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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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dies ihr letzter Flug, und er sollte der schönste sein. Aber es hatte keinen Zweck, sie hatte ihre Sicherheit verloren. Der Wind und sie bildeten keine Einheit mehr.
    Sie begann verbissen gegen die Strömung anzukämpfen. Sie wehrte sich, bis ihre Muskeln sich verkrampften und schmerzten. Sie versuchte, Höhe zu gewinnen. Wenn man nicht das richtige Gefühl für den Wind besaß, war es besser, die Nähe des Wassers zu meiden.
    Sie war erschöpft und des Kampfes müde, als sie die Felswand von Eyrie erblickte. Jetzt erst wurde ihr bewußt, welche Strecke sie zurückgelegt hatte.
    Eyrie war lediglich ein gewaltiger Felsen, der aus dem Meer ragte, ein zerklüfteter, den wütenden Angriffen des Wassers ausgesetzter Gesteinsturm, an dessen mächtigen, steilen Wänden sich die Wellen brachen. Es war keine richtige Insel, hier wuchsen nur ein paar harte Flechten. In den zerborsteten Nischen und Spalten nisteten Vögel, und auf der höchsten Spitze hatten sich die Flieger ein Nest gebaut. Hier, wo kein Schiff festmachen konnte, hier, wo nur Flieger – seien es Vögel oder Menschen – hingelangten, hier stand die dunkle Felshütte.
    „Maris!“
    Sie bückte auf, als sie ihren Namen hörte. Dorrel glitt ihr lachend entgegen. Seine Flügel zeichneten sich dunkel gegen die Wolken ab. Im letzten Augenblick tauchte sie unter ihm weg. Er jagte sie um Eyrie herum. Die unbändige Freude des Fliegens ließ sie ihre Müdigkeit und Schmerzen vergessen.
    Als sie endlich landeten, fegte von Osten ein Regenschauer über sie hinweg. Er peitschte in ihre Gesichter und schlug hart gegen die Flügel. Maris spürte, daß sie beinahe starr vor Kälte war. Sie landeten ohne fremde Hilfe in einer weichen Sandkuhle, die zwischen den Felsen aufgeschüttet worden war. Maris rutschte zehn Fuß durch den Schlamm, bevor sie endgültig anhalten konnte. Vorsichtig befestigte sie die Flügel an einem Halteseil und begann die Flügel nach und nach zusammenzufalten.
    Als sie endlich fertig war, klapperten ihre Zähne, und ihre Arme waren schwer wie Blei. Dorrel sah sie skeptisch an. Er hatte seine Flügel bereits gefaltet und über die Schulter gelegt. „Warst du lange unterwegs?“ fragte er. „Wir hätten sofort landen sollen. Schwieriges Flugwetter. Ich selbst habe nur die Ausläufer mitbekommen. Bist du in Ordnung?“
    „Na klar. Etwas müde zwar, aber ich fühle mich gut. Ich bin froh, daß wir uns getroffen haben. Es war ein aufregender Flug, so etwas habe ich jetzt gebraucht. Der letzte Teil der Reise war etwas ungemütlich, ich dachte schon, ich würde abstürzen. Aber ein guter Flug ist mehr wert als eine Ruhepause.“
    Dorrel lachte und legte ihr den Arm um die Schultern. Seine Körperwärme machte ihr bewußt, wie entsetzlich sie fror. Er drückte sie fest an sich. „Laß uns hineingehen, bevor du erfrierst. Garth hat einige Flaschen Kivas von Shotan mitgebracht. Eine davon ist inzwischen sicher heiß. Wir und der Kivas werden dich sicher wieder auf die Beine bringen.“
    Der Gemeinschaftsraum der Hütte war wie immer warm und einladend, aber fast leer. Nur Garth, ein gedrungener, muskulöser Flieger, etwa zehn Jahre älter als Maris, saß am Feuer. Er blickte auf und hieß sie willkommen. Maris wollte antworten, aber sehnsüchtiges Verlangen schnürte ihr die Kehle zu, ihre Zähne waren zusammengepreßt. Dorrel führte sie ans Feuer.
    „Wie ein Idiot habe ich sie in der Kälte herumgejagt“, sagte Dorrel. „Ist der Kivas heiß? Schenk uns ein.“ Behende zog er sich seine nassen, schmutzigen Sachen aus und holte zwei Handtücher von einem Stapel neben dem Kamin.
    „Warum sollte ich meinen Kivas an dich vergeuden?“ polterte Garth. „Bei Maris mache ich natürlich eine Ausnahme, sie ist wunderschön und eine ausgezeichnete Fliegerin.“ Er verbeugte sich schwungvoll vor ihr.
    „Du müßtest froh sein, daß ich das Zeug überhaupt trinke“, sagte Dorrel und nibbelte sich trocken, „oder wäre es dir lieber, wenn ich es auf den Fußboden gieße?“
    Das Geplänkel ging weiter, aber Maris achtete nicht darauf. Sie kannte die rauhe Sprache der Flieger. Sie rieb ihr Haar trocken und beobachtete dabei das Muster, das durch die herabfallenden Tropfen auf dem Fußboden entstand und wieder verschwand. Sie schaute Dorrel an und versuchte sich sein Aussehen einzuprägen – den muskulösen Körper – den Körper eines ausgezeichneten Fliegers – und das lebhafte Mienenspiel, wenn er auf Garth einredete. Als er merkte, daß sie ihn

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