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Kinder der Retorte

Kinder der Retorte

Titel: Kinder der Retorte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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aus, warf sich Watchman an den Hals, preßte ihren Körper an den seinen. Watchman umschloß sie mit seinen Armen. Er lächelte triumphierend. Seine Hände streichelten ihren schlanken geschmeidigen Körper, seine Lippen suchten die ihren. Seine Zunge schob sich in ihren warmen Mund.
    »Lilith!« schrie Manuel.
    Watchman wurde von einem überwältigenden Gefühl der Sinnlichkeit überschwemmt. Sein Körper stand in Flammen. Er war jetzt voll zu seiner Männlichkeit erwacht. Lilith war wie Quecksilber in seinen Armen. Ihre Brüste, ihre Hüften, ihre Lenden waren Feuer an seiner Haut. Nur dumpf hörte er Manuels Jammern.
    »Der Turm!« schrie Manuel plötzlich. »Der Turm!«
    Watchman gab Lilith frei, schaute zum Turm hinüber, beugte den Körper nach vorn in gespannter Erwartung. Aus der Erde drang ein mahlendes Geräusch. Der Schlamm gurgelte. Die Tundra geriet in Wallung, brodelte. Er hörte ein krachendes Geräusch und dachte an stürzende Bäume. Der Turm neigte sich, neigte sich stärker, noch stärker. Die Reflektorplatten warfen ein gleißendes Licht auf seine östliche Flanke. Die Sendeanlage im Innern waren voll sichtbar, Samenkörner in einer Hülse. Der Turm neigte sich schneller. An seiner Basis, auf der westlichen Seite, bildeten sich riesige Hügel gefrorener Erde, die fast den Eingang zum Kontrollzentrum erreichten. Es knallte, als ob gigantische Violinsaiten zerrissen. Ein mahlendes knisterndes Geräusch erfüllte die Luft. Wieviel Tonnen Glas zerrten jetzt an Ihrem Fundament? Wann gaben die tief in die Erde versenkten Caissons nach? Die Androiden drängten sich in dichten Reihen außerhalb der Gefahrenzone zusammen, machten verzweifelt das Zeichen des Krug-bewahre-uns. Das dumpfe Summen ihrer Gebete mischte sich in die unheimlichen Geräusche, die vom Turm herüberklangen. Manuel schluchzte. Lilith keuchte und stöhnte wie in der letzten Raserei eines Orgasmus. Watchman selbst war gelassen. Der Turm begann zu fallen.
    Jetzt fiel er. Ein heftiger Luftstrom, verursacht durch die fallende Masse, brauste an ihnen vorbei, riß sie fast um. Die Basis des Turms schien sich kaum zu bewegen, während der Mittelteil langsam abknickte und die unvollendete Spitze in einem weiten Bogen nach unten stürzte. Sie fiel mit unheimlicher Langsamkeit, in einer Bewegung, die losgelöst zu sein schien von der Zeit. Watchman konnte jede Phase des Zusammenbruchs von der vorangehenden unterscheiden, als sähe er eine Reihe einzelner Bilder. Die Luft winselte und kreischte, roch versengt. Der Turm schlug auf, nicht auf einmal, sondern in Teilen, schlug auf, sprang wieder hoch und fiel zurück, zerbarst. Gewaltige Schlammassen kochten auf, die Splitter der zertrümmerten Glasblöcke wirbelten durch die Luft, regneten in weitem Umkreis auf die Tundra herab. Der Höhepunkt des Sturzes schien viele Minuten zu dauern, während Teile der Glasmauer sich aufbäumten und zurücksanken, so daß der Turm sich zu winden schien wie eine verwundete Schlange. Dem letzten Krachen folgte ein dröhnendes, schier endloses Echo. Dann war alles still. Im Osten glitzerten auf einer Strecke von Tausenden von Metern die kristallenen Fragmente. Die Androiden hatten die Köpfe im Gebet gesenkt. Manuel kauerte schluchzend zu Liliths Füßen, die Wange gegen ihr rechtes Schienbein gelehnt. Lilith stand aufrecht, mit weitgespreizten Beinen, zurückgeworfenen Schultern, wogenden Brüsten; sie glühte im Nachklang der Ekstase. Watchman stand neben ihr und empfand eine wunderbare Ruhe, aber er verspürte schon den ersten Schatten der Traurigkeit, der sich jetzt, da der Turm gefallen war, in seinen Jubel mischte. Er zog Lilith an sich.
    Einen Augenblick später entstieg Simeon Krug einer der Transmatkabinen. Watchman hatte es erwartet. Krug hob die Hand über die Augen, als schütze er sie vor einem blendenden Schein und blickte sich um. Er schaute zu dem Platz hinüber, an dem der Turm gestanden hatte, sein Blick glitt über die schweigenden, sich zusammendrängenden Gruppen der Androiden, dann starrte er längere Zeit schweigend auf den riesigen Trümmerhaufen. Schließlich wandte er sich an Thor Watchman.
    »Wie konnte das geschehen?« fragte Krug ruhig mit mühsam beherrschter Stimme.
    »Die Gefrierstreifen hörten auf zu funktionieren. Der Permafrost ist aufgetaut.«
    »Wir hatten ein Dutzend Kontrollmechanismen, so etwas auszuschließen.«
    »Ich habe sie außer Betrieb gesetzt«, sagte Watchman.
    »Du?«
    »Ich fühlte, daß ein Opfer nötig

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