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Kinderfrei

Kinderfrei

Titel: Kinderfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Huber
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die Menschen zur Familiengründung zu »ermutigen«, wird homosexuellen Paaren die Adoption von Kindern verwehrt. Einerseits sieht der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung die Einführung des unsäglichen Betreuungsgeldes vor und es wird nach wie vor am Ehegattensplitting festgehalten, andererseits fehlt angeblich das Geld für ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen und Kinderhorten – oder auch nur für die Renovierung vorhandener Schulgebäude. Besonders hirnrissig ist es, wenn von der »Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen« gesprochen wird, gleichzeitig aber im Namen ebendieser Verantwortung öffentliche Einrichtungen (von Schwimmbädern über Theater bis hin zu Schulen und Universitäten), die den künftigen Generationen zugute kämen, kaputtgespart werden. Nach dem Motto »Wir haben den Staatshaushalt von unseren Kindern nur geborgt« wird mit dem aus dem Umweltschutz übernommenen Konzept der Nachhaltigkeit argumentiert. Dabei wird geflissentlich übersehen, dass es einen bedeutenden Unterschied zwischen Staatsschulden und verbrauchten Ressourcen gibt: Während eine zerstörte Umwelt in der Tat nichts weiter bedeutet als einen Verlust an Lebensgrundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten, und natürliche Ressourcen, die schneller verbraucht werden, als sie sich regenerieren können, den nachfolgenden Generationen tatsächlich nicht mehr zur Verfügung stehen, steht den Staatsschulden für öffentliche Ausgaben eine Infrastruktur gegenüber, von der die Bürger profitieren. Und richtig ärgerlich wird es, wenn Kinderlosen mit der Kürzung ihrer Rentenansprüche gedroht wird, weil sie keine zukünftigen Arbeitslosen – Verzeihung: Rentenzahler – großziehen, der Staat sich gleichzeitig aber die Förderung der Riesterrente jährlich zwei Milliarden Euro kosten lässt, die dann natürlich der gesetzlichen Rentenversicherung fehlen, und hohe Einkommen durch ein Instrument mit dem hübschen Namen »Beitragsbemessungsgrenze« von der Beitragspflicht verschont werden.
    Diese widersprüchlichen Signale sind kein Zufall. Sie erklären sich vielmehr aus der verbissenen Verteidigung eines reaktionären Familienbildes und einer zutiefst menschenverachtenden Einstellung, die Kinder nicht als Individuen mit einem ganz eigenen Wert, sondern nur noch nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung betrachtet.
    Deshalb ist es, wenn sich an der gegenwärtigen Situation etwas verbessern soll, wenig sinnvoll, sich an einzelnen Symptomen aufzureiben oder sich gar in Scheingefechten darüber, wer denn nun welchen Beitrag leistet und wer welche Kosten verursacht, aufeinanderhetzen zu lassen. Man muss sich vielmehr, wie in diesem Buch geschehen, einmal den Spaß machen, die herrschenden Vorstellungen ganz genau zu betrachten, wirklich ernst zu nehmen und in aller Konsequenz zu Ende zu denken. Und siehe da, schon offenbart sich ihre Absurdität in herrlichster Pracht.
    Diesem »Familienfundamentalismus« möchte ich das Konzept der »Kinderfreiheit« entgegensetzen, einen Begriff, der sich im anglo-amerikanischen Sprachraum bereits etabliert hat. Als » childfree «, also »kinderfrei«, bezeichnen sich Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen keine Kinder wollen, um zum Ausdruck zu bringen, dass sie sich nicht als » less «, also als »weniger« oder »mangelhaft« begreifen, sondern eine freie Entscheidung getroffen haben und mit ihr glücklich sind. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den » childless «, den Kinderlosen, um Menschen, die gerne Kinder hätten, aus irgendeinem Grund aber (noch) nicht haben können – auch wenn die Übergänge natürlich fließend sind.
    Ich würde mir wünschen, dass sich die Bezeichnung »kinderfrei« auch im Deutschen durchsetzt, und werde in diesem Buch den Anfang machen. Denn ebenso wie etwa »arbeitslos«, »hoffnungslos«, »perspektivlos« drückt auch »kinderlos« einen Mangel aus, der weder objektiv vorliegt (auch wer keine Kinder hat, ist schließlich ein vollwertiger Mensch) noch zwangsläufig als solcher empfunden wird. Und auch wenn pauschal die »Kinderlosigkeit« verdammt wird, so sind es doch in Wahrheit die freiwillig Kinderlosen, die Kinderfreien, gegen die sich die Angriffe richten.
    Die in diesem Buch enthaltenen persönlichen Porträts zeigen, dass Pauschalurteile absolut fehl am Platz sind. Die Motive, Erfahrungen und Geschichten von Kinderfreien sind ebenso persönlich und vielfältig wie die von Menschen mit Kindern. Doch auch rein sachlich

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