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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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dankbar sein“, sagte Maris.
    S’Rella nickte. „Dann sprach Dorrel. Du weißt, wie sehr er geachtet wird. Er hielt eine äußerst anspruchsvolle Rede. Zunächst sprach er über Tyas idealistische Motive und über seine Sympathie ihr und ihrer Tat gegenüber. Aber dann sagte er, Sympathie und Gefühle dürften eine solche Entscheidung nicht beeinflussen. Tyas Verbrechen hätte die Seele der Fliegergesellschaft getroffen, sagte Dorrel. Wenn der Landmann sich nicht auf die Flieger verlassen könnte und nicht sicher sein könnte, daß seine Botschaften wahrheitsgemäß und unparteiisch in ferne Länder übermittelt wurden, wozu wären wir dann gut? Was würde geschehen, wenn sie uns nicht mehr brauchten? Wie lange würde es dauern, bis sie uns die Flügel gewaltsam wegnähmen und sie ihren eigenen Leuten gaben? Wir könnten nicht gegen die Landwachen kämpfen, sagte er. Wir müßten das Vertrauen, das wir verloren haben, wiedergewinnen. Und das ginge nur, wenn wir Tya ächteten und ihre wohlgemeinten Absichten außer acht ließen. Wir müßten sie ihrem Schicksal überlassen, unabhängig davon, wie sehr wir sie mochten. Wenn wir Tya auf irgendeine Art verteidigten, sagte Dorrel, würden die Landgebundenen das mißverstehen und denken, wir würden ihr Verbrechen gutheißen. Wir müßten uns klar entscheiden.“
    Maris nickte. „In vielem hat er recht“, sagte sie, „auch wenn die Folgen schrecklich sind. Seine Argumente sind überzeugend.“
    „Andere schlossen sich seiner Meinung an. Terakul von Yethien, der alte Anis von Artellia, eine Frau von den Äußeren Inseln, Jona von Culhall, Talbot von Groß Shotan. Allesamt hochgeachtete Führer. Sie alle unterstützten Dorrel. Val schäumte vor Wut, und Katinn und Athen schrien, weil sie nicht zu Wort kamen, aber Kolmi übersah sie weiterhin. Die Diskussion zog sich über Stunden hin. Dann wurde innerhalb einer Minute Vals Vorschlag aufgegriffen und per Abstimmung abgelehnt. Tya wurde geächtet und der Gnade des Landmannes ausgeliefert. Wir haben dem Landmann nicht geraten, sie zu hängen. Jirel von Skulny ging sogar so weit, ihn zu bitten, es riicht zu tun. Aber das war lediglich eine Bitte.“
    „Unser Landmann geht nur selten auf Bitten ein“, sagte Evan.
    „Dann bin ich gegangen“, fuhr S’Rella fort. „Alle Einflügler haben die Versammlung verlassen.“
    „Verlassen?“
    S’Rella nickte. „Nach der Abstimmung erhob sich Val von seinem Stuhl, und sein Blick … Ich war froh, daß er keine Waffe hatte, sonst hätte er womöglich jemanden getötet. Stattdessen beschimpfte er sie. Er nannte sie Narren, Feiglinge und schlimmeres. Dann folgten Zwischenrufe, man verfluchte und bedrohte ihn. Val rief seine Freunde auf, die Versammlung zu verlassen. Damen und ich mußten uns unseren Weg zur Tür bahnen, denn die Flieger – viele von ihnen kenne ich seit Jahren – verspotteten und beschimpften uns. Es war schrecklich, Maris. Die Wut, die dort herrschte …“
    „Aber ihr seid trotzdem herausgekommen.“
    „Ja. Dann sind wir, fast alle Einflügler, nach Nord Arren geflogen. Val führte uns zu einem riesigen alten Schlachtfeld. Er stand oben auf der Ruine einer Festung und sprach zu uns. Dort hielten wir unsere eigene Versammlung ab. Ein Viertel aller Flieger von Windhaven war anwesend. Wir beschlossen, selbst wenn die anderen nicht mitzögen, eigene Sanktionen über Thayos zu verhängen. Aus diesem Grund hat mich Katinn begleitet. Wir beide sollten es dem Landmann mitteilen. Man hatte ihn bereits von der anderen Entscheidung in Kenntnis gesetzt, aber Katinn und ich wollten ihn mit der Drohung der Einflügler konfrontieren.“ Sie lachte höhnisch. „Er hörte uns kaltlächelnd zu. Als wir fertig waren, sagte er, daß wir alle unwürdige Flieger wären und daß man ihm keine größere Freude machen könnte, als ihm zu sagen, daß kein Einflügler mehr auf Thayos landet. Er versprach uns, uns zu zeigen, was er von uns, Val und allen anderen Einflüglern hielt.
    Und das zeigte er uns. Bei Sonnenuntergang kamen seine Landwachen und führten uns in den Hof. Dort zeigte er es uns.“ Sie wurde blaß. Die Schilderung der Ereignisse hatte die Wunden wieder aufgerissen.
    „Oh, S’Rella“, sagte Maris besorgt. Sie streckte den Arm aus, um die Hand ihrer Freundin zu halten, aber als sie S’Rella berührte, zitterte sie und begann zu weinen.
    Maris konnte nicht einschlafen. Ruhelos drehte sie sich von einer Seite auf die andere. Ihre Träume waren schaurig und

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