Kinder der Retorte
heftigen Zusammenstoß zwischen ihm, mir und einigen anderen Androiden gekommen, und er mußte klein beigeben. Er ist voller Ressentiments, und diesesmal ist er übergekocht. Als er sah, daß der angebliche Mörder ein Androide war, schoß er, um zu töten.«
»Ich verstehe.«
»Es war seine persönliche Entscheidung. Krug hat ihm überhaupt keinen Befehl zum Schießen gegeben, geschweige denn zum Schießen, um zu töten.«
Fileclerk wischte Schnee von seinem Gesicht. »Nun, was wird geschehen, um diesen Ektogenen für seinen Mord zu bestrafen?«
»Krug wird ihm einen scharfen Verweis erteilen.«
»Ich spreche von gerichtlicher Bestrafung. Auf Mord steht doch Auslöschung der Persönlichkeit?«
Seufzend sagte Watchman: »Für Mord an einem Menschen, ja. Der Ektogene hat lediglich der Labrador-Transmat-Gesellschaft gehörendes Eigentum zerstört. Es kommt zu einer Zivilklage; Labrador-Transmat wird vor Gericht Schadenersatz beanspruchen, und Krug hat bereits seine Verantwortlichkeit anerkannt. Er wird ihren vollen Preis bezahlen oder Ersatz liefern.«
»Ersatz liefern! Ihren vollen Preis bezahlen! Ihren vollen Preis! Eine Zivilklage! Krug soll zahlen! Und was zahlt der Mörder! Nichts. Nichts! Er wird nicht einmal angeklagt. Alpha Watchman, sind Sie wirklich ein Android?«
»Sie können Einsicht nehmen in meine Fabrikationsakte.«
»Ich bin verwundert. Sie sehen synthetisch aus, aber Sie denken wie ein Mensch.«
»Ich bin synthetisch, Alpha Fileclerk. Ich versichere Sie.«
»Aber kastriert?«
»Mein Körper ist vollständig.«
»Ich sprach in Metaphern. Sie sind auf irgendeine Weise manipuliert worden, den menschlichen Standpunkt gegen unsere eigenen Interessen einzunehmen.«
»Ich habe nichts anderes durchgemacht als das normale Androidentraining.«
»Aber Krug scheint nicht nur Ihren Körper, sondern auch Ihre Seele gekauft zu haben.«
»Krug ist mein Schöpfer. Ich bin Krug ergeben.«
»Verschonen Sie mich mit diesem religiösen Unsinn«, erwiderte Fileclerk heftig. »Eine Frau ist kurzerhand getötet worden, ohne Grund, und Krug wird ihre Besitzer entschädigen, und das wird alles sein. Können Sie das akzeptieren, können Sie einfach die Achseln zucken und sagen, sie war nur Eigentum? Betrachten Sie sich selbst als Eigentum?«
»Ich bin Eigentum«, sagte Watchman.
»Und Sie akzeptieren Ihren Status mit Freuden?«
»Ich akzeptiere meinen Status, weil ich weiß, daß einst die Zeit der Erlösung kommen wird.«
»Sie glauben das?«
»Ich glaube es.«
»Sie sind ein Narr, der sich selbst betrügt, Alpha Watchman. Sie haben sich eine eigene kleine Fantasiewelt aufgebaut, die Ihnen erlaubt, Sklaverei zu tolerieren, Ihre eigene und die aller Wesen Ihrer Art, und Sie begreifen nicht einmal, welchen Schaden Sie der Sache der Androiden und Ihnen selbst zufügen. Und das, was hier heute geschehen ist, erschüttert Sie überhaupt nicht. Sie werden in die Kapelle gehen und beten, daß Krug Sie befreie, und inzwischen steht der wirkliche Krug auf diesem Stück gefrorenen Bodens und sieht zu, wie eine Alphafrau erschossen wird, und die Reaktion Ihres Befreiers besteht darin, daß er Sie beauftragt, seine Anwälte anzurufen, um einen einfachen Vergleich in einer lästigen Vermögenssache zu arrangieren, als sei es eine Lappalie. Ist das der Mensch, den Sie verehren, Watchman?«
»Ich verehre nicht einen Menschen«, erwiderte Watchman, »ich verehre die Idee von Krug, dem Schöpfer, Krug, dem Erhalter, Krug, dem Erlöser, und dem Mann, der mich beauftragte, die Anwälte anzurufen, war nur eine Manifestation dieser Idee, nicht die wichtigste.«
»Glauben Sie auch das?«
»Ich glaube auch das.«
»Sie sind unmöglich«, sagte Siegfried Fileclerk mit gepreßter Stimme. »Hören Sie, wir leben in einer realen Welt. Wir haben ein reales Problem, und wir müssen eine reale Lösung suchen. Unsere Lösung liegt in der politischen Organisation. Es kommen jetzt fünf von uns auf einen von ihnen, und mehr von uns kommen täglich aus den Zuchtkammern, während sie sich kaum noch vermehren. Wir haben unseren Status zu lange hingenommen. Wenn wir auf Anerkennung und Gleichheit drängen, werden sie sie uns geben müssen, weil sie innerlich Angst vor uns haben und wissen, daß wir sie vernichten könnten, wenn wir wollten. Nicht, daß ich für Gewalt plädiere, lediglich für die Andeutung einer Gewaltandrohung, nur für die Andeutung einer Andeutung. Doch wir müssen mit verfassungsmäßigen Methoden arbeiten. Die
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