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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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warm und freundlich. Er nahm ihren gesunden Arm, während sich S’Rella auf der linken Seite bereithielt. Jetztversuchte sie nicht mehr, die Hilfe auszuschlagen und allein zu gehen.
    „Einen Schritt nach dem anderen“, sagte Evan.
    Auf die beiden gestützt und von ihnen geführt, machte Maris ihre ersten Gehversuche. Ihr war immer noch übel, und ihr Gleichgewichtssinn war durcheinander. Gleichzeitig empfand sie jedoch ein Gefühl des Triumphes. Ihre Beine funktionierten wieder.
    „Darf ich es jetzt allein versuchen?“
    „Ja, warum nicht.“
    Maris machte ihren ersten Schritt ohne fremde Hilfe, dann ihren zweiten. Sie lebte auf. Wie leicht es ging. Ihre Beine waren so gut wie immer. Sie ignorierte die Übelkeit in ihrem Magen und versuchte den dritten Schritt. Der Raum Kippte zur Seite.
    Sie ruderte mit den Armen und stolperte auf der Suche nach Halt in einem Zimmer, das sich ständig bewegte. Evan fing sie auf.
    „ NEIN !“ rief sie. „Ich kann es allein …“
    Er half ihr hoch und stützte sie.
    „Laß es mich bitte probieren.“
    Maris wischte sich mit zitternden Händen den Schweiß von der Stirn und blickte sich im Zimmer um. Der Raum war ruhig und bewegte sich nicht. Auch der Fußboden war eben wie immer. Mit steifen Beinen stand sie da, nahm einen tiefen Atemzug und begann zu laufen.
    Plötzlich entglitt der Boden ihren Füßen und hätte sie fast ins Gesicht geschlagen, wenn Evan sie nicht aufgefangen hätte.
    „S’Rella, gib mir die Schüssel“, sagte er.
    „Mir geht’s gut … ich kann laufen … laß mich …“ Dann konnte sie nichts mehr sagen, weil sie sich übergeben mußte. Glücklicherweise hielt ihr S’Rella eine Schüssel hin.
    Anschließend fühlte sie sich zwar noch schwach, aber es ging ihr besser. Evan führte sie zum Bett zurück.
    „Woran hegt das? fragte Maris ihn.
    Er schüttelte den Kopf, sah aber besorgt aus. „Vielleicht ist es nur die ungewohnte Anstrengung“, sagte er und wandte sich um. „Ich muß jetzt gehen und nach einem Baby sehen, das an Koliken leidet. In ungefähr einer Stunde bin ich zurück. Steh nicht auf, bevor ich wieder hier bin.“
    Sie war glücklich, als Evan ihren Arm von der Schiene befreite und stellte voller Freude fest, daß der Arm stark und ohne bleibenden Schaden war. Sie wußte, daß sie hart arbeiten mußte, bis die Muskeln wieder so kräftig waren, um damit fliegen zu können, aber der Gedanke an lange, harte Übungsstunden gefiel ihr.
    Viel zu bald gab S’Rella bekannt, daß sie Maris verlassen mußte. Der Landmann von Thayos hatte einen Läufer geschickt. „Er hat eine dringende Botschaft für Nord Arren“, erklärte sie Maris und Evan, wobei sie ein finsteres Gesicht machte, „und seine eigenen Flieger sind bereits unterwegs. Aber ich hätte sowieso aufbrechen müssen. Ich muß nach Veleth zurück.“
    Zum Abschied hatten sie sich um Evans groben Holztisch in der Küche versammelt. Sie tranken Tee und aßen Brot mit Butter zum Frühstück. Maris streckte die Hand über den Tisch und ergriff S’Rellas Hand. „Ich werde dich vermissen“, sagte sie, „aber ich bin glücklich, daß du gekommen bist.“
    „Ich komme so schnell zurück, wie ich kann“, sagte S’Rella, „aber ich fürchte, sie haben einige Aufträge für mich. Auf jeden Fall werde ich von deiner Genesung berichten. Deine Freunde werden erleichtert sein, das zu hören.“
    „Maris ist noch nicht völlig in Ordnung“, sagte Evan ruhig.
    „Oh, das ist nur eine Frage der Zeit“, sagte Maris voller Optimismus. „Wenn alle S’Rellas frohe Botschaft vernommen haben, werde ich schon wieder fliegen.“
    Sie hatte kein Verständnis für seine Besorgnis. Eher hatte sie erwartet, ihn mit ihrer Einstellung überzeugen zu können, wenn der Arm erst von der Schiene befreit war. „Vielleicht treffe ich dich am Himmel, bevor du hierher zurückkehrst.“
    Evan sah S’Rella an. „Ich begleite dich zur Straße“, bot er an.
    „Mach dir keine Umstände“, sagte sie. „Ich kenne den Weg.“
    „Ich möchte dich aber abfliegen sehen.“
    Irgend etwas in seinem Tonfall ließ Maris erstarren. „Du kannst es ruhig sagen“, sagte sie. „Was immer es ist, ich will es wissen.“
    „Ich habe dich niemals belogen, Maris“, sagte Evan. Er seufzte und ließ die Schultern hängen. Plötzlich erschien er Maris wie ein alter Mann.
    Evan lehnte sich im Sessel zurück, aber er sah Maris unablässig in die Augen. „Hast du dich nicht gewundert, warum dir ständig schwindelig ist,

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