wenngleich hier kein Licht brannte und der Bereich im Schatten lag.
Jenseits des Wohnzimmers am hinteren Ende des Appartements führte ein kleiner Flur zu einem Schlafzimmer, das man als knapp bemessen bezeichnen konnte. Außerdem gab es noch ein winziges Badezimmer. Beide Räume waren ebenfalls durchwühlt worden.
Die drei Kriminalisten, alle mit Latexhandschuhen ausgerüstet, verteilten sich, und der Detective sah ihnen zu, während er darauf achtete, nicht im Weg herumzustehen.
Nick schoss Fotos. Warrick fing damit an, sich durch den Schutt im Badezimmer zu arbeiten, und Catherine sah sich die Leiche etwas genauer an, während sie auf den Gerichtsmediziner wartete. Detective Larkin hielt sich ganz in ihrer Nähe auf.
»Wer hat uns gerufen?«, fragte der Zuspätkommer.
»Die Nachbarin von nebenan«, antwortete Catherine, blickte auf und bedachte ihn mit einem verschrobenen Lächeln. »Weil sie sie schreien gehört hat – gestern Abend.«
Die Hände in die Hüften gestemmt, verdrehte Larkin die Augen. »Sieht aus, als hätte hier drin der verdammte dritte Weltkrieg getobt, und alles, was die gehört hat, war Schreien? Und sie hat nicht angerufen bis wann?«
»Bis vor nicht einmal einer Stunde«, sagte Catherine.
»Ich werde mir die Hintergrundinformationen von Nissen geben lassen«, sagte Larkin angespannt, »und dann werde ich mich ein bisschen mit dieser guten Bürgerin unterhalten.«
Der Detective marschierte zur Wohnungstür hinaus, das Kinn vorgereckt, die Augen glühend vor Zorn. Der Nachbarin stand eine recht unangenehme Unterhaltung bevor, was Catherine nur recht sein konnte. Angela Dearborn hatte weitaus Schlimmeres durchgemacht.
Als Larkin gegangen war, machte sich Catherine an die Arbeit und fing an, die Spuren am Opfer zu sichern. Die Autopsie würde das Ausmaß der Verletzungen offenbaren und ihnen verraten, ob eine Waffe benutzt worden war. Jede beweiskräftige Spur – beispielsweise die DNS des Täters unter den Fingernägeln eines Opfers – konnte beim Transport verloren gehen … aber das würde Catherine ganz gewiss nicht zulassen.
Die Kriminalistin fing mit Angelas linker Hand an, der Hand, die ihr am nächsten lag. Sie war milchig-weiß, hatte die langen gepflegten Finger weit auseinander gespreizt. Auf dem Mittelfinger saß ein goldener Ring mit einer Reihe farbiger Steine. Die Nägel waren mit einer Schicht farblosen Lacks bedeckt.
Die Hand war schön. Eine Künstlerinnenhand.
Catherine atmete tief durch, versuchte, die Traurigkeit in ihrem Innern zu unterdrücken, und zu verhindern, dass sie sich in puren Zorn verwandelte. Ihr Job verlangte kühle Überlegung und Sachlichkeit. Selbst jetzt, da sie selbst Vorgesetzte war, überlegte sie: Was würde Grissom tun?
Ein bösartig aussehender blauer Fleck bedeckte den größten Teil von Angies Handrücken, als hätte sie die Hand
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