Kinder der Stürme
helfen und ich dir. Ich denke, du kannst meine Hilfe gebrauchen.“
Als er seine Hand auf ihren Arm legte, fühlte Maris, wie Stärke durch ihre Adern floß.
Sie lächelte, denn sie war glücklich, daß sie nicht allein war. Sie war sich ihres Weges sicher. „Ja, Evan, ich brauche dich wirklich.“
„Du kannst auf mich zählen. Wie fangen wir an?“
Maris lehnte sich gegen das Kopfende des Bettes und machte es sich in Evans Armen gemütlich. „Wir brauchen einen geheimen Ort, einen Landeplatz, wo die Flieger kommen und gehen können, ohne daß der Landmann von Thayos und seine Spione es merken.“
Als sie geendet hatte, fühlte sie, daß er nickte. „Erledigt“, sagte er. „Nicht weit von hier liegt eine verlassene Farm. Der Farmer ist erst im letzten Winter gestorben, deshalb hat der Wald das Anwesen noch nicht vereinnahmt, obwohl er es vor neugierigen Augen schützt.“
„Gut. Vielleicht sollten wir uns dorthin zurückziehen, falls die Landwachen uns suchen.“
„Ich muß hier bleiben“, sagte Evan. „Wenn die Landwachen mich nicht finden, können es die Kranken auch nicht. Ich muß für sie erreichbar sein.“
„Aber dann bist du vielleicht nicht in Sicherheit.“
„Ich kenne in Thossi eine Familie mit dreizehn Kindern. Der Mutter habe ich bei einer schwierigen Geburt geholfen und ihre Kinder mehrmals vor dem Tode bewahrt – sie würden für mich dasselbe tun. Ihr Haus liegt an der Hauptstraße und eines der Kinder könnte immer aufpassen. Wenn die Landwachen nach uns suchen, müssen sie dort vorbeikommen, und die Kinder könnten uns warnen.“
Maris lächelte. „Perfekt.“
„Was gibt’s noch?“
„Zunächst sollten wir S’Rella wecken.“ Maris setzte sich hin und löste sich aus der Umarmung. Dann schwang sie ihre Beine aus dem Bett. „Ich brauche ihre Flügel. Sie soll einige Botschaften für mich übermitteln. Die entscheidenste zuerst. Sie muß zu Val Einflügler.“
Val kam umgehend zu ihr.
Sie erwartete ihn im Flur meiner engen Holzhütte mit zwei Zimmern. Die Hütte war verwittert und die Möbel von einer Staubschicht bedeckt. Dreimal kreiste er mit seinen silbernen Flügeln, die sich gegen den Himmel abhoben, über einem Weizenfeld, bevor er sicher war, daß er gefahrlos landen konnte.
Nachdem er gelandet war, half sie ihm beim Ablegen der Flügel. Obwohl sie ein Zittern verspürte, als ihre Hände das weiche metallische Gewebe berührten. Val umarmte sie und lächelte. „Du siehst gut aus, für einen alten Krüppel“, sagte er.
„Du bist sehr dreist, für einen Idioten“, gab ihm Maris zurück. „Komm herein.“
Coll saß in der Hütte und stimmte seine Gitarre. „Val“, sagte er und nickte.
„Setz dich“, sagte Maris zu Val. „Ich muß dir etwas sagen.“
Er sah sie verwundert an, aber er setzte sich.
Coll sang „Tyas Sturz“. Auf den Wunsch seiner Schwester hin hatte er zwei Versionen komponiert. Val trug er die traurige Version vor.
Val hörte höflich zu, doch eine Spur von Unruhe konnte er nicht unterdrücken. „Sehr schön“, sagte er, als Coll geendet hatte. „Sehr traurig.“ Er sah Maris böse an. „Hast du S’Rella deswegen zu mir geschickt? Sollte ich deswegen mein Leben riskieren, anstatt meinen Eid aufrecht zu halten, niemals nach Thayos zu kommen?
Deswegen? Um mir ein Lied anzuhören?“ Er zog eine Grimasse. „Der Sturz muß deinen Kopf böse verletzt haben.“
Coll lachte. „Gib ihr eine Chance“, sagte er.
„Schon gut“, sagte Maris. „Wir kennen uns, nicht wahr?“
Val lächelte gekünstelt. „Du sollst deine Chance haben“, sagte er. „Worum geht’s?“
„Tya“, sagte Maris. „Um es mit einem Wort zu sagen. Es geht darum, wie wir in Ordnung bringen, was auf der Versammlung zerstört wurde.“
Val blickte finster drein. „Dazu ist es zu spät. Tya ist tot. Wir haben reagiert. Jetzt müssen wir abwarten, was passiert.“
„Wenn wir warten, wird es zu spät sein. Wir dürfen es nicht zulassen, daß die Flieger die Akademien schließen, oder die Wettbewerbe nicht jedem zugänglich machen, der die angedrohten Sanktionen ignoriert. Indem du die Versammlung verlassen hast, hast du Corm in die Hände gespielt, du hast die Unterstützung der Versammlung verloren.“
Val schüttelte den Kopf. „Ich habe getan, was ich tun mußte. Jedes Jahr gibt es mehr Einflügler. Vielleicht hat der Landmann von Thayos jetzt gut lachen, aber ihm wird das Lachen noch vergehen.“
„Darauf können wir nicht warten“, sagte
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